
Nach dem überragenden Sieg von Marlen Reusser im Zeitfahren vor sechs Tagen rechneten sich die Schweizerinnen auch im Strassenrennen an der WM in Ruanda berechtigte Chancen auf die Medaillien aus. Mit Elise Chabbey, Noemi Rüegg, Jasmine Liechti und Ginia Caluori ging die Schweiz mit einem starken Team rund um Neu-Weltmeisterin Reusser an den Start.
Auf dem happigen Kurs durch Ruandas Hauptstadt Kigali testeten Ausreissergruppen immer wieder das Feld rund um Reusser und Co. Ein überraschendes Trio hielt sich eine Runde vor Schluss hartnäckig an der Spitze, weshalb Reusser selbst das Zepter in die Hand nahm und die Aufholjagd startete. Elise Chabbey konnte wenig später mit zwei weiteren Fahrerinnen zur Zeitfahr-Weltmeisterin aufschliessen. Angeführt von Reusser verringerte das Quartett den Rückstand auf die Ausreissergruppe nach und nach. bis Chabbey in der vorletzten Steigung des Tages attackierte.

Doch auch die Genferin konnte das Spitzen-Trio nicht mehr einholen und musste schliesslich mit dem undankbaren vierten Schlussrang vorliebnehmen. 14 Sekunden Rückstand hatte Chabbey im Ziel auf die Bronze-Gewinnerin Mavi Garcia aus Spanien. Reusser liess sich nach Chabbeys Angriff in die Favoritinnengruppe zurückfallen und beendete das Rennen auf dem 9. Platz.
Die grosse Überraschungssiegerin des Tages heisst Magdeleine Vallieres. Die 24-jährige Kanadierin hatte im steilen Schlussanstieg noch die meisten Kraftreserven, distanzierte ihre zwei Ausreisser-Kolleginnen und fuhr den grössten Sieg ihrer Karriere ein – 23 Sekunden vor der Neuseeländerin Niamh Fisher-Black.
Weltmeisterin mit erst zweitem Sieg ihrer Karriere
So richtig mit diesem Sieg gerechnet hätte vor dem Rennen wohl nicht einmal Vallieres selbst. Es ist der erst zweite Sieg ihrer Karriere und dann gleich an der Weltmeisterschaft. «Ich kann es selbst noch nicht glauben», sagt die 24-Jährige nach dem Rennen und weiter: «Ich sagte mir selbst, ich wolle nichts bereuen – und ich bereue nichts.»
Ihren ersten Sieg holte Vallieres im Januar 2024 an der Challenge Mallorca. Nun gewann sie das Strassenrennen der ersten Rad-Weltmeisterschaft in Afrika. «Es ist grossartig hier Weltmeisterin zu werden», sagt die Kanadierin. In einem Jahr darf Vallieres die Mission Titelverteidigung an der Heim-WM in Montreal in Angriff nehmen.

Es war eine der anspruchsvollsten WM-Strecken aller Zeiten im «Land der tausend Hügel», wie Ruanda auch genannt wird. 3300 Höhenmeter mussten die Fahrerinnen auf den 11 Runden in und um Kigali bewältigen. Ausserdem liegt Kigali selbst mehr als 1500 Meter über Meer, was die Strecke noch anstrengender machte. Nur 53 der 103 gestarteten Fahrerinnen erreichten das Ziel.
Unglücklicher vierter Rang in «komischem Rennen»
Die fünf Schweizerinnen erreichten allesamt das Ziel. Trotzdem ist der vierte Schlussrang von Chabbey eine bittere Ausbeute für eine starke Teamleistung. Chabbey selbst sagt nach dem Rennen: «Ich hatte heute die Beine um zu gewinnen.» Ihre Teamkollegin Ginia Caluori findet weiter: «Das es so knapp nicht für eine Medaille gereicht hat, tut mega weh.»
Als «Tragödie» bezeichnet Teamleaderin Reusser die verpasste Chance. «Wir waren bei weitem die Stärksten im Finale, aber das Rennen ist so komisch verloffen», sagt die 34-Jährige. Damit meint sie die vielen Ausreisser-Gruppen, die sich im Verlauf des Rennens absetzten und die fehlende Aufhol-Arbeit des Peloton. Trotzdem nimmt Reusser die positiven Gefühle mit aus dieser Weltmeisterschaft: «Mein Weltmeister-Titel im Zeitfahren ist natürlich etwas Spezielles.»
Die weiteren Schweizerinnen klassierten sich auf den Rängen 20: Noemi Rüegg, 21: Ginia Caluori und 32: Jasmin Liechti. Am Sonntag folgt ab 12 Uhr das Strassenrennen der Männer.
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