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Fataler Crash von Noah Dettwiler samt Herzstillstand: Ist er Opfer einer unterschätzten Gefahr?

Nach dem schweren Unfall von Noah Dettwiler gibt es eine drängende Frage: Ist der 20-jährige Schweizer ein Opfer eines immer mehr auf Kommerz ausgerichteten Systems?

Auf der Fahrt aus der Box zum Startplatz (Besichtigungsrunde) des Moto3-Rennens in Sepang rollt Noah Dettwiler relativ langsam im Bereich der Ideallinie. Jose Antonio Rueda, 19, übersieht ihn und kracht mit voller Wucht ins Heck der Maschine des Schweizers, der aus dem Sattel fliegt und auf die Betonpiste knallt. Dabei ist die zentrale Frage: Warum raste der spanische Weltmeister nahezu ungebremst in den langsam rollenden Kontrahenten? Hatte Noah Dettwiler ein technisches Problem?

Noah Dettwiler kämpft aktuell um sein Leben.
Bild: Freshfocus

Der 20-jährige Dettwiler wurde beim Unfall lebensgefährlich verletzt. Er befand sich am Montagabend Ortszeit laut dem Fachmagazin «Speedweek» und laut dem Chefarzt weiter in einem hochkritischen Zustand. Noah Dettwilers Vater sagte dem «Blick», sein Sohn habe beim Unfall in Sepang mehrere Herzstillstände erlitten, viel Blut verloren, verletzte Organe und einen offenen Beinbruch erlitten.

Das wird für die Sicherheit der Fahrer getan

Dieser Unfall wirft grundsätzliche Sicherheitsfragen auf. Heute wird für die Sicherheit der Fahrer beim Rennstreckenbau alles Menschenmögliche getan und Kosten werden nicht gescheut. Die Sturzräume sind so gut ausgebaut, dass die Fahrer nach einem Sturz nicht mehr in Strohballen, Reifenstapel oder Leitplanken knallen. Und dort, wo sie trotzdem noch in ein Hindernis fliegen könnten, federn Luftkissen den Aufprall ab.

Der Tod fährt trotzdem mit. Was nicht verhindert werden kann: Zusammenstösse auf der Piste – wie jetzt im Fall von Noah Dettwiler – oder gestürzte Piloten, die von Konkurrenten überfahren werden, wie im Falle des tödlich verunglückten Jason Dupasquier. Dieser verlor sein Leben Ende Mai 2021 im Training zum GP von Italien in Mugello. Er stürzte und die nachfolgenden Ayumu Sasaki und Jeremy Alcoba konnten nicht mehr ausweichen und überfuhren den 19-jährigen Schweizer, der am Anfang einer vielversprechenden Karriere stand.

Jason Dupasquier starb 2021 bei einem Unfall im Training.
Bild: Keystone

Zum Thema wird nun ein Systemwechsel. Das Big Business Töff lebt inzwischen primär von der Klasse MotoGP. Einst waren die verschiedenen Klassen vom Reglement her gleichberechtigt. Alle bekamen gleich viel Zeit eingeräumt (Trainings, Warm-Up am Morgen des Renntages, Rennen). Inzwischen gibt es nicht mehr sechs (50 bzw. 80 ccm, 125 ccm, 250 ccm, 350 ccm, 500 ccm und Seitenwagen), sondern nur noch drei Kategorien (Moto3, Moto2, MotoGP).

Für die Kategorie von Dettwiler gibt es nicht einmal mehr ein Warm-up

Mehr noch: Das Programm des Renntages ist ganz auf die «Königsklasse» MotoGP zugeschnitten. Anfänglich hatten alle drei Kategorien am Morgen des Renntages ein Warm-Up von 20 Minuten. Dieses Warm-Up ist einst aus einem ganz bestimmten Grund eingeführt worden: Die Fahrer und die Techniker hatten so die Möglichkeit, sicherzustellen, dass alles einwandfrei funktioniert. Denn nach dem Abschlusstraining am Tag vor dem Rennen, heute Qualifying genannt, arbeiten die Mechaniker noch einmal intensiv an den Maschinen.

Noah Dettwiler wurde von einem Konkurrenten auf der Strecke abgeschossen.
Bild: Freshfocus

Heute gibt es für die Klassen Moto3 und Moto2 gar kein Warm-Up mehr und jenes für die MotoGP-Stars wurde auf zehn Minuten verkürzt. Grund: Die gewonnene Zeit wird für eine Parade der MotoGP-Stars rund um den Kurs genutzt. Was der technischen Sicherheit (und damit der Sicherheit der Fahrer) diente, ist dem Kommerz geopfert worden.

Manche Fahrer nutzen nun wegen dieses Systemwechsels die Besichtigungsrunde für eine letzte Funktionskontrolle ihrer Höllenmaschinen. Einige gehen dabei ein hohes Risiko ein, um ein Gefühl für den Speed und die Abstimmung zu bekommen, andere machen bei geringerem Tempo Funktionstests – etwa, wenn ein Bike nach einem Unfall am Vortag heftig demoliert wurde und nun erstmals wieder auf der Strecke ist. Die daraus resultierenden enormen Tempo-Unterschiede erhöhen das Risiko.

Die Fragen, auf die es wohl nie eine definitive Antwort geben wird, die aber im Interesse der Sicherheit gestellt werden müssen: Fuhr Noah Dettwiler so langsam, weil es ein technisches Problem bei seiner Maschine gab, das bei einem Warm-Up entdeckt worden wäre? Fuhr Jose Antonio Rueda auf dem Weg von der Box zum Startplatz bereits so schnell, weil er sicher sein wollte, dass alles funktioniert? Wenn es um die Sicherheit in einem Sport geht, bei dem der Tod mitfährt, muss jede Frage gestellt werden. (mit Material von watson)

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