
Schweden gegen die Schweiz. Es ist zweifellos für beide Teams das Spiel des Jahres. Das Duell der erfolgreichsten und bestbesetzten Nationen der Gruppe B. Als Schauplatz hält die (kein Witz) Erdbeer-Arena im Norden Stockholms her, benannt nach einem schwedischen Immobilien-Multi. Dass Schweden nach nur einem Punkt in den September-Spielen in eine Krise gerutscht und die Schweiz mit sechs Zählern perfekt in die WM-Qualifikation gestartet ist, macht die Affiche nur noch besser.
Mehr noch: Für das Heimteam ist es die letzte Chance auf das Direkt-Ticket an die WM 2026 und für seinen Trainer Jon-Dahl Tomasson gemäss mehreren einheimischen Reportern das Job-Endspiel. Nur ein Sieg ist für «Tre Kronor» gut genug. Ein Spektakel, das sich 50'000 Fans im ausverkauften Stadion anschauen. Die 1800 aus der Schweiz Angereisten treffen nach einem 90-minütigen Fanmarsch aus der Innenstadt ein.
Schweiz tritt von Beginn an brillant auf
Was sie von der Nati geboten bekommen, lässt sie die müden Beine schnell vergessen. Embolo nach einem Corner an den Pfosten, Embolo ins Aussennetz, Embolo per Kopf haarscharf am Tor vorbei. Und vor der Chancen-Triplette des Rennes-Stürmers muss Viktor Johansson im schwedischen Tor bei einem Xhaka-Schlenzer sein ganzes Können zeigen. Das Heimteam dürfte sich vor seinem mürrischen Publikum nicht beschweren, wenn die Partie bereits nach 15 Minuten entschieden wäre.

Und zwar für die Schweizer Nati, die hier von Beginn an brillant auftritt. Nur die Effizienz lässt zu wünschen übrig, was die Startphase in Schweden von den nahezu perfekten Auftritten im September gegen Kosovo und Slowenien unterscheidet. Murat Yakins Taktik, die Schweden früh zu stören und auf diese Weise zu verhindern, dass die Schweden ihr 220 Millionen Euro teures Sturmduo aus Alexander Isak und Viktor Gyökeres überhaupt erst lanciert können, entpuppt sich einmal mehr als goldrichtig.
Apropos: Schon beim davor letzten Sieg gegen Schweden bringt Yakin der Schweiz Glück - es war im Herbst 1994 beim 4:2-Erfolg im Berner Wankdorf gleichzeitig das Nati-Debüt des damals 20 Jahre alten Innenverteidiger-Versprechens namens Murat Yakin.
Das «Nicht-Tor» des Jahres
Es ist phasenweise ein Klassenunterschied zu erkennen, der viele Prognosen im Vorfeld der Qualifikation ins Lächerliche zieht: In diesen hiess es, Schweden sei wegen seiner Promi-Offensive Favorit. Und nicht die seit der EM 2024 schwächelnden Schweizer. Im Direktduell bekommen dann aber jene Recht, die die 145 Millionen für Isak und die 75 Millionen für Gyökeres als Wucher bezeichnen. Einzig Isak macht kurz vor der Pause auf sich aufmerksam, als er Akanji den Ball klaut und Bergvall in die Füsse spielt, der aber einen Meter vor dem verwaisten Schweizer Tor ins Straucheln kommt.

Die Szene hat Chancen auf die unrühmliche Auszeichnung «Nicht-Tor des Jahres», ist symptomatisch für die Situation der Schweden - und dürfte die Sinne der Schweizer aufs Neue geschärft haben.
Nach dem Seitenwechsel nämlich übernehmen sie die zuvor leicht entglittene Kontrolle wieder vollends. Angeführt vom spielfreudigen Captain Granit Xhaka, vom omnipräsenten Nico Elvedi und vom brandgefährlichen Dan Ndoye, der nicht zu stoppen ist.
Xhaka erlöst die Schweiz
Nach gut einer Stunde ist es jedoch keiner des Trios, sondern der eingewechselte Djibril Sow, der in den schwedischen Strafraum dringt - und dort zu Fall kommt. Auf den TV-Bildern ist kein klares Vergehen zu erkennen, jedoch zu erahnen, dass Gegenspieler Bernhardsson den Schweizer aus dem Gleichgewicht bringt. Weil sich dadurch der Pfiff von Schiedsrichter nicht als klarer Fehler entpuppt, darf Xhaka zum Penalty antreten. Und verwandelt souverän.
«Eigentlich wollte Breel schiessen», sagt Captain Xhaka nach dem Spiel. Nach einigen Verunsicherungstaktiken von Goalie Johansson und Stürmer Isak habe ihm Embolo den Penalty überlassen. «Muri will, dass der Captain Verantwortung übernimmt. Und heute durfte – und musste – ich beim Stand von 0:0 Verantwortung übernehmen.» Für Xhaka ist es das erste Länderspieltor seit zwei Jahren.

Schweden ist danach zu keiner nennenswerten Antwort mehr fähig. Was es Yakin erlaubt, dem erstmals aufgeboten Luca Jaquez sogleich zum Debüt zu verhelfen. Sich in eine Nati einzugliedern, die gerade vor Selbstvertrauen strotzt, dürfte deutlich leichter fallen, als wenn Jaquez Schwede wäre.
So aber dürfen er und seine Teamkollegen in ihren Kalendern schon mal den kommenden Sommer für eine Reise nach Nordamerika sperren. Eine Reise an die WM 2026. Denn spätestens als Johan Manzambi in Schweden kurz vor dem Abpfiff auf 2:0 stellt, ist klar: Bereits am Montag in Slowenien kann die Nati ihr WM-Ticket lösen.
Das sagen die Nati-Akteure
Murat Yakin, Trainer: «Wir haben die sehr schwierige Aufgabe mit Bravour gelöst. So einfach, wie es vielleicht aussah, war es nicht: Gerade in der Defensive mussten wir gegen ihre starken Stürmer jederzeit hoch konzentriert sein. Die Mannschaft strotzt zurzeit vor Selbstvertrauen, zeigt schon im Training enorm viel Spielfreude. Wie es uns in der Qualifikation läuft, ist kein Zufall: Da steckt viel Arbeit dahinter. Das Glück, das wir zum Beispiel bei der vergebenen Chance von Bergvall, hat man dann halt manchmal.»
Granit Xhaka, Captain: «Ein sehr starker Auftritt von uns. In der Schweiz gab es viele Zweifel an uns vor der Qualifikation, das hat uns nur angestachelt. Wenn man uns reizt, dann bellen wir zurück - in Form von Leistung. Es hiess, wir sind nicht mehr die Schweiz von früher. Ich denke, was wir in dieser Quali bislang zeigen, spricht für sich. Beim Penalty war eigentlich Embolo als Schütze vorgesehen, aber er hat mich dann gebeten, zu schiessen. Mein erster Nati-Penalty, seit ich 2016 gegen Polen im EM-Achtelfinal verschossen habe.»
Nico Elvedi, Verteidiger: «Ich bin sehr stolz darauf, wie wir in dieser Qualifikation auftreten. Trotzdem: Wir müssen demütig bleiben, am Montag in Slowenien wird es ein anderes Spiel als hier in Schweden. Wir haben noch nichts erreicht. Aber träumen von der WM im nächsten Sommer dürfen wir nach den drei Siegen in drei Spielen schon ein bisschen.»
WM-Qualifikation 2026
Die bisherigen Spiele:
Schweiz – Kosovo 4:0 (4:0)
Slowenien-Schweden 2:2 (0:1)
Schweiz-Slowenien, 3:0 (3:0)
Kosovo-Schweden 2:0 (2:0)
Schweden-Schweiz 0:2 (0:0)
Kosovo-Slowenien 0:0
Montag 13. Oktober:
20.45 Uhr: Slowenien-Schweiz (live SRFzwei)
20.45 Uhr: Schweden-Kosovo
Modus: Der Gruppenerste qualifiziert sich für die WM 2026. Der Zweite muss in die Barrage.
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