
Noch vor wenigen Monaten wurde in Winterthur die fabelhafte Aufholjagd und der damit verbundene Klassenerhalt gefeiert. Inzwischen aber herrscht Tristesse. Wie auch beim FC Zürich, der nicht auf die krachende 0:3-Pleite im Derby gegen die Hoppers reagieren kann und in Lugano 0:1 verliert. Einzig GC sorgt für ein paar zaghafte Lichtblicke im Zürcher Fussball.
GC: Da wächst etwas zusammen
Viel schlechter kann man nicht in eine Partie starten, als dies GC zu Hause gegen Sion macht. Die Walliser drücken, die Walliser dominieren. Doch die Walliser können keinen Profit daraus ziehen. Weder mit dem Kopfball von Lukembila, der an die Latte klatscht. Noch durch den frühen Platzverweis gegen GC-Captain Decarli (12.), der für ein Notbremse-Foul an Nivokazi sanktioniert wird.
Aber die aktuelle GC-Ausgabe hat nicht mehr viel gemein mit jener der vergangenen Saison. Die Mannschaft ist zwar noch jünger, noch unerfahrener, aber demütiger, bissiger, gieriger. Es ist eine Ansammlung von Rohdiamanten, die nicht ein Fussballerleben lang im Letzigrund spielen, sondern ihren Traum von der grossen, weiten Fussballwelt verfolgen.

Auf die Unterschiede zur letzten Saison angesprochen, sagt Stürmer Muci: «Wir haben viele junge ambitionierte Spieler mit der richtigen Mentalität im Team. Und was der Trainer von uns verlangt, ist etwas anderes als letzte Saison. Wir wollen viel Intensität ins Spiel reinbringen.»
Was der Trainer verlangt, lebt er auch vor. Gerald Scheiblehner, 48-jähriger Österreicher, bleibt auch nach dem frühen Platzverweis mutig. Obwohl sein Abwehrchef vom Platz gestellt wird, opfert er keinen seiner drei Offensivspieler, um die Defensive zu stärken. Es zahlt sich aus.
In Unterzahl ist GC plötzlich besser als Sion, auch wenn Rrudhani (19.) den Pfosten trifft. Aber die Zürcher sind galliger, emotionaler auch. Jedem Ball jagen sie bedingungslos hinterher. Ja, es macht Spass, dieser jungen, wilden Truppe zuzuschauen, auch wenn reelle Torchancen ausbleiben.
Sieben Spieler aus der Startelf sind 22 oder jünger. Das ist einerseits dem Spardruck geschuldet. Andererseits entspringt es auch der Philosophie des Klubs, die Sportchef Alain Sutter vorgibt. Und dass diese jungen Spieler ziemlich viel drauf haben, allen voran die beiden Mittelfeldspieler Zvonarek und Mantini sowie Stürmer Asp Jensen, zeugt vom Sachverstand Sutters.
Doch GC hat Mühe, die Intensität der ersten Halbzeit aufrechtzuerhalten. Als Arigoni den Sion-Stürmer Nivokazi regelwidrig stoppt, als dieser allein auf den GC-Keeper losziehen kann, entscheidet Schiedsrichter Drmic auf Penalty. Diesen versenkt Rrudhani nach einer Stunde zum 1:0-Siegtreffer
«Man hat lange nicht gesehen, dass wir einen Mann weniger waren», sagt Muci. Aber 80 Minuten Unterzahl waren dann doch zu viel. Jedenfalls war GC gegen Ende der Partie ziemlich platt. Aber trotzdem in der Lage, das Publikum so mitzureissen, wie man das bei GC-Heimspielen länger nicht mehr erlebt hat.
Winterthur: Einzig die Geschichte gibt Zuversicht

In der ersten Saison nach dem Aufstieg dauerte es bis zum neunten Spiel, ehe Winterthur erstmals siegte. In der vergangenen Saison lag Winterthur bis tief in den Frühling scheinbar aussichtslos am Tabellenende. Man kennt sich also aus mit schwierigen Situationen.
In dieser Saison geht das neunte Spiel verloren: 0:3 in Basel. Winterthur ist weiterhin sieglos. Es sieht düster aus. Düsterer denn je, seit der Klub 2022 in die Super League aufgestiegen ist. Selbst Trainer Uli Forte, letztes Jahr noch der gefeierte Retter, scheint ratlos zu sein. Diesen Eindruck zementiert er allein mit seiner Erklärung «kein Glück» gehabt zu haben. Dabei war das Glück Winterthurs, dass es keine Kanterniederlage absetzte.
Was bleibt? Winterthur kann den Trainer wechseln. Fraglich, ob das zielführend ist. Denn das Team ist schlechter besetzt als letzte Saison. Eigentlich gibt den Zürchern einzig die Geschichte mit den erfolgreichen Aufholjagden etwas Hoffnung. Auch wenn sich diese nicht immer wiederholt, sonst hätte Winterthur das neunte Spiel ja gewonnen.
FC Zürich: Neuer Trainer, alte Sorgen
Bloss nicht wieder eine Saison wie die letzte, als man die Meisterrunde verpasste, so das Credo beim FC Zürich. Dafür sollte viel neues Personal und vor allem mit Mitchell van der Gaag ein neuer Trainer sorgen. Doch die Sorgen sind die ähnlichen wie in der vergangenen Spielzeit.
Vieles wirkt wie Stückwerk beim FCZ. Auch etwas planlos. 25 Spieler hat van der Gaag in den elf Pflichtspielen bereits eingesetzt. Nach dem 0:1 in Lugano bemängelt er: «Wir müssen die Stürmer in die Box bringen, darüber sprechen wir schon seit Saisonbeginn.»
So ähnlich tönte es auch unter Vorgänger Ricardo Moniz. Und wie Moniz wirkt auch van der Gaag wie ein ewig Suchender. Da fragt man sich zwangsläufig: Liegt das alles nur am Trainer? Wohl kaum. Und was hat das mit dem mächtigen Sportchef Milos Malenovic zu tun? Wohl etwas.
Kommentare
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien, die Kommentare werden von uns moderiert.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.