
Seit Jahren verzeichnet die Stadt Luzern riesige Überschüsse. Die Rechnung 2024 schloss mit einem Plus von rund 125 Millionen Franken, auch künftig werden Gewinne erwartet. Kein Wunder, erklingt von bürgerlicher Seite regelmässig der Ruf nach Steuersenkungen. Seit 2022 ist der Steuerfuss von 1,75 auf 1,55 Einheiten gesunken, weitere Senkungen dürften bald zum Thema werden.
Die SP hält dem nun die Initiative «Gewinnbeteiligung für alle statt Steuergeschenke für wenige» entgegen. Sie fordert, dass die Stadt einen Teil der Steuererträge an die gesamte Bevölkerung verteilt. Mit dem vorgeschlagenen Mechanismus hätten dieses Jahr 62 Millionen Franken ausbezahlt werden können, was 720 Franken pro Person und 2880 Franken für eine vierköpfige Familie ergäbe. Bezugsberechtigt sollen alle sein, die seit mindestens einem Jahr in der Stadt wohnen.
Steuersenkungen als «Dorn im Auge»
«Steuersenkungen sind uns ein Dorn im Auge», sagte SP-Fraktionschefin Regula Müller am Mittwoch vor den Medien. Denn davon profitieren wegen der Steuerprogression vor allem Gutverdiener. «Haushalte mit tiefen oder mittleren Einkommen werden kaum entlastet. Diese Bevölkerungsschichten leiden unter steigenden Mieten und Krankenkassenprämien.» Von der Initiative sollen insbesondere Familien profitieren und die Kaufkraft soll gestärkt werden.
Der aktuelle städtische Geldsegen sei ohnehin nicht primär den Gutverdienern zu verdanken, die von den Steuersenkungen profitierten, sagte Müller weiter. Die hohen Gewinne seien vielmehr auf wenige Konzerne wie MSD oder Organon zurückzuführen – die wegen der OECD-Mindeststeuer aber gar nichts von einer städtischen Steuersenkung hätten. Diese Abhängigkeit stelle ein Klumpenrisiko dar, aufgrund der US-Zölle sei die Entwicklung unsicher. Auch deswegen sei es besser, die Steuern nicht zu senken.
Auch Reiche würden profitieren
Allerdings erhielten mit der Initiative auch Leute Geld, die es nicht nötig haben. Für diese soll die Möglichkeit bestehen, auf das Geld zu verzichten oder dieses zu spenden. «Will man den Betrag genauer aufteilen, wird es kompliziert», sagte SP-Co-Präsident Simon Roth. Das zeigte sich 2023 bei der Energiekostenzulage, die nur an Haushalte mit Anspruch auf Prämienverbilligung ging. Da fielen jedoch gewisse Personen durchs Raster. «Zudem ist vielen nicht bewusst, dass sie Anspruch haben.» Tatsächlich hat damals ein Drittel der Bezugsberechtigten die Energiekostenzulage gar nicht beantragt.
So wird die Auszahlung berechnet
Der Betrag, der an die Bevölkerung ausbezahlt werden soll, ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Steuerertrag gemäss aktuellem Steuerfuss und dem Ertrag, der mit dem früheren Steuerfuss von 1,75 resultiert hätte. Massgebend bei der Berechnung ist die Jahresrechnung.
Grundsätzlich gilt: je tiefer der Steuerfuss, desto höher die Differenz und damit auch die Auszahlung. Diese würde jährlich fällig, solange der Steuerfuss unter 1,75 Einheiten liegt – auch wenn die Stadt keinen Gewinn schreibt. Damit will die SP verhindern, dass mit weiteren Steuersenkungen absichtlich ein Defizit herbeigeführt wird, um die Auszahlung zu umgehen.
Gefährdet das Initiativbegehren nicht die Investitionen in die Umsetzung der Klimastrategie und in den Schulraum? 2024 hätte die Stadt selbst mit der Auszahlung noch Gewinn geschrieben, so Regula Müller. Die Investitionen seien wichtig. Gehe es eines Tages nicht mehr auf, müsse die Stadt die Steuern erhöhen. Simon Roth ergänzte, dass die Stadt über ein grosses Vermögen von über 400 Millionen Franken verfüge. Es ergebe für ein Gemeinwesen keinen Sinn, so viel Geld zu horten.
Die Unterschriftensammlung dürfte im Oktober oder November beginnen. Wann die Initiative umgesetzt werden könnte, ist offen. Da sie als Anregung formuliert ist, müsste der Stadtrat bei einer Annahme die Umsetzung noch ausarbeiten. Die Auszahlung könnte erfolgen, indem die Stadt alle Bewohnenden per Post auffordert, ihre Bankverbindung anzugeben.
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