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Uri

Weil alles still steht – der Urner Schwinger Michael Briker denkt über Rücktritt nach

Sportarten mit intensivem Körperkontakt sind von den Coronamassnahmen besonders hart betroffen. Für Schwinger und Judoka ist das ärgerlich. An normales Training ist nicht zu denken.
Der Kranzer Michael Briker vom Schwingklub Flüelen vermisst die Atmosphäre an den Schwingfesten. (Bild: PD)

Christian Tschümperlin

Michael Briker war sportlich auch schon auf einem anderen Niveau. «Ich muss ehrlich sagen, dass meine Muskulatur seit dem Lockdown etwas zurückging», so der Schwinger vom Schwingklub Flüelen. Derzeit finden keine Wettkämpfe oder Trainings im Sägemehl statt. Schon Ende Oktober wurden Zweikampf-Sportarten untersagt. Briker dazu: «Im Schwingen steht alles still. Uns fehlen vier Monate Training.»

Zu normalen Zeiten steht der kräftige Urner dreimal wöchentlich im Sägemehl. «Im Kanton Uri trainieren alle sechs Schwingklubs gemeinsam Kondition und Wettkampf.» Man hat eine gute Kameradschaft. Für Briker lohnte sich sein Engagement: 2019 holte er am Innerschweizerischen in Flüelen einen Kranz. Als Mitte März 2020 der Lockdown losging, hat er die trainingsfreie Zeit noch genossen: «Im Mai hätten die Kantonalen Schwingfeste stattgefunden. Hätten. Damals kam Wehmut auf.»

Schwinger ziehen Kraft aus ihren Handwerksberufen

Schwingen ist ein Amateursport mit ganz wenigen Profis an der Spitze. Die meisten Athleten arbeiten im 100-Prozent-Pensum, vorwiegend in handwerklichen und körperlich orientierten Berufen. «Dort holen sich die Schwinger ihre Fitness.» So auch Briker: Er ist zu Hause auf seinem Landwirtschaftsbetrieb tätig und arbeitet daneben noch auswärts.

Doch nun denkt der 31-Jährige über einen Rücktritt nach: «Ich weiss nicht, ob ich je wieder schwingen werde. Wenn es heuer nicht mehr klappt, fange ich vielleicht nicht mehr an.» Denn nach einem allzu langen Trainingsunterbruch habe man einen grossen Rückstand und die Unfallgefahr nehme zu.

Eigentlich hat Briker noch grosse Ziele

Dass es je wieder so wird wie früher, das will Briker nicht mehr so recht glauben: «Schwingfeste ohne Zuschauer sind nicht dasselbe.» Trotzdem hegt er den heimlichen Wunsch, 2022 noch einmal am Eidgenössischen in Pratteln (BL) teilnehmen zu können. «Das klappt aber nur, wenn wir dieses Jahr wieder anfangen können zu trainieren.»

Der eidgenössische Schwingerverband fordert, dass Corona-Einschränkungen für Profis nicht gelten. Dafür hat Briker wenig Verständnis: «Ich finde es schade, dass man auf solche Gedanken kommt. Entweder können alle schwingen oder niemand.» Für Schwinger sei es normal, ein paar Jahre nach dem dreissigsten Geburtstag den Rücktritt zu geben. «Mir wäre es daher lieber, der Schwingerverband würde sich um die Jungen kümmern.» Also um die Jungschwinger und die 16- bis 20-jährigen Aktivschwinger. Er sagt:

«Wenn diese dem Sport nicht mehr nachgehen können wegen der Corona-Einschränkungen, springen sie ab und dann stirbt das Schwingen.»

Denn momentan ist es so, dass Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre Sport treiben dürfen, aber keine Wettkämpfe bestreiten. Für alle älteren ist Training mit Körperkontakt verboten. Das gilt auch fürs Judo und Ju-Jitsu Dojo in Schattdorf. Hier gehen nur die Kleinen ihrem gewohnten Ablauf nach. Die Erwachsenen können seit März 2020 nicht mehr im Dojo trainieren. Vereinspräsident Christian Furrer sagt: «Die Kinder werden im Judo-Gi bereits vor dem Dojo von den Eltern übergeben, weil das Schutzkonzept das Umziehen in der Garderobe nicht zulässt.»

Judo ist wie Corona, es zählt der Durchhaltewillen

Beim asiatischen Traditionssport zählt vor allem der jahrelange Durchhaltewille. Trainer Furrer vergleicht das mit Corona. «Die Pandemie dauert jetzt schon lange und unser Durchhaltewillen und die Disziplin wird immer wieder gefordert.»

So kann man sich beim traditionellen asiatischen Kampfsport von Gurt zu Gurt in der Hierarchie immer weiter nach oben arbeiten. «Leider ist der Durchhaltewillen nicht mehr sehr in Mode», sagt Furrer. Kampfsportarten wie das Mixed Martial Arts (MMA) würden zunehmend Konkurrenz machen.

Dabei hätte Judo einiges zu bieten. «Im Judo versucht man, die Energie des Gegners auf den Boden zu leiten, siegen durch Nachgeben», so Furrer. Ob man aus dieser Philosophie auch etwas aus dem Umgang mit der aktuellen Krise lernen könne? Furrer sagt: «Im Judo muss jeder Mensch lernen, mit Durchhaltewillen und Disziplin die nächste höhere Gradierung «Prüfung» zu erreichen. Man trainiert sich selber oder mit einem Partner die verschiedenen Techniken, und dies zum Teil über Monate.

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