Warum diese Gewalt? Warum sticht da ein so liebenswürdiges junges Pärchen beim «Ich-stell-euch-heute-meine-neue-Freundin-vor»-Abendessen beide Eltern ab? Warum benehmen sich die Nachbarn, die das Geschrei der Sterbenden mitkriegen, wie Theaterfiguren und nicht wie normale Menschen? Und warum brechen die zwei nicht wegen der immensen Schuld zusammen und gehen zur Polizei, sondern tragen ihr Schicksal tapfer wie antike Helden?
Dieser «Tatort» verweigert sich jeder gängigen Krimi-Logik. Man muss ihn schon im Kontext antiker Tragödiendichtung deuten, sonst fällt er durch. In der Tragödie bestimmen Götterlaunen das Schicksal der Menschen. Und gerade deshalb verstricken diese sich in inzestuöse Liebschaften, sind blind für die Wahrheit, handeln unsouverän und irrational wie das Pärchen Mike und Nisha.
Dieser hochartifizielle Krimi, der auf der Bildebene etwas überambitioniert künstlerische Aussagen machen will, ist kein Wurf. Aber immerhin ist er einer, dessen Bilder einem noch Tage später in der Erinnung haften bleiben.
Die Ermittlerinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) kommen dem dunklen Geheimnis von Mike und Nisha schliesslich auf die Spur, indem sie es in der skurrilen Nachbarschaft des Villenquartiers mit einem Reichsbürger-Sympathisanten und einer alkoholkranken älteren Dame aufnehmen. Eine etwas grelle Überzeichnung unserer Gesellschaft – mit einem kurzen, aber heftigen Auftritt des Bündner Schauspielers Bruno Cathomas.
«Tatort» - «Mike und Nisha». So, 9.11., 20:05 Uhr. Drei Sterne.




































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