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Zug

Rapidshare: Der Prozess steht bevor

Rapidshare in Baar war einer der bekanntesten, aber auch umstrittensten Anbieter von Online-Diensten. Nach Einschätzung des IT-Anwalts Martin Steiger sind es die Verantwortlichen dieser Firma, die sich ab dem 12. September in Zug vor Gericht verantworten müssen.
In diesem Baarer Geschäftshaus war Rapidshare domiziliert. (Bild: Wikipedia)

Christopher Gilb

Den Millennials, also bis in die frühen 2000er-Jahren Geborenen, dürfte Rapidshare ein Begriff sein. Als es im Zuge der Verbreitung des Internets der breiten Bevölkerung möglich wurde, Dateien online auszutauschen, statt diese aufwendig auf Datenträger laden zu müssen, war die Baarer Firma oft erste Wahl.

Nach eigenen Angaben war Rapidshare damals mit über 160 Millionen hochgeladenen Dateien und täglich 42 Millionen Besuchern der weltweit grösste Filehoster. Im Oktober 2011 war der Online-Dateienspeicher-Dienst im Dreimonatsdurchschnitt sogar auf Platz 180 der am meisten aufgerufenen Webseiten der Welt. Keine andere Schweizer Firma aus diesem Bereich erlangte eine vergleichbare Resonanz. Doch immer wieder sah sich der Dienst, auch mit dem Vorwurf, Urheberrechtsverletzungen zu fördern, konfrontiert. So wurde er zeitweise zum Feindbild von Rechteinhabern und der Unterhaltungsindustrie.

Vier Tage Verhandlung

Ab dem 12. September wird nun am Zuger Strafgericht gemäss Auszug auf der Homepage darüber verhandelt, ob einzelne Personen, die in leitenden Funktionen für die «Gesellschaft A» tätig waren, in gewerbsmässiger Gehilfenschaft Widerhandlungen gegen das Urheberrecht begangen haben. Dies, weil sie einem unbeschränkten Kundenkreis File-Hosting-Dienste zur Verfügung gestellt hätten. Kunden wiederum hätten diese Dienste genutzt, um in grosser Zahl urheberrechtlich geschützte Werke hochzuladen, und den dazugehörigen Link unrechtmässig publiziert.

Die Verhandlungszeit ist auf vier Tage angesetzt. Ihre Sanktionsanträge wird die Staatsanwaltschaft erst an der Verhandlung bekannt geben. Wie der renommierte IT-Anwalt Martin Steiger aus Zürich auf seinem Blog schreibt, «ergibt sich aus den Informationen, die das Gericht veröffentlich hat, dass es um Rapidshare gehen muss». Er geht davon aus, dass es sich um Altlasten handle. Denn Rapidshare stellte Ende 2015 die Tätigkeit ein, der Handelsregistereintrag besteht aber weiterhin. Einst hatte das Unternehmen 60 Mitarbeiter. Doch hatte es immer wieder mit diversen rechtlichen Auseinandersetzungen zu kämpfen, unter anderem mit der Gema, die in Deutschland Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht verwaltet.

Möglicher Einfluss auf Urheberrechtsgesetz

Doch wieso kommt der Fall erst jetzt vor Gericht? «Verfahren im Urheberstrafrecht sind tatsächlich anspruchsvoll, gerade auch im Bereich der mutmasslichen Gehilfenschaft», spekuliert Martin Steiger auf Nachfrage. Dazu komme, dass die Schweiz keine gesetzliche Regelung der Provider-Haftung, also Haftung für Anbieter von Internetdiensten, kenne. Das heisse, es bestehe Rechtsunsicherheit bei der Frage, ob und falls ja, unter welchen Bedingungen Provider für allenfalls rechtswidrige Inhalte der Kunden strafrechtlich als Gehilfen betrachtet werden könnten. Andererseits vermute er aber, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht einstellen, sondern durch Verurteilungen mittels Strafbefehlen abschliessen wollte, womit die Beschuldigten wohl nicht einverstanden gewesen seien, weshalb es jetzt zum Verfahren komme.

Es könnte jedenfalls ein Verfahren mit Auswirkungen werden: «Je nach Urteil würde die Provider-Haftung in der Schweiz zu Gunsten der Provider oder aber der Rechteinhaber gestärkt», so Steiger. Zudem könnte das Urteil auch Auswirkungen auf die laufende Revision des schweizerischen Urheberrechtsgesetzes haben, wo die Provider-Haftung einen wichtigen Punkt darstelle – nicht zuletzt aufgrund des Drucks der amerikanischen Unterhaltungsindustrie.

Über einen allfälligen Verlauf des Prozesses will Steiger nicht spekulieren, sagt aber: Da es anscheinend um Komplizenschaft gehe, gehe er davon aus, dass die Verteidigung insbesondere versuchen werde, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Tatbestandsmerkmale der Gehilfenschaft nicht erfüllt sind. Und: «Bei der Gehilfenschaft stellt sich unter anderem die Frage, ob überhaupt ein Beihilfevorsatz vorlag, gerade auch mit Blick auf typische Provider-Dienstleistungen, wie sie von Rapidshare erbracht wurden.»

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