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LZ-Weihnachtsaktion

Gerhard Pfister spricht zum Start unserer Spendensammlung Klartext: «Glück ist Zufall – Armut ist oft unverschuldet»

Menschen aus Politik, Wirtschaft und Sozialhilfe unterstützen die 30. LZ-Weihnachtsaktion bei ihrem Startanlass am Donnerstagabend. Mitte-Nationalrat Gerhard Pfister begründet Solidarität mit sehr deutlichen Worten.

Die LZ-Weihnachtsaktion hat ihre Jubiläumssammlung gestartet. Stiftungsratspräsidentin Bettina Schibli sieht vor allem zwei Faktoren, welche den nachhaltigen Erfolg der Spendensammlung ausmachen: Ihre Regionalität und ihre Beweglichkeit: «Wenn alle anderen Wege versperrt sind, können wir rasch und unbürokratisch helfen.»

Diese Qualität betont auch Mitte-Nationalrat Gerhard Pfister als Gastredner des Startanlasses mit über 130 Gästen: «Der Sozialstaat stösst oft an seine Grenzen, weil er alle Menschen möglichst gleich behandeln muss. Und damit vielen persönlichen Situationen nicht gerecht wird.» Genau dies sei die Stärke der LZ-Weihnachtsaktion: «Sie kann in einem positiven Sinne willkürlich sein und gezielt ganz bestimmte Notsituationen lindern.»

Grosses Engagement für Menschen in Not: Gerhard Pfister beim Startanlass der LZ-Weihnachtsaktion.
Bild: Manuela Jans-Koch (6. 11. 2025)

Die Illusion, unser Glück durch Leistung verdient zu haben

Gerhard Pfister fand sehr deutliche Worte, um die gesellschaftliche Solidarität zu begründen. «In der Schweiz leben die meisten Menschen quasi auf einer Insel der Glückseligen. Und oft haben wir das Gefühl, unseren materiellen Wohlstand durch eigene Leistung verdient zu haben. In Wahrheit hatten wir einfach Glück, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort auf die Welt gekommen zu sein.»

Diese Erkenntnis führt zwingend auch zu einer anderen Sicht auf Menschen bei uns, die dieses Glück nicht hatten. Und deren Not in den allermeisten Fällen unverschuldet ist. «Wir, die Glück hatten, sollten ärmere Menschen nicht einfach auf ihre Armut reduzieren. Und wenn ihre Armut sichtbar ist, wie etwa in Städten, nicht als störend empfinden. Wir sollten ihnen helfen, damit sie ihre Würde erhalten können, genau wie wir selber.» Auf diese Weise komme die Schweiz dem Ideal einer gerechten Gesellschaft recht nahe: «Die Stärke einer Gesellschaft bemisst sich daran, wie gut es den Schwächsten geht.»

Erfolg der sozialen Hilfe kann sich unterschiedlich zeigen

Viel Erfahrung mit sozial Schwächeren hat Jürgen Feigel, Leiter der Regionalen Jugend- und Familienberatung Emmen. Im Interview erklärt er, wie der Umgang mit von Not Betroffenen eine Mischung aus Leidenschaft, Empathie und Sachlichkeit erfordere. Dabei müsse man auch Nein sagen können. «Etwa wenn jemand Geld für seine Kinder will, aber ein hohes Einkommen hat und dieses offensichtlich anderes ausgibt.» In den meisten Fällen aber sei Sozialhilfe berechtigt und sehr wirkungsvoll. «Erfolg kann darin bestehen, dass jemand nachhaltig aus der Not herausfindet. Aber manchmal ist schon eine Stabilisierung der Situation ein Erfolg.»

Jürgen Feigel (links) im Gespräch mit LZ-Redaktor Arno Renggli.
Bild: Manuela Jans-Koch (6. 11. 2025)

In der Jugend- und Familienberatung geht es oft um familiäre Konflikte oder die Not von Alleinerziehenden. «Ein neueres Thema sind soziale Medien. Wir beobachten, wie die extensive Nutzung gerade bei jungen Menschen oft zu einer Verwahrlosung führt.» Zur LZ-Weihnachtsaktion meint Jürgen Feigel: «Sie ist enorm wertvoll, weil wir dank ihr schnell und unbürokratisch helfen können. Damit gewinnen wir auch Zeit, die wir dann wieder für Notleidende einsetzen können.»

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