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«Ich meinti»

Von X bis Alpha: Die Interessen der verschiedenen Generationen – und was Momo damit zu tun hat

Kolumnistin Carmen Kiser macht sich Gedanken über die verschiedenen Generationen. 

«Kennt ihr Momo?» Diese Frage warf mein Mitstudent in die Runde. Die Reaktionen darauf entsprachen so einigen Klischees.

Carmen Kiser.
Bild: Bild: PD

Seit dem Herbst bin ich wieder an der Uni. Berufsbegleitend in einem Weiterbildungsstudiengang. Meine Klasse ist ein Melting Pot. Nicht so sehr, was Interessen oder Herkunft angeht, da sind wir uns alle ähnlich: weisse Akademiker und Akademikerinnen aus Familien des oberen Mittelstandes. Was sich im Studium trifft, sind die Generationen. Da ist die Generation X (1965–1979), die jetzt, wo die Kinder grösser sind, wieder Zeit hat für berufliche und persönliche Weiterbildung, sich aber ständig aufreibt zwischen Care-Arbeit daheim, verantwortungsvollem Job und eben, dem Studium.

Der Grossteil der Studierenden gehört zu den Millennials (1980–1995), die ehrgeizig ihre beruflichen Ziele verfolgen – oder einfach nicht so recht wissen, was sie mit ihrem Erststudium jetzt tun sollen, und drum ein zweites anhängen. «Unsere» Millennials gendern ganz selbstverständlich beim Sprechen und stellen sich in der Vorstellungsrunde mit Pronomen vor. Und es gibt sogar einzelne Gen-Zler (1996–2010), die mitten im Kurs aufspringen, um einen Schnappschuss für «Be Real» zu machen oder, wenn sie sich am Morgen grad nicht so fühlen, halt nicht kommen. Die Boomer (1946–1964), im Kulturbereich liebevoll «der Silbersee» genannt, sind höchstens noch als Dozenten oder Dozentinnen tätig.

Zurück zu Momo. Für die älteren Studierenden war klar: ein Roman über ein Mädchen, Zeitdiebe und einen Strassenwischer. Die Jüngeren hingegen dachten ans Essen – Momos, tibetische Teigtaschen –, und allen lief das Wasser im Mund zusammen. Das Buch von Michael Ende hingegen kannten sie nicht.

Während die vor 1980 Geborenen noch die Klassiker der Kinderliteratur aus der Bibliothek ausliehen und sich durch den Kanon lasen, bewegen sich die Jüngeren in einer globalisierten Welt, wo Asiatisches regelmässig auf dem Speiseplan steht und man ganz selbstverständlich von seinem Stage in den Bergen Nordthailands erzählt. Nur die Gen-Zler waren ruhig. Sie waren am Googeln, wo Tibet eigentlich liegt und ob Momo als Film auf Netflix verfügbar ist.

Inzwischen wird auch schon die nächste Generationenbezeichnung geprägt. Die sind jetzt noch nicht mit mir an der Uni, sondern daheim im Kinderzimmer. Die Generation Alpha. Nachdem die Gen Z sich auch als letzte Generation bezeichnet und zu einem grossen Teil lieber keine Kinder mehr in diese Welt setzen möchte (laut Befragungen), ist es ein kluger Schachzug, mit einer Generation Alpha Aufbruchstimmung, Neubeginn und Hoffnung zu suggerieren.

Ich denke bei Alpha automatisch an Alphatierchen. Und wenn ich meinen kleinen Sohn und seine Freunde so anschaue, mit ihrer Fähigkeit, ihr Umfeld so zu bearbeiten, dass sie bekommen, was sie möchten, scheint mir diese Konnotation durchaus passend. Ich bin gespannt auf die Diskussionen, die wir mit dieser jungen Generation führen werden und welche Rolle Momo in ihrem Leben spielen wird.

Carmen Kiser, Museumskuratorin aus Sarnen, äussert sich an dieser Stelle abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema.

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