So nah ist das WM-Ticket
Erst die Hälfte Qualifikation ist absolviert - und schon steht den Schweizern die Tür an die WM 2026 sperrangelweit offen. Weil sie ihrerseits neun Punkte geholt haben und dank neun erzielten Toren und null Gegentreffern die mit Abstand beste Tordifferenz der Gruppe B vorweisen können. Und weil die drei Konkurrenten sich gegenseitig die Punkte weggenommen haben.

Was dazu führt: Schon im vierten von sechs Spielen am kommenden Montagabend in Slowenien kann die Nati sich das Ticket nach Nordamerika sichern. Vorausgesetzt, sie gewinnen auch in Ljubljana. Gegen jenen Gegner, den Xhaka und Co. im September beim 3:0 in Basel nach Belieben dominierten. Gleichzeitig darf der Kosovo in Schweden nicht gewinnen. Nach dem bisher Gezeigten in der Gruppe B alles andere als ein unwahrscheinliches Szenario.
Granit Xhaka und die Antwort an die Zweifler
Neun Punkte nach drei Spielen - was will man mehr, Granit Xhaka? Der Captain der Schweizer Nati tritt nach dem 2:0 in Schweden mit sanftem Gesichtsausdruck vor die Journalisten. Als er gefragt wird, ob die Schweiz wegen Bergvall's vergebener Riesenchance kurz vor der Pause Glück gehabt habe, wird er jedoch ernst. Und sagt: «Es wäre falsch, unseren Sieg mit Glück in Verbindung zu bringen. Wir haben eine reife Leistung gezeigt. Ich habe vor der Qualifikation gelesen, dass wir nicht mehr die Schweiz von früher seien. Dass es Zweifel gibt. Das hat uns gereizt. Und noch stärker gemacht. Unsere Antwort spricht für sich.»

Auch die schwedischen Reporter bemühen sich um eine Einschätzung von Xhaka. Sie wollen wissen, ob der Schweizer Captain überrascht sei vom schwachen Auftritt der «Tre Kronor». Da muss Xhaka schmunzeln - und sagt dann: «Ihr seid ja noch kritischer als die Schweizer Medien! Ich denke, da ist schon viel Qualität im schwedischen Team. Individuelle Qualität. Aber Fussball ist ein Mannschaftssport.» Das lässt tief blicken. Und dürfte übersetzt heissen, dass auch Ausnahmekönner wie Alexander Isak und Viktor Gyökeres nur glänzen können, wenn sie von den Mitspielern in Szen gesetzt werden. Was nicht geschah. Auf die Frage, ob Schweden die acht Punkte Rückstand auf die Schweizer Nati in den drei verbleibenden Spielen noch aufholen könnte, stellt Xhaka klar: «Das glaube ich nicht. Ich hoffe es jedenfalls nicht. Sonst...»
Granit Xhaka und das Comeback am Punkt
Es läuft die 62. Minute in der Strawberry-Arena im Stockholmer Vorort Solna, als plötzlich der eingewechselte Schweizer Djibril Sow am Boden liegt. Und weil dies im schwedischen Strafraum geschieht, zeigt Schiedsrichter Anthony Taylor auf den Penaltypunkt. Die TV-Bilder offenbaren zwar kein offensichtliches Foul am Sevilla-Legionär, lassen aber erahnen, dass der im ganzen Spiel überforderte schwedische Rechtsverteidiger Bernhardsson Sow im Sprintduell mit einem Wischer an die Wade zu Fall bringt. Schiri Taylor jedenfalls sieht keinen Grund, nach Überprüfung durch den VAR den Pfiff zurückzunehmen. Und so den Schweizern die goldene Chance zur Führung zu ermöglichen.
Nur: Wer schiesst? Geplant ist gemäss Xhaka, dass Breel Embolo antritt. Doch der habe ihm den Vorrang überlassen. Freiwillig. Und dann erzielt Xhaka sein erstes Pflichtspiel-Penaltytor im Nati-Dress seit seinem fatalen Fehlschuss im EM-Achtelfinal 2016 gegen Polen. Xhaka sagt: «Bis zum Rücktritt von Shaqiri hatten wir mit ihm einen sicheren Penaltyschützen, da stellte sich die Frage nie mehr, ob ich selber wieder einmal antrete. Nun hat es sich ergeben - und ich bin froh, konnte ich wieder einmal vom Punkt treffen.»

Es ist Xhakas erster Länderspieltor seit über zwei Jahren - zuvor traf er letztmals beim 3:0 gegen Andorra im September 2023 in der damaligen EM-Qualifikation. Und es ist Treffer Nummer 15 im 140. Länderspiel des Schweizer Rekordnationalspielers. Imposante Zahlen, die Xhaka noch eine Zeit lang nach oben schrauben dürfte: Im kapitalen Spiel in Schweden beweist der 33-Jährige einmal mehr, dass er weiterhin unverzichtbar ist im zentralen Mittelfeld. Mehr noch: Er vermittelt in der laufenden WM-Qualifikation, durch seinen Klubwechsel von Leverkusen zu Sunderland noch einmal an Reife gewonnen zu haben.
Gregor Kobel und der Ketchup-Effekt
Seit Yann Sommer im Sommer 2024 seinen Rücktritt bekannt gegeben hat, ist Gregor Kobel die Nummer 1 im Schweizer Nationalteam. Ein Posten, auf den er schon lange zuvor geschielt hat - und der ihm dann in der Praxis erst kein Glück brachte. Im Nations-League-Herbst 2024, der im sang- und klanglosen Abstieg in die Liga B endete, verschuldete Kobel zwar keine Gegentore, strahlte im Nati-Tor aber in keiner der sechs Partien die Sicherheit aus, wie es vor ihm Sommer tat. Aus statistischer Sicht schmerzte den Dortmund-Profi vor allem die Tatsache, dass er in den ersten sieben Spielen als Nati-Stammgoalie nie zu Null spielte. Erst im zweiten Testkick im Rahmen der USA-Reise im vergangenen Sommer war es beim 4:0 gegen die Gastgeber soweit.

Was seither läuft, kann als «Ketchup-Effekt» bezeichnet werden. Vorher nie zu Null und nun vier Mal in Folge. Kobel sagt: «Klar freut mich das. Und zugegeben war das erste Jahr als Nati-Stammgoalie nicht einfach. Wir haben viel getestet, praktisch in jedem Spiel standen andere Verteidiger vor mir. In den USA haben wir eine Formation gefunden, an der wir seither festhalten. Und wir verstehen mittlerweile auch die Spielidee vom Trainer viel besser.»
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