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Begehbares Theater

Auf zur Freakshow im Neubad

«Die grosse Menschenschau» ist in Luzern zum dritten Mal als vielseitiges Festival zu sehen.
Zora Schelbert mimt auch heuer wieder die Figur des John de Mol.
Bild: Christian Felber/zvg

Sie ist noch relativ jung und doch schon eine Luzerner Institution: «Die grosse Menschenschau». Seit 2018 existiert dieses besondere Kulturformat irgendwo zwischen Theater und Ausstellung, seit 2023 ist es im Neubad zu Hause und hat sich dabei zum Festival gemausert. Denn neben den altbekannten, jeweils 15-minütigen Monolog-Performances ergänzen Referate, Kurzfilme und musikalische Beiträge das Programm. Nun steigt ab dem 19. November die aktuelle Ausgabe der «Menschenschau» mit vier neuen «Exponaten» beziehungsweise monologisierenden Charakteren.

Dazu zählen auch Balaji Srinivasan, eine wichtige Figur der neuen libertären oder anarcho-kapitalistischen Rechten in den USA, oder Mike Schlehuber, Chef einer Firma, die in Wasserrechte und Wasserinfrastruktur investiert. Sie stehen durchaus symbolisch für das Konzept der «Menschenschau», sich Personen anzunehmen, die an den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schalthebeln unserer Weltgemeinschaft sitzen und oft nach mehr als nur fragwürdigen moralischen Prinzipien handeln.

«Zum Denken anregen»

«Menschenschau»-Mitbegründer und Autor Christoph Fellmann betont dabei aber, «dass die Texte offen sind zur Interpretation». Natürlich schwingt hier viel bissige und satirische Kritik mit. Aber Fellmann und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollen vor allem zum Denken anregen. «Die gespielten Charaktere legen ihre Sichtweise auf die Dinge dar. Man kann ihrer Argumentation folgen oder auch nicht», so Fellmann.

Marco Sieber im Neubad-Club als tödlich verunfallter Ingemar.
Bild: Christian Felber/zvg

Letztlich schreiben aber auch die Macherinnen und Macher von «einer zeitgenössischen Freakshow, einem immersiven Menschenspektakel zwischen Grusel und Realpolitik». Sympathisch sind die wenigsten unter den «Exponaten». Der Begriff wird so gewählt, weil man «Die grosse Menschenschau» tatsächlich als begehbare theatrale Ausstellung versteht. «Man kann frei und autonom herumlaufen wie in einem Museum», erklärt Fellmann. Die jeweiligen Auftritte der heuer insgesamt zehn Figuren wiederholen sich pro Abend mehrmals. Wenn man will und einem eine Performance besonders gut gefallen hat oder sie vielleicht nicht ganz verstanden wurde, so kann man sich einfach noch mal dazugesellen.

Referate zur intellektuellen Einordnung

Für die intellektuelle Einordnung sorgt pro Abend jeweils eine Expertin oder ein Experte. Die Referate behandeln die Themenbereiche, die durch die neuen Charaktere repräsentiert sind. So spricht beispielsweise die Hydrologin Petra Döll über Wasserhandel und die Tech-Journalistin Adrienne Fichter über den Anarchismus der reichen und führenden Tech-Bros. Für Musik sorgen unter anderem Magda Drozd und Vera Kappeler.

Mittwoch bis Samstag, 19. bis 22. November, jeweils ab 18.30 Uhr, Neubad, Luzern, mehr Infos auf www.menschenschau.ch

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