Der Kicker wähnt die deutsche Nationalmannschaft nach dem 0:2 in der Slowakei «gefährlich nahe am Tiefpunkt». Statistisch ist dieser Tiefpunkt indes tatsächlich erreicht: Es war nämlich die erste deutsche Auswärtsniederlage in einer WM-Qualifikation überhaupt in der 117-jährigen Verbandsgeschichte. Und es war auch der erste Nuller gegen den 52. der Fifa-Weltrangliste.
Es ist nicht nur das Resultat, das Akteure und Beobachter der deutschen Mannschaft in einen Schockzustand versetzt. Vielmehr beruhen die (negativen) Superlativen auf der Art und Weise. Laufbereitschaft? Zweikampfhärte? Spielfreude? In allen sogenannten «Basis-Disziplinen», die man von Fussballern bedingungslos einfordern darf, war Deutschland den Slowaken unterlegen.

Nagelsmann seziert sein Team schonungslos
Julian Nagelsmann, der deutsche Trainer, sagt es so: «Bei der Emotionalität war uns der Gegner meilenwert von der ersten bis zur letzten Minute überlegen. Das ist Fakt. Erschreckenderweise kommt obendrauf, dass so ein Gegner mit mehr Emotionalität auch fussballerisch deutlich mehr Qualität auf den Platz bringt wie wir.»
Der 38-Jährige war an diesem Donnerstagabend deutlich besser in Form als seine Spieler, zumindest nach dem Abpfiff am TV-Mikrofon. Schonungslos sezierte Nagelsmann vor knapp acht Millionen Zuschauern die «Nicht-Leistung» seines Teams - und stellte in Aussicht, bei der Nominierung der Spieler weniger auf Qualität und mehr auf Mentalität zu setzen: «Das Wort Qualität will ich nicht mehr hören, es geht um die Emotionen. Wir haben die besten Spieler aus Deutschland ausgewählt, aber vielleicht müssen wir auf weniger Qualität setzen, wenn sie dafür dann alles reinwerfen. Das hätte dann vielleicht zu einem anderen Ergebnis geführt.»

230-Millionen-Duo Wirt und Woltemade keinen Rappen wert
Da kommen einem natürlich sofort Florian Wirtz und Nick Woltemade in den Sinn. Zusammen sind sie im Sommer für 230 Millionen Franken in die Premier League gewechselt - Wirtz zu Liverpool, Woltemade zu Newcastle. Der Auftritt des deutschen Sturmduos in der Slowakei war indes keinen Rappen wert. Im Gegensatz zur Offensivreihe des Heimteams: 2:0 war gemessen an der Anzahl und Qualität der slowakischen Chancen ein zu knapper Sieg. Allen voran 1:0-Vorbereiter und 2:0-Torschütze David Strelec spielte die deutschen Innenverteidiger Antonio Rüdiger (Real Madrid) und Jonathan Tah (Bayern München) schwindlig. Zur Einordnung: Die Abwehr der Berner Young Boys hatte Strelec in den Europa-League-Playoffs gegen Slovan Bratislava mehrheitlich im Griff.

Zurück zu Nagelsmann. Der hat vor einem Jahr, nach dem knappen Viertelfinal-Out an der Heim-EM gegen Spanien, für 2026 den WM-Pokal zum Ziel ausgerufen. Das kann er angesichts der Verfassung, in der sich Deutschland im ersten Qualifikationsspiel präsentierte, eigentlich nicht mehr ernst meinen. Tut er aber sehr wohl: «Ja, das Ziel ist nach wie vor das gleiche. Es wäre unglaubwürdig und ein fatales Zeichen zu sagen, wir wollen nicht mehr Weltmeister werden.» Bleibt für Nagelsmann zu hoffen, dass sich die Spieler am Sonntag gegen Nordirland die Entschlossenheit ihres Trainers zum Vorbild nehmen.
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