
Das gigantische Feuerwerk über Las Vegas war gerade verraucht, da sorgte die Disqualifikation von Lando Norris und Oscar Piastri für einen gewaltigen Knall in der Formel 1 - und Max Verstappen war plötzlich wieder mittendrin im WM-Kampf. Weil die beiden McLaren-Piloten aufgrund von Regelverstößen an ihren Autos aus der Wertung genommen wurden, verbesserten sich die Chancen des Weltmeisters im Titelrennen schlagartig: Verstappen hat nur noch 24 Punkte Rückstand auf Norris - die letzten beiden Rennwochenenden in Katar und Abu Dhabi versprechen ein dramatisches Finale.
Ursprünglich war Norris als Zweiter hinter Sieger Verstappen ins Ziel gekommen, Piastri folgte auf Platz vier. Doch bei der technischen Überprüfung der Fahrzeuge wurde festgestellt, dass der Unterboden zu stark abgenutzt und dadurch zu dünn war. Norris und Piastri mussten zu den Stewards - zwei Stunden später stand die Disqualifikation offiziell fest.
«Ein frustrierendes Ende des Tages und ärgerlich, so viele Punkte zu verlieren», sagte Norris: «Wir als Team wollen immer so viel wie möglich herausholen, und es ist offensichtlich, dass wir die Balance nicht hinbekommen haben.» Er könne aber nun nichts mehr ändern - also «geht es jetzt darum, mich voll und ganz auf Katar zu fokussieren und die bestmögliche Leistung in jeder Session abzurufen.»
Kampf um Weltmeister-Titel wieder lanciert
Die Abweichungen von der Norm waren minimal, bei Norris war der Unterboden hinten um 0,07 Millimeter zu dünn. Das Auto sei stärker und häufiger aufgesetzt, als erwartet. Dies habe zu dem Verschleiß geführt, erklärte Teamchef Andrea Stella: «Wir entschuldigen uns bei Lando und Oscar für die verlorenen Punkte zu einem kritischen Zeitpunkt der Weltmeisterschaft.»
Statt komfortabler 42 Punkte beträgt Norris' Vorsprung auf Verstappen nur noch 24 Zähler, auch Piastri liegt 24 Punkte zurück. «Max Verstappen knackt den Jackpot in Las Vegas», schrieb die niederländische Zeitung Telegraaf: «Nach den bizarren Entwicklungen ist der Titelkampf wieder völlig offen.» Zwar ist Norris noch immer im Vorteil, doch jeder Fehler wiegt schwer: Bei einem weiteren Ausfall und einem gleichzeitigen Sieg des Weltmeisters wäre Verstappen urplötzlich vorne.
Im Endspurt der Saison wird es also nicht nur auf fahrerische Klasse ankommen, sondern vor allem auch auf Nervenstärke. Und hier ist niemand so stark wie Verstappen. Unvergessen ist das Finale 2021, als er im Showdown mit Lewis Hamilton erstmals Weltmeister wurde. Und auch in Las Vegas leistete sich Norris beim Start einen Fehler, den Verstappen eiskalt nutzte und zum Sieg fuhr.
«Unglaubliche Performance» von Verstappen
«Er hat mit so einer Souveränität und Leichtigkeit gewonnen, das war beeindruckend», lobte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei Sky: «Es war eine unglaubliche Performance. Zum Schluss hat er noch die schnellste Runde hingeknallt, einfach super.»
Das dürfte auch bei McLaren Eindruck hinterlassen haben. Norris und Piastri waren gerade in der ersten Saisonhälfte von Sieg zu Sieg geeilt. Von dem Polster, das sie dort herausgefahren hatten, zehren sie noch immer. Doch Red Bull hat die Lücke geschlossen, und Verstappen ist der beste Fahrer im Feld. Als «Ein-Mann-Team» bezeichnete Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff Red Bull.
Von der Disqualifikation der McLaren profitierte unter anderem Nico Hülkenberg. Der Emmericher rückte im Sauber auf Platz sieben vor. Nur sein Rücken mache ihm nach dem fordernden Rennen Probleme, klagte er. Für Rekordweltmeister Lewis Hamilton (England/Ferrari) war der achte Platz hingegen kein Trost.

So lief das Rennen
Als Max Verstappen nach 50 Runden auf dem Stadtkurs in der Wüste von Nevada die Ziellinie zum zweiten Mal nach 2023 als überlegener Sieger überquerte, war klar: Der Titelverteidiger wahrt seine Chancen auf den fünften WM-Titel in Folge mindestens eine weitere Woche. Auch Lando Norris durfte als Zweiter zufrieden sein. Von der Pole-Position gestartet, baute der Brite seine Führung in der WM-Wertung gegenüber Teamkollege Oscar Piastri, der Vierter wurde, bei noch zwei ausstehenden Rennwochenenden weiter aus. Der Engländer hielt quasi bereits eineinhalb Hände am WM-Pokal.
Doch mehr als vier Stunden nach Rennende folgte die Hammer-Meldung: Beide Fahrer von McLaren wurden disqualifiziert. Grund für die nachträgliche Sanktion war ein fehlerhafter Unterboden an beiden Autos des Konstrukteur-Weltmeisters. Die Masse einzelner Teile entsprachen nicht mehr den Vorschriften. Erst in diesem Jahr war Lewis Hamilton in China für dasselbe Vergehen von Ferrari aus der Wertung genommen worden.
Trotzdem: Norris hat nächste Woche die Chance auf den Titel
Die Disqualifikationen haben erhebliche Auswirkungen auf den Titelkampf. Verstappens Rückstand auf WM-Leader Norris schrumpft von 42 auf 24 Punkte; zugleich zieht er mit Piastri gleich. Damit ist der Dreikampf vor dem bevorstehenden Sprint-Wochenende in Katar und dem Saisonfinale in Abu Dhabi eine Woche später neu lanciert. Trotz Disqualifikation kann Norris bereits am kommenden Sonntag seinen ersten WM-Titel klarmachen.
In der Rangliste des Grand Prix von Las Vegas rückt Vorjahressieger George Russell im Mercedes auf Kosten von Norris auf Platz 2 vor. Das Podest komplettiert dessen von Startplatz 17 losgefahrene Teamkollege Kimi Antonelli, der wegen einer Fünfsekundenstrafe nach einem Frühstart zunächst hinter Piastri zurückgefallen war.

Russell kämpft, Norris wartet ab
Von McLarens Unvermögen profitiert auch das Team Sauber. Nico Hülkenberg, von Startplatz 11 ins Rennen gegangen, war im Ziel als Neunter vor Rekordweltmeister Lewis Hamilton klassiert und rückt durch die Disqualifikationen zwei Positionen nach vorne. Der Deutsche beschert dem Zürcher Rennstall damit sechs weitere WM-Punkte. Es ist im 22. Rennen der Saison seine neunte Klassierung in den punkteberechtigenden Rängen.
Teamkollege Gabriel Bortoleto musste das Rennen bereits nach drei Runden beenden. Der Brasilianer hatte beim Start eine Kollision mit Lance Stroll im Aston Martin verursacht und dabei sein Auto beschädigt. Seine ungestüme Fahrweise bleibt nicht ohne Folgen: Er wird beim Grossen Preis von Katar am Sonntag um fünf Startplätze zurückversetzt.
In der Teamwertung liegt Sauber unter den zehn Equipen weiterhin auf Platz 9. (sid/sda)
1. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull 1:21:08,429 Stunden (229,21 km/h im Schnitt), 2. George Russell (Grossbritannien) Mercedes 23,546 Sekunden zurück, 3. Andrea Kimi Antonelli (Italien) Mercedes 30,488, 4. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari 30,678, 5. Carlos Sainz (Spanien) Williams 34,924, 6. Isack Hadjar (Frankreich) Racing Bulls 45,257, 7. Nico Hülkenberg (Emmerich) Sauber 51,134, 8. Lewis Hamilton (Großbritannien) Ferrari 59,369, 9. Esteban Ocon (Frankreich) Haas 1:00,635 Minuten zurück, 10. Oliver Bearman (Großbritannien) Haas 1:10,549, 11. Fernando Alonso (Spanien) Aston Martin 1:25,308, 12. Yuki Tsunoda (Japan) Red Bull 1:26,974, 13. Pierre Gasly (Frankreich) Alpine 1:31,702, eine Runde zurück: 14. Liam Lawson (Neuseeland) Racing Bulls, 15. Franco Colapinto (Argentinien) Alpine.
Disqualifiziert: Lando Norris (Grossbritannien) McLaren, Oscar Piastri (Australien) McLaren (jeweils zu starke Abnutzung im Bereich des Unterbodens). – ausgeschieden: Lance Stroll (Kanada) Aston Martin (1. Runde/Unfall), Gabriel Bortoleto (Brasilien) Sauber (3./Unfall), Alexander Albon (Thailand) Williams (36./Unfall). – schnellste Runde: Schnellste Rennrunde: Verstappen 1:33,65 (50. Runde)
1. Norris (McLaren) 390 Punkte, 2. Piastri (McLaren) 366, 3. Verstappen (Red Bull) 366, 4. Russell (Mercedes) 294, 5. Leclerc (Ferrari) 226, 6. Hamilton (Ferrari) 152, 7. Antonelli (Mercedes) 137, 8. Albon (Williams) 73, 9. Hadjar (Racing Bulls) 51, 10. Hülkenberg (Sauber) 49.
Teamwertung:
1. McLaren-Mercedes 756, 2. Mercedes 431, 3. Red Bull 391, 4. Ferrari 378, 5. Williams-Mercedes 121, 6. Racing Bulls-Red Bull 90, 7. Haas-Ferrari 73, 8. Aston Martin-Mercedes 72, 9. Sauber-Ferrari 68, 10. Alpine-Renault 22



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