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Schwyz sagt Nein

Weitere Unterstützung für Cassis: Die Kantone sagen deutlich Ja zu den neuen EU-Verträgen

21 Kantone stellen sich hinter die neuen EU-Verträge: Die Konferenz der Kantonsregierungen kann sich ab sofort aktiv für die Bilateralen III engagieren. Weniger klar ist der Fall beim Streit ums Ständemehr.

Es ist ein Gremium, das wenig bekannt ist, das aber im föderalistischen System der Schweiz eine zentrale Rolle spielt – die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Eine wichtige Funktion der KdK: Sie kann zu bedeutenden Geschäften des Bundes Stellung beziehen. Falls mindestens 18 der 26 Kantone gleicher Meinung sind, gilt der Beschluss offiziell als Position der Kantone. Und diese hat Gewicht, weder Bundesrat noch Parlament können sie einfach ignorieren.

Markus Dieth wirbt als Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen für ein Ja zu den Bilateralen III.
Bild: Keystone

Das erklärt, warum die Plenarsitzung der KdK vom Freitag schon im Voraus hohe Wellen schlug.

Auf der Traktandenliste standen zwei Fragen: Wie stellen sich die Kantone zu den neuen EU-Verträgen, den Bilateralen III? Und noch viel wichtiger: Wie positionieren sie sich im Streit ums Ständemehr? Also bei der Frage, ob in der Abstimmung über das EU-Paket bloss das Volksmehr nötig sein wird, oder ob auch die Mehrheit der Kantone Ja sagen muss, damit die Verträge in Kraft treten können.

Die Antwort auf die erste Frage fiel am Freitag deutlich aus: 21 Kantone sagen Ja zu den Bilateralen III, bloss 4 sagen Nein. Es sind dies Schwyz, Nidwalden, Schaffhausen und Tessin. Obwalden hat sich enthalten, da die Regierung noch nicht entschieden hat.

Kantonsregierungen bekräftigen bisherige Linie

Das deutliche Ja der Kantone war zu erwarten gewesen. Mit ihrem langjährigen Generalsekretär Roland Mayer war die KdK von Anfang an eng einbezogen in die Verhandlungen mit Brüssel. Mayer gilt im Europadossier als graue Eminenz, in seiner Amtszeit hat er schon mehrere Schweizer Chefunterhändler kommen und auch wieder gehen sehen – er blieb stets dabei. Zudem hat sich die KdK im Laufe der Verhandlungen wiederholt positiv zur Fortsetzung des bilateralen Wegs geäussert.

Das bekräftigte Markus Dieth, Aargauer Regierungsrat und derzeit Präsident der KdK: «Diese Abkommen festigen nicht nur die Beziehungen zu unseren Nachbarn und wichtigsten Handelspartnern, sondern sichern der Schweiz einen dauerhaften Zugang zu ihrem grössten Exportmarkt und fördern Kooperationen in Bereichen, die für die Schweiz von zentraler Bedeutung sind.» Der Entscheid von Freitag sei «kein Zufallsergebnis» und verfüge über eine «hohe Legitimation».

Mit dem Erreichen von mehr als 18 Kantonsstimmen für das Vertragspaket kann sich die KdK ab sofort aktiv für die neuen Verträge engagieren und auch öffentlich Namens der Kantone für ein Ja werben.

Für Ignazio Cassis ist das grundsätzliche Ja zum EU-Paket der Kantone eine gute Nachricht. Nachdem der FDP-Bundesrat und Aussenminister vor einer Woche schon seine Partei vom neuen Vertragswerk überzeugen konnte, hat er nun also auch die Kantone im Boot. Allerdings gibt es für ihn auch einen Wermutstropfen. Denn die KdK positioniert sich in der Frage des Ständemehrs weniger deutlich, als er sich das erhofft haben dürfte.

Zur Erinnerung: Auf Antrag von Cassis hat sich der Bundesrat bereits im Frühling gegen das Ständemehr ausgesprochen: Es gebe dafür keine Grundlage in der Bundesverfassung, auch die Bilateralen I und die Verträge von Schengen und Dublin seien lediglich dem Volksmehr unterstanden. Die Bilateralen III seien zudem nicht ein grundsätzlich neues Vertragswerk, sondern die Fortsetzung des bilateralen Wegs, so argumentiert die Landesregierung.

Mehrheit lehnt Ständemehr ab – gegen starke Minderheit

Abschliessend entscheiden wird freilich das Parlament. Und dort ist die Frage des Ständemehrs umstritten. Die SVP fordert es unbedingt. Mit staatspolitischen Argumenten, etwa, dass die neuen Verträge Verfassungsrang hätten. Und aus politischem Kalkül, dass mit dem Ständemehr die EU-Verträge einfacher zu bodigen wären.

Insbesondere im Ständerat liebäugeln aber auch Vertreterinnen und Vertreter von FDP und Mitte mit dem Ständemehr. Im Vorfeld der KdK-Plenarsitzung von Freitag war spekuliert worden, ein klares Nein der Kantonsregierungen zum Ständemehr könne diese Zögerer und Zaudererinnen umstimmen.

Bloss: Der Positionsbezug der KdK ist nicht eindeutig. 15 Kantone sagen Nein zum Ständemehr, die ganze Westschweiz sowie bevölkerungsreiche Kantone wie Zürich, Aargau, St. Gallen und Luzern. Derweil sind es die 10 kleinen Kantone und Halbkantone aus der Zentral- und Ostschweiz, die das doppelte Mehr von Volk und Ständen fordern. Enthalten hat sich Bern, dessen Regierung sich nicht auf eine Position einigen konnte.

Damit haben die Befürworter der Verträge im Streit ums Ständemehr das Quorum von 18 Standesstimmen nicht erreicht. Obwohl eine Mehrheit der Kantone dem Bundesrat folgt und bloss das Volk über die Bilateralen III abstimmen lassen will, ist dies nicht offizielle Position der KdK – was im Parlament dereinst noch zu hitzigen Debatten führen wird.

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