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Ski alpin

Marco Odermatt lässt nach Sieg tief blicken: Erst die Mentaltrainerin brachte ihn wieder auf Kurs

Erstes Rennen, erster Sieg: Marco Odermatt gewinnt zum dritten Mal in Sölden – doch dieser Sieg ist anders. Er sagt: «Ich brachte das Gefühl nicht mehr aus dem Kopf, dass ich nur noch verlieren kann.»
Marco Odermatt gewinnt den 1. Riesenslalom der Saison in Sölden.
Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone (Sölden, 26. 10. 2025)

Was wurde im Vorfeld des Rennens in Sölden nicht alles diskutiert: Über Marco Odermatts eigene Aussage zum Beispiel, dass er im Riesenslalom «ein bisschen eingebüsst» habe. Über die letzten beiden Riesenslaloms der vergangenen Saison, als plötzlich Loïc Meillard schneller war. Aber auch über Odermatts Fehlstart vor einem Jahr, als der Nidwaldner in seiner langjährigen Paradedisziplin gleich zweimal in Folge ausgeschieden war.

Und dann ist Odermatt doch wieder schneller als alle anderen. «Still here!», schrie er nach dem zweiten Lauf des Riesenslaloms in Sölden dem Publikum entgegen. Als ob er es selbst nicht recht glauben konnte, dass er wirklich noch da ist, wo ihn alle erwarten: ganz zuoberst auf dem Podest. 24 Hundertstelsekunden war Odermatt am Ende schneller als Marco Schwarz auf Rang zwei. Atle Lie McGrath verlor als Dritter 0,27 Sekunden.

Wenig später offenbarte Odermatt, dass es im Sommer tatsächlich Phasen des Zweifels gab. «Ich brachte das Gefühl nicht mehr aus dem Kopf, dass ich eigentlich nur noch verlieren kann.» Erst die intensive Arbeit mit seiner Mentaltrainerin Monika Wicki-Hess löste den Knoten. «Es gelang uns, die Herausforderung, zu beweisen, dass ich noch der Beste bin, in positive Energie zu verwandeln», sagt Odermatt. Wicki-Hess war früher selbst Ski-Profi, gewann 1986 ein Weltcuprennen und ist die Cousine von Erika Hess.

Marco Odermatt lässt sich vom Swiss-Ski-Team feiern.
Bild: Gian Ehrenzeller / Keystone (Sölden, 26. 10. 2025)

Der Einblick in Odermatts Gedanken

Odermatt sagt: «Mir wurde in diesem Sommer so oft die Frage gestellt, was mich eigentlich noch antreibe, wenn man schon so vieles gewonnen habe wie ich. Ob der Hunger noch da sei? Und diese Fragen stellte ich mir auch.» Wie genau er die Zweifel besiegen konnte, wollte Odermatt auf Nachfrage dieser Zeitung nicht sagen. Er sagt nur: «Mir war klar, dass mit der Anreise nach Sölden auch das Kribbeln wieder kommt. Das half.»

Dieser Einblick in die Gedanken eines Champions zeigt, dass Siege nie selbstverständlich sind, auch wenn es Odermatt oft so erscheinen lässt. Schon nach dem ersten Lauf hatte Odermatt geführt. Sein Vorsprung auf den Österreicher Schwarz, der sich nach zwei von Verletzungen geprägten Jahren eindrücklich zurückmeldete und danach Freudentränen vergoss, betrug bei Halbzeit allerdings nur eine Hundertstelsekunde. Odermatt hatte sich vorgenommen, den ersten Durchgang dosiert anzugehen. Es ist die Lehre seines Ausscheidens vor einem Jahr. Damals fuhr er in Sölden, als gäbe es kein Morgen, und schied mit fast einer Sekunde Vorsprung aus.

Marco Odermatt holt seinen ersten Saisonsieg.
Bild: Alessandro Trovati

In diesem Jahr sparte sich Odermatt den Angriff für den zweiten Lauf auf. Nachdem Schnee und Nebel den Start um eine Stunde verzögert hatten, kam der 28-Jährige von den Schnellsten des ersten Durchgangs klar am besten mit den schwierigen Bedingungen zurecht. Nur Schwarz schaffte es ebenfalls, seinen Platz zu behaupten. Der Rest der Top 5 des ersten Laufs fiel in der Entscheidung zurück. Darunter mit Thomas Tumler auch ein Schweizer. Der 35-Jährige wurde von Platz 4 auf Platz 16 durchgereicht.

Für Tumler, der in der vergangenen Saison WM-Silber im Riesenslalom gewinnen konnte, ist dieses Abschneiden eine Enttäuschung. Gleiches gilt für Loïc Meillard, der nur Rang 14 belegte. Jahr für Jahr wird er vor der Saison als Odermatts grösster Konkurrent gehandelt. Und regelmässig erleidet er dann in Sölden einen herben Dämpfer. So auch in diesem Jahr.

Schockmoment für Braathen: Unfall mit einem Reh

Für einen Aufreger sorgte derweil Lucas Pinheiro Braathen. Der seit vergangener Saison für Brasilien startende Norweger will den Skiweltcup nach eigener Aussage mit speziellen Geschichten bereichern. Doch so hatte er sich das wohl nicht vorgestellt. Am frühen Morgen war er auf dem Weg hinauf auf den Rettenbachgletscher in einen Autounfall verwickelt. «Wir haben ein Rentier erwischt. Das war dramatisch und ich weiss nicht, was ich sagen soll», erklärte der 25-Jährige sichtlich aufgewühlt im ORF.

Ein Rentier war es zwar nicht. Der Unfall mit einem Reh, wie sein Vater später präzisierte, hatte Braathen allerdings aus dem Konzept gebracht. Schon nach 44 Sekunden schied er im ersten Lauf aus. Sein Traum, für den ersten Weltcupsieg eines Brasilianers zu sorgen, bleibt weiterhin unerfüllt.

Sölden (AUT). Weltcup-Riesenslalom der Männer: 1. Marco Odermatt (SUI) 1:56,03. 2. Marco Schwarz (AUT) 0,24 zurück. 3. Atle Lie McGrath (NOR) 0,27. 4. Stefan Brennsteiner (AUT) 0,39. 5. Thibaut Favrot (FRA) 0,63. – Ferner: Ferner: 14. Loïc Meillard (SUI) 1,37. 16. Thomas Tumler (SUI) 1,57. 30. Luca Aerni (SUI) 4,55.

Das Rennen im Ticker zum Nachlesen:

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