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Kolumne «Stadtwärts»

«Wenn du mal in unserem Alter bist...»

Das Alter ist ein omnipräsentes Thema. Zu jung für dies, zu alt für jenes – die ständige Beurteilung nervt die Autorin.

Was gibt es nicht alles für Sprüche und Fragen, wenn es um das Alter geht. Sei es, um einfach Smalltalk zu betreiben oder um ernsthaft die Lebenserfahrung anderer zu ergründen. Man kann sein biologisches Alter testen lassen, unter dem Vorwand der Gesundheitsvorsorge. Die Werbung und Lifestyle-Magazine wollen einem gar weismachen: «50 ist das neue 40!»

Der Druck, jung, je nach Trend dünn oder muskulös – also hyperflexibel – zu sein, wird erhöht. Meist um etwas zu verkaufen. Jüngst habe ich einen Aufruf gesehen, bei welchem eine Sportbekleidungsmarke Models gesucht hat, und zwar im «visuellen Alter zwischen 20 und 40 Jahren». Wie jetzt? Das alte oder das neue 40? Und wer beurteilt das nach welchen Kriterien?

Gewisse Sprüche haben mich bereits in jugendlichen Jahren genervt und tun es noch immer. Meist beginnen sie mit: «Wenn du mal in unserem Alter bist …» Da denke ich jeweils: «Lasst mich doch meine eigenen Erfahrungen machen.» Und: «Vielleicht ticke ich ja etwas anders.» Mittlerweile ertappe ich mich allerdings dabei, Sätze von mir zu geben wie: «Jaja, in deinem Alter ist die Erholungszeit noch kürzer.»

Manches hat sich über die Jahre aber nicht verändert. Ich weiss, was ich will, zugleich bin ich neugierig und offen für neue Erfahrungen. Und ich will immer noch so altern, wie es für mich stimmt. Graue Haare? Stören mich nicht. Kleider von Skate- und Surflabels? Passen. Cellulitis? Ärgert mich seit 25 Jahren, trotzdem versuche nicht, sie mit überteuerten Produkten zu mindern. Ich weiss mit meiner Zeit Spannenderes anzufangen.

Am meisten identifizieren kann ich mich mit der Plattitüde «man ist immer so alt, wie man sich fühlt». Das bedeutet, dass sich dies binnen Minuten ändern kann. Höre ich einen bestimmten Song, bin ich 13, inklusive wildem Tanzen. Reagieren meine Gelenke auf Wetterwechsel, bin ich mindestens 70 – obwohl ich heute natürlich keine Ahnung habe, wie meine Welt dann tatsächlich aussieht und was ich alles noch erlebt haben werde. Und das ist gut so.

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