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Altdorf

Barocke Weihnachtsfiguren und -kulissen erscheinen in neuem Glanz

Für die Weihnachtsausstellung im Historischen Museum Uri hat ein Restaurationsteam ehrenamtlich rund 320 Stunden gearbeitet.
Die Krippenfiguren tragen prächtige Kleider.
Bild: zvg

Die Machart der Krippenfiguren und -kulissen lässt sich mit den Figu­ren der im Mu­seum ausgestellten Erstfelder Kasten­krippe vergleichen. Dies lässt darauf schliessen, dass sie ebenfalls in einem Urner Frauenkloster hergestellt wurden. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Krippenfiguren und -kulissen in Schattdorf und Unterschächen regelmässig zur Weihnachtszeit in der Kirche aufgestellt.

Die Schar der Engel wurde präch­tig und gründlich gereinigt. Abgefallene Flügel wurden an ihren Körpern neu befestigt.
Bild: zvg

Doch die Blütezeit der Weihnachtskrippen während des Barocks endete unter dem Einfluss der Aufklä­rung und der Sä­kularisation. Die prunkvollen Krippendarstellun­gen wurden aus den katholischen Kirchen ver­bannt. Ab 1860/70 bemühte sich der Klerus um die Erneue­rung der Krippentradi­tion und um eine Rückkehr der Weihnachts­krippe in den Kirchen­raum. Doch der jetzige Krippenstil wandte sich gegen den «Schund» frühe­rer Zeit, vor allem gegen barocke Figuren mit den kostbaren Gewän­dern. So wur­den auch die Krippenfiguren aus Schatt­dorf und Unterschä­chen im 19. Jahr­hundert in einem Keller oder auf einem Dachboden gelagert und in der ers­ten Hälfte des 20. Jahr­hun­derts dem Museum überge­ben.

Charaktere der Figuren und prächtige Kleider erhalten

Der Aufenthalt der Figuren und Kulissen während der Adventszeit bis zu Mariä Lichtmess (2. Februar) im unbeheizten Kirchenschiff und während der restlichen Jahreszeit in einem feuchten Keller oder einem trockenen Dachraum schädigte sie zum Teil massiv. Bei der Sich­tung der Krippenfiguren und -kulissen galt dem Restaurationsteam unter der Leitung von Trudi Ziegler-Baumann, Flüelen, der Grund­satz: «Wir ma­chen nur so viel, wie un­bedingt nö­tig, damit die Charaktere der Figuren nicht verändert werden. Aus­druck der Figuren in Gestik und Mimik sowie die prächtigen Kleider und Trachten sollen mög­lichst erhalten bleiben, aber in neuem Glanz erschei­nen.»

Die Figuren, je nach Stellung zwischen 34 cm und 68 Zentimeter hoch, stehen frei oder wie hier auf Holzsockeln.
Bild: zvg

Nach einer ersten Grobreinigung wurden die Holzschäden behoben. Das Schindeldach des Krip­penstalls und die Kulissen aus Pappe und Holz wurden fachmännisch repariert. Die Restaurierung der Textilien und Frisuren begann mit deren fachmännischer Reini­gung, teils trocken mit einem Pinsel, teils im Wasserbad. Der alte textile Bestand wurde so gut wie möglich erhalten, sodass der baro­cke Gesamt­eindruck bestehen blieb. Feh­lende oder defekte Pailletten, Stickereien, Borten und weisse Baumwollspitzen für Krä­gen und Manschetten – im Barock der grösste Ausdruck von Vornehmheit und Reich­tum – wurden ersetzt oder geflickt.

Alle Näh­arbeiten wurden von Hand ausge­führt. Fehlende Körperteile wurden neu geformt und farblich angegli­chen. Die Haarperücken wurden frisiert oder ersetzt. Besonders präch­tig und gründlich gereinigt wurde die Schar der Engel. Ihr Gewand und ihre Stiefel wur­den fachkundig ausgebessert. Abgefallene Flügel wurden an ihren Körpern neu be­fes­tigt, fehlende Flügel originalge­treu hergestellt. Neue Echthaar-Perücken ersetzten ihr schütteres Haar. Während rund 320 Stunden hat das Restaurationsteam ehrenamtlich die Krippenfigu­ren und -kulis­sen fach- und stilge­recht restauriert.

Die Krippenfiguren - zum Teil wie hier das Jesuskind aus Wachs gefertigt - zeichnen sich durch lebensnahe Gesichtszüge aus.
Bild: zvg

Klosterfrauen folgten spätbarocken Regeln

Bei der Beklei­dung der Figu­ren folgten die dama­ligen Klosterfrauen bestimmten spätba­rocken Re­geln. Die biblischen Figuren tragen nicht etwa Kleider wie zur Zeit von Christi Geburt, son­dern feierliche Kos­tüme und würdige Trachten aus der Mitte des 18. Jahrhun­derts, als wäre es ein gegenwär­tiges Geschehen.

Die prachtvollsten Gewän­der gehö­ren Leu­ten aus dem Bürger­tum. Die Frauen sind in Brokat­seide gekleidet; ihre Hemden mit Halsbinde beziehungsweise ihre Blusen mit Spitzen be­setzt. Die Männer sind nach der französi­schen Mode mit Knieho­sen, knielangem Schoss­rock und einer seidenen oder leinenen Weste ge­kleidet. Die Gewänder der Landleute entsprechen der stan­des­gemäs­sen regio­nalen Trach­tenkultur des aus­gehen­den 18. Jahrhunderts. Schafe aus reiner Wolle sowie Ochs und Esel ergän­zen die Szenerie. Die auf Holzbret­tern oder Kartonplatten gemal­ten Kulissen zei­gen eine Stadt mit orientalischen und baro­cken Tür­men, Sakral­bauten und Häusern. Ein einfa­cher Krippenstall mit Schindel­dach er­gänzt die Figu­ren und Kulissen.

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