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Theater

Auf wahren Begebenheiten basierend: Tod in Andermatt kommt auf die Bühne

Hundert Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden einer Sängerin in der Schöllenen bringt das Kellertheater im Vogelsang ein Stück auf die Bühne, das eine reale Begebenheit neu beleuchtet.

Das Stück «Tod in Andermatt» öffnet ein Fenster in die Zeit der Goldenen Zwanziger – in ein pulsierendes Berlin voller Glanz und Widersprüche – und wirft zugleich einen Blick auf den aufkommenden Tourismus im stillen Andermatt.

Die Frontseite der Deutschen Illustrierte vom 13. Dezember 1925.
Bild: Staatsarchiv Uri/Heinz Keller

Im Auftrag von Andermatt-Urserntal Tourismus setzte sich Heinz Keller vor längerer Zeit intensiv mit dem Tod Zinaida Jurjewskajas, einer russischen Sängerin an der Preussischen Staatsoper Berlin, auseinander. Aus seinen Recherchen entstand zunächst die Theaterführung «Verschollen in der Tiefe». Als Autor ging Heinz Keller damals noch von einem Suizid aus: Der kleine Kanton Uri auf der einen Seite, der auf die begrenzten Mittel seiner Untersuchungsbehörde vertraute – das mondäne, weltgewandte Berlin auf der anderen, wo die Presse den Tod ihres gefeierten Opernstars nicht hinnehmen wollte.

Doch nach einer erneuten, gründlichen Auswertung der Akten im Staatsarchiv Uri und im Geheimen Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz in Berlin erwies sich die These des Suizids als nicht haltbar. Tod in Andermatt folgt nun diesen Zweifeln und formt die bekannten Quellen zu einem kriminalistischen Kammerspiel. Es erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch – wie heisst es so treffend: Das Stück basiert auf realen Gegebenheiten. Theater ist frei.

Femizid nach fünf Tagen ausgeschlossen

Neben ernster und manchmal amüsanter Interpretation der Akten schwingt an diesem Abend etwas Beklemmendes mit: die bittere Wirklichkeit, dass Männer ihren Partnerinnen Gewalt antun. Femizide – die Tötung der eigenen Partnerin oder Ex-Partnerin – sind erschreckend real. Warum dieser Hinweis im Stück? Weil die Untersuchungsbehörden im Fall Jurjewskaja einen Mord bereits am 8. Dezember 1925, nur fünf Tage nach ihrem Verschwinden, kategorisch ausschlossen. Zu früh wurden Schlussfolgerungen gezogen, zu stark beeinflusste das angespannte Verhältnis zwischen der Schweiz und Russland die Ermittlungen.

Recherchen sollen Licht ins Dunkel bringen

Das Theaterstück spielt in der Stube von Hack, einem unermüdlichen Rechercheur (Markus Frösch). Zu ihm stossen drei weitere fiktive Figuren, Teilnehmende der theatralischen Führung «Verschollen in der Tiefe»: Kassandra, eine esoterisch versierte Deuterin (Patricia Sicher); Ella, eine entschlossene Feministin (Sarah Rohrer) und Baschi, ein ruhiger Kenner historischer Fakten (Fredy Schön).

Alle vier treibt dieselbe Frage um: Wie konnte Zinaida Jurjewskaja so lautlos aus der Welt verschwinden? Sie treffen sich privat und wühlen sich durch Akten, Presseartikel und Internetfunde. Ihren Rollen entsprechend interpretieren die «Detektive» die Geschehnisse – nicht um zu zeigen, wie es war, sondern wie es hätte sein können.

Eine Originalaufnahme von Zinaida Jurjewskajas Stimme eröffnet den Abend, während Carlo Gamma (Saxofon) und Beat Föllmi (Percussion) das Stück musikalisch tragen und ihm eine atmosphärische Tiefe verleihen. (zvg)

Tod in Andermatt im Kellertheater im Vogelsang: 4./5. Dezember 2025, 20 Uhr, Karten unter kiv.ch

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