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GASTKOLUMNE

Die Argumente gegen die E-ID überzeugen nicht

Die Gegner wollen Angst vor einem Überwachungsstaat schüren. Vor dem digitalen Ausweis braucht sich aber niemand zu fürchten.

Wenn ich die Abstimmungskampagne zum digitalen Identitätsnachweis E-ID mit zwei Wörtern beschreiben müsste, dann wären es: «sonderbar» und «sterbenslangweilig».

Die Nein-Kampagne mutet an wie eine Stellvertreterdebatte. Sie wird primär von teils illustren Kreisen getragen, die dem Staat grundsätzlich skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Es geht ihnen weniger um die konkrete Ausgestaltung der E-ID, sondern um eine generelle Ablehnung staatlicher Lösungen im Digitalen oder mutmasslich gar des Staates an sich. Es liegt zumindest in gewissen Kreisen die Vermutung nahe, dass sie hinter fast allem eine Verschwörung wittern.

Die Gegner der E-ID befürchten zu viel Kontrolle, zum Beispiel im Strassenverkehr.
Bild: Foto: Cyril Zingaro

Nein-Kampagne nimmt es mit Fakten nicht so genau

Die Bewegung «Massvoll» bekämpft die E-ID in den sozialen Medien mit dem fragwürdigen Slogan «Wir hängen sie» und ergänzt dann in Klammern: die Plakate. Die gängigen Nein-Argumente zielen darauf ab, Angst vor einem Überwachungsstaat und Datenklau zu schüren und nehmen es mit den Fakten nicht so genau.

Das etwas sonderbare Highlight im bisherigen Abstimmungskampf lieferte vor ein paar Wochen das Traditionshaus NZZ in der Berichterstattung über die aktuellen Trends zu den bevorstehenden Abstimmungsvorlagen vom 28. September.

Wer sich mit Demoskopie etwas auskennt, weiss, dass die Meinungsforschungsinstitute in diesem Land zuverlässig sind und der Interpretationsspielraum in Bezug auf solche Umfragen relativ überschaubar ist.

In der entsprechenden Befragung lag die Zustimmung für den digitalen Ausweis, die E-ID, bei 60 Prozent. 58 Prozent sprachen sich für die Abschaffung des Eigenmietwerts aus. Zu meiner Überraschung setzte die NZZ dann zu einer fast spektakulären Interpretation in der Berichterstattung über die gfs-Umfrage an: «Knapp fünf Wochen vor der Volksabstimmung vom 28. September zeigt die erste Trendumfrage ein Ja für die kantonalen Steuern auf Zweitliegenschaften. Bei der E-ID ist das Ergebnis unklar.»

Dass gerade eine solch renommierte Zeitung gleichermassen klare Umfrage-Ergebnisse derart unterschiedlich interpretiert, gab dem lahmen Abstimmungskampf zwischenzeitlich einen Hauch von Brisanz.  Über die Gründe dieser sonderbaren Berichterstattung kann man nur mutmassen. Ich wäre ein Schelm, wenn ich dahinter Böses vermuten würde.

Vielleicht ist es auch der berühmte «andere Blick», mit dem die besagte Zeitung seit einigen Jahren im Ausland um Leser wirbt. Klar ist: Die neuesten Trends zu den Abstimmungsvorlagen stützten die Interpretation der NZZ-Journalistin nicht. Im Gegenteil.

Die Einführung der E-ID ist aus meiner Sicht ein notwendiger Schritt in Richtung digitaler Zukunft. Es geht dabei um nichts Geringeres als um die Grundfrage, wie die Schweiz den digitalen Alltag gestalten will. Die E-ID ermöglicht es, sich im Internet sicher und eindeutig auszuweisen – vergleichbar mit der Identitätskarte im analogen Leben. Der entscheidende Vorteil: Mit der E-ID lassen sich Informationen gezielt weitergeben. Das erhöht den Schutz der Privatsphäre und reduziert das Risiko von Missbrauch.

Schweiz muss die Chancen der Digitalisierung nutzen

Immer mehr Dienstleistungen – ob im Handel, bei Banken, im Gesundheitswesen oder im Kontakt mit Behörden – werden online abgewickelt. Ohne eine vertrauenswürdige, digitale Lösung bleibt der Zugang kompliziert und fehleranfällig. Die E-ID schafft einen einheitlichen, sicheren Standard, den der Staat selbst garantiert. Davon profitieren Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen und Verwaltung.

Die E-ID ist zudem freiwillig und ersetzt nicht die heutige Identitätskarte. Niemand wird gezwungen, sie zu nutzen. Sie ist ein zusätzliches Angebot – für alle, die digitale Prozesse einfacher und sicherer abwickeln möchten.

Die Entscheidung am 28. September ist darum weit mehr als eine technische Detailfrage. Sie ist ein Signal: Wollen wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und in einer vernetzten Welt auf sichere Standards setzen – oder überlassen wir das Feld weiterhin komplizierten Provisorien und privaten Alternativen, die weder dieselbe Legitimation noch dieselbe Verbindlichkeit haben? Die Schweiz hat die Gelegenheit, einen entscheidenden Schritt nach vorne zu machen.

Wer sich noch unsicher ist, was er oder sie bei der E-ID stimmen soll, dem empfehle ich, sich die Befürworter und Gegner der Vorlage genauer anzuschauen. Und dann zu entscheiden, wer vertrauenswürdiger erscheint.

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