notifications
Luzern

Zahl der chinesischen Touristen in Luzern hat sich verfünffacht – Schweiz Tourismus reagiert und will weg vom Gruppentourismus

Schweiz Tourismus bewirbt in China nur noch «Nischenangebote» für Individualtouristen. In Luzern setzt man hingegen weiterhin auf Reisegruppen.
Luzern, wie man es kennt: Asiatische Gruppen-Touristen am Schwanenplatz. (Lz / Boris Bürgisser / LZ / Boris Bürgisser)

Robert Knobel

Das Corona-Virus hält zurzeit zwar viele chinesische Touristen von der Schweiz fern (siehe Kasten unten). Von diesem Dämpfer abgesehen gilt aber nach wie vor: China ist der grosse Wachstumsmarkt. Allein in der Stadt Luzern hat sich die Zahl der Übernachtungen von Chinesen zwischen 2008 und 2018 verfünffacht:

Inzwischen stammt etwa jeder zehnte Übernachtungsgast in Luzern aus China. Doch das Bild der Pauschaltouristen, die carweise zum Schwanenplatz gespült werden, um vor ihrer Weiterfahrt nach Mailand noch ein paar teure Uhren zu kaufen, entspricht immer weniger der Realität des chinesischen Tourismus in der Schweiz. Denn inzwischen ist eingetroffen, was Politik und Wirtschaft schon länger erwartet und gewünscht haben: Anstelle von Gruppen besuchen immer mehr Individualtouristen die Schweiz.

Luzern: Fast die Hälfte der Chinesen reisen auf eigene Faust

Gesicherte Zahlen gibt es zwar nicht, doch Schweiz Tourismus schätzt, dass 30 bis 40 Prozent der chinesischen Gäste individuell unterwegs sind. In Luzern ist der Anteil sogar noch etwas höher. Schweiz Tourismus hat bereits reagiert und richtet das Marketing für den chinesischen Markt fast vollständig auf Individualtouristen aus, wie bei einem Mediengespräch am Dienstag in Luzern bekräftigt wurde. Simon Bosshart, der bei Schweiz Tourismus für Asien zuständig ist, sagt:

«Wir sind sehr stark vom Gruppentourismus weg gekommen.»

Das bedeutet, dass man sich beim Marketing in China vor allem auf Nischenangebote konzentriert – etwa Skifahren, Kultur, Festivals etc. Aber Achtung: Wenn wir von «Nischen» reden, müssen wir uns die Dimensionen des chinesischen Markts vor Augen halten: Würde auch nur die Hälfte aller Musikliebhaber in China ein Schweizer Festival besuchen, würde dies wohl bereits die Jahreskapazität sämtlicher Schweizer Hotels sprengen. Genau dies ist der Grund, weshalb Schweiz Tourismus nicht mehr ins Gruppenmarketing investiert. Das gegenwärtige Wachstum würde die Schweiz bald an ihre Grenzen bringen. Die Strategie lautet daher: Anstatt laufend neue Hotelkapazitäten zu schaffen, sollen die bestehenden Betten möglichst gut ausgelastet und zu guten Preisen verkauft werden. Hinzu kommt, dass sich Gruppen- und Individualtourismus teils konkurrenzieren, weil Individualgäste eine Destination meiden, wenn es dort zuviele Gruppen gibt. «Gruppen haben eine verdrängende Wirkung auf Individualtouristen», sagt Jürg Stettler, Leiter des Instituts für Tourismuswirtschaft an der Hochschule Luzern. Daher brauche es eine gute Balance.

Im Winter kann Luzern nur bei Gruppenreisenden punkten

Das sieht auch der Luzerner Tourismusdirektor Marcel Perren so – er spricht von einem «Sowohl als Auch». Im Gegensatz zum nationalen Tourismusverband setzt man in Luzern weiterhin auf Gruppen als bedeutendes Standbein. «Gerade im Winter sind Gruppentouristen für uns wichtig, da die meisten Individualtouristen im Sommer kommen.»

Kommentare (0)