
Die Machart der Krippenfiguren und -kulissen lässt sich mit den Figuren der im Museum ausgestellten Erstfelder Kastenkrippe vergleichen. Dies lässt darauf schliessen, dass sie ebenfalls in einem Urner Frauenkloster hergestellt wurden. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Krippenfiguren und -kulissen in Schattdorf und Unterschächen regelmässig zur Weihnachtszeit in der Kirche aufgestellt.

Doch die Blütezeit der Weihnachtskrippen während des Barocks endete unter dem Einfluss der Aufklärung und der Säkularisation. Die prunkvollen Krippendarstellungen wurden aus den katholischen Kirchen verbannt. Ab 1860/70 bemühte sich der Klerus um die Erneuerung der Krippentradition und um eine Rückkehr der Weihnachtskrippe in den Kirchenraum. Doch der jetzige Krippenstil wandte sich gegen den «Schund» früherer Zeit, vor allem gegen barocke Figuren mit den kostbaren Gewändern. So wurden auch die Krippenfiguren aus Schattdorf und Unterschächen im 19. Jahrhundert in einem Keller oder auf einem Dachboden gelagert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dem Museum übergeben.
Charaktere der Figuren und prächtige Kleider erhalten
Der Aufenthalt der Figuren und Kulissen während der Adventszeit bis zu Mariä Lichtmess (2. Februar) im unbeheizten Kirchenschiff und während der restlichen Jahreszeit in einem feuchten Keller oder einem trockenen Dachraum schädigte sie zum Teil massiv. Bei der Sichtung der Krippenfiguren und -kulissen galt dem Restaurationsteam unter der Leitung von Trudi Ziegler-Baumann, Flüelen, der Grundsatz: «Wir machen nur so viel, wie unbedingt nötig, damit die Charaktere der Figuren nicht verändert werden. Ausdruck der Figuren in Gestik und Mimik sowie die prächtigen Kleider und Trachten sollen möglichst erhalten bleiben, aber in neuem Glanz erscheinen.»

Das Historische Museum Uri zeigt die restaurierten Krippenfiguren und -kulissen vom 26. November bis am 11. Januar 2026. Eine Diaschau informiert die Besucherinnen und Besucher über die Restaurationsarbeiten. Die Weihnachtsausstellung ist mittwochs, samstags und sonntags, von 13 bis 17 Uhr, sowie am 8. Dezember (Maria Empfängnis), am 25. Dezember (Weihnachtstag), am 26. Dezember (Stefanstag), am 1. Januar 2026 (Neujahrstag), am 2. Januar 2026 (Berchtoldstag) und am 6. Januar 2026 (Dreikönigstag) geöffnet; für Gruppen ausserhalb dieser Öffnungszeiten auf Anfrage (041 870 19 06). Sie kann auch – mit oder ohne Führung – für einen Familien- oder Firmenapero in einem festlichen und weihnächtlichen Rahmen gewählt werden.
Nach einer ersten Grobreinigung wurden die Holzschäden behoben. Das Schindeldach des Krippenstalls und die Kulissen aus Pappe und Holz wurden fachmännisch repariert. Die Restaurierung der Textilien und Frisuren begann mit deren fachmännischer Reinigung, teils trocken mit einem Pinsel, teils im Wasserbad. Der alte textile Bestand wurde so gut wie möglich erhalten, sodass der barocke Gesamteindruck bestehen blieb. Fehlende oder defekte Pailletten, Stickereien, Borten und weisse Baumwollspitzen für Krägen und Manschetten – im Barock der grösste Ausdruck von Vornehmheit und Reichtum – wurden ersetzt oder geflickt.
Alle Näharbeiten wurden von Hand ausgeführt. Fehlende Körperteile wurden neu geformt und farblich angeglichen. Die Haarperücken wurden frisiert oder ersetzt. Besonders prächtig und gründlich gereinigt wurde die Schar der Engel. Ihr Gewand und ihre Stiefel wurden fachkundig ausgebessert. Abgefallene Flügel wurden an ihren Körpern neu befestigt, fehlende Flügel originalgetreu hergestellt. Neue Echthaar-Perücken ersetzten ihr schütteres Haar. Während rund 320 Stunden hat das Restaurationsteam ehrenamtlich die Krippenfiguren und -kulissen fach- und stilgerecht restauriert.

Klosterfrauen folgten spätbarocken Regeln
Bei der Bekleidung der Figuren folgten die damaligen Klosterfrauen bestimmten spätbarocken Regeln. Die biblischen Figuren tragen nicht etwa Kleider wie zur Zeit von Christi Geburt, sondern feierliche Kostüme und würdige Trachten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, als wäre es ein gegenwärtiges Geschehen.
Die prachtvollsten Gewänder gehören Leuten aus dem Bürgertum. Die Frauen sind in Brokatseide gekleidet; ihre Hemden mit Halsbinde beziehungsweise ihre Blusen mit Spitzen besetzt. Die Männer sind nach der französischen Mode mit Kniehosen, knielangem Schossrock und einer seidenen oder leinenen Weste gekleidet. Die Gewänder der Landleute entsprechen der standesgemässen regionalen Trachtenkultur des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Schafe aus reiner Wolle sowie Ochs und Esel ergänzen die Szenerie. Die auf Holzbrettern oder Kartonplatten gemalten Kulissen zeigen eine Stadt mit orientalischen und barocken Türmen, Sakralbauten und Häusern. Ein einfacher Krippenstall mit Schindeldach ergänzt die Figuren und Kulissen.


Kommentare
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien, die Kommentare werden von uns moderiert.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.