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Politik

Dieser Kanton will Verhütungsmittel an alle unter 30 Jahren gratis abgeben

Das Parlament des Kantons Neuenburg will, dass die öffentliche Hand Kondome, Antibabypillen, Spiralen und Co. für junge Menschen finanziert.
Verhütungsmittel fü unter 30-Jährige sollen im Kanton Neuenburg künftig von der öffentlichen Hand finanziert werden.
Bild: ADragan/Getty

Nach dem Willen des Neuenburger Parlaments sollen künftig alle unter 30-Jährigen im Kanton kostenlos Verhütungsmittel beziehen können. Am Dienstag nahm der Grosse Rat mit einer knappen Mehrheit von 50 linken Ja-Stimmen gegen 48 bürgerliche Nein-Stimmen eine entsprechende Volksmotion an. Das von knapp 400 Personen unterzeichnete Begehren wurde von den Jungsozialisten (Juso) eingereicht.

Nun muss die Kantonsregierung dem Parlament innerhalb von zwei Jahren eine gesetzliche Grundlage für die Finanzierung der kostenlosen Abgabe von Verhütungsmitteln an junge Männer und Frauen durch die öffentliche Hand vorlegen. Danach entscheidet erneut der Grosse Rat.

Die Juso schreibt in der Begründung ihrer Volksmotion, der Zugang zu Verhütungsmitteln «sollte weder ein Luxus noch ein Privileg sein». Es handle sich um eine Frage der öffentlichen Gesundheit, der Gleichberechtigung und der sozialen Gerechtigkeit. Gerade für junge Menschen mit knappen Finanzen könnten hohe Kosten für Verhütungsmittel ein Hindernis für den Einsatz wirksamer Methoden darstellen, heisst es weiter.

Die Antibabypille sei hierzulande 14-mal teurer als in Frankreich. Die wirksamsten Methoden seien zudem oft die teuersten – etwa die Spirale, die bis zu 400 Franken kostet. Kosten und Verantwortung für die Verhütung seien zudem «tendenziell ungerecht zwischen den Partnern» verteilt und lasteten überwiegend auf den Frauen.

Der Neuenburger Staatsrat lehnte die Volksmotion als «zu weit gefasst» ab, um ihr Ziel wirksam zu erreichen. Er wies zudem darauf hin, dass die Zahl der ungewollten Schwangerschaften im Kanton niedrig sei.

Im Bundeshaus mehrfach gescheitert

Auch auf Bundesebene wurde die Abgabe von Verhütungsmitteln auf Kosten der Allgemeinheit schon mehrfach diskutiert, zuletzt im März dieses Jahres aufgrund einer Standesinitiative des Kantons Genf. Bislang scheiterten jedoch alle Versuche an der Ablehnung durch den Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit.

Deren Vertreter wiesen darauf hin, dass die gesetzlichen Grundlagen für eine Kostenübernahme durch die obligatorische Grundversicherung fehlten. Diese übernehme nur die Kosten für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten, von bestimmten Präventionsmassnahmen sowie von Leistungen bei der Mutterschaft. Schwangerschaft sei aber keine Krankheit, weshalb Verhütungsmittel nicht durch die Grundversicherung gedeckt seien.

Für Zoé Nater, Co-Präsidentin der Juso Neuenburg, ist der Entscheid des Grossen Rats ein hoffnungsvolles Zeichen – auch in Richtung Bern. «Ich bin stolz, dass der Kanton als Reaktion auf unsere Volksmotion einen mutigen und progressiven Enscheid getroffen hat.» Sie hofft, dass der Entscheid eine Signalwirkung auf andere Kantone habe und dereinst dazu führen werde, dass die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln auch auf Bundesebene mehrheitsfähig wird.

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