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Luzern

Überraschende Wahl bei der reformierten Landeskirche: Interimspräsidentin macht das Rennen

Obwohl sie nicht offiziell kandidierte, wählte das Parlament der Luzerner Reformierten Lilian Bachmann zur neuen Synodalratspräsidentin. Es war eine Wahl mit Nebengeräuschen und Rücktritten.
Verschiedene Gefühlswelten: Lilian Bachmann (r.) ist neue reformierte Synodalratspräsidentin. Synodepräsidentin Ruth Burgherr hingegen verkündete ihren Rücktritt. 
(Bild: Dominik Wunderli (Emmenbrücke, 18. November 2020))
Im Centro Papa Giovanni in Emmenbrücke haben die Synodalen der reformierten Landeskirche das Präsidium des Synodalrats neu bestellt.
(Bild: Dominik Wunderli (Emmenbrücke, 18. November 2020))

Reto Bieri

Reto Bieri

Das 60-köpfige Parlament der Evangelisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Luzern, die Synode, hat Interimspräsidentin Lilian Bachmann überraschend zur neuen Synodalratspräsidentin gewählt. Die Wahl wurde notwendig, weil die bisherige Präsidentin, die frühere Luzerner Stadträtin Ursula Stämmer-Horst, im März einer Krebserkrankung erlag. Seit diesem Zeitpunkt führt Bachmann, die seit 2016 im Synodalrat das Departement Recht betreut, vorübergehend die Exekutive der Luzerner Reformierten. Sie setzte sich gegen die beiden offiziellen Kandidaten Alexander von der Marwitz (Luzern) und Thomas Widmer (Weggis) durch.

Die Wahl im Centro Papa Giovanni in Emmenbrücke entpuppte sich als veritabler Krimi und zog sich den ganzen Mittwochmorgen hin. Zwei Ordnungsanträge verlangten, auf einige Traktanden zu verzichten, damit sich die Sitzung wegen Corona nicht in die Länge zieht. Die Fraktion Land wollte zusätzlich die Wahl für das Synodalratspräsidium abtraktandieren. Synodemitglied André Karli (Pfaffnau) sagte dazu: «Führen wir die Wahl durch, führt es zu einem Scherbenhaufen, die Presse sollte kein Futter erhalten. Verschieben wir die Wahl in den Frühling.»

Beide Kandidaten haben anspruchsvolle Auswahlverfahren durchlaufen

Alexander Boerlin (Luzern), Vizepräsident der Synode, war anderer Meinung. Die Vakanz bestehe bereits seit acht Monaten, die Coronakrise habe die Situation verschärft. «Der Synodalrat ist stark beansprucht, zumal er erst vor kurzem von sieben auf fünf Mitglieder verkleinert wurde.» Die beiden Kandidaten hätten ein anspruchsvolles Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen. Die Geschäftsleitung der Synode habe den Entscheid mit 9 zu 1 Stimme gefällt.

Für Daniel Schlup (Udligenswil) stellte eine Verschiebung der Wahl ein Misstrauensvotum gegen die Geschäftsleitung der Synode dar, es sei eine Ohrfeige für die Kandidaten und werfe ein schiefes Licht auf die reformierte Landeskirche. Auch Urs Brunner (Rigi Kaltbad) plädierte für die Wahl:

«Unser Auftrag ist handeln,
nicht wegducken.»

Norbert Schmassmann (Luzern) hingegen befürchtete eine Schlammschlacht. «Beide Kandidaturen überzeugen nicht, es gibt Unmut. Eine Denkpause würde sich lohnen, dieses Wahlgeschäft ist nicht reif.» Für eine Verschiebung plädierte auch Beatrice Barnikol (Honau): «Das ist kein Misstrauensvotum, sondern eine überlegte Handlung zu Gunsten der Landeskirche.» Für Max Kläy (Meggen) machte es wenig Sinn, wenige Monate vor Legislaturende einen neuen Präsidenten zu wählen.

Urs Thumm (Rothenburg) hingegen sagte, er habe bisher keinen sachlichen Grund gehört, um auf die Wahl zu verzichten. Die Synode lehnte schliesslich mit 24 Ja zu 26 Nein hauchdünn den Antrag ab, die Wahl abzutraktandieren.

Bei der anschliessenden Wahl folgte dann die grosse Überraschung. Die sichtlich perplexe Lilian Bachmann setzte sich mit 21 Stimmen an die Spitze, gefolgt von Alexander von der Marwitz (15) und Thomas Widmer (13). Da niemand das absolute Mehr erreichte, musste ein zweiter Wahlgang entscheiden. Widmer zog sich als Drittplatzierter zurück. Lilian Bachmann erklärte, sie würde eine allfällige Wahl annehmen.

Hauchdünne Mehrheit für Liliane Bachmann

Vor der zweiten Runde sagte Daniel Schlup: «Lilian Bachmann wäre die falsche Wahl. Ihr Führungsstil ist zu dominant.» Die Kritisierte sagte, sie interpretiere das Wahlresultat als Votum für die gute Arbeit des gesamten Synodalrats. Bachmann: «Wir sind ein gutes Team, gerade in einer so grossen Ausnahmesituation.» Support erhielt sie von Synodemitglied Werner Hofmann (Emmenbrücke): «Lilian Bachmann leitet das Gremium kompetent und kollegial. Zudem haben wir die Gelegenheit, eine Frau ins Amt zu wählen.»

Tatsächlich schaffte Bachmann die Überraschung, wiederum hauchdünn: 24 Stimmen für Bachmann, 23 für Marwitz. Es war übrigens das erste Mal in der 50-jährigen Geschichte der Landeskirche, dass es bei Synodalratswahlen zu einer Kampfwahl kam. Dafür eine umso spannendere.

Rücktritt soll bessere Zusammenarbeit ermöglichen

Ein weiterer Paukenschlag folgte am Versammlungsende: Synodepräsidentin Ruth Burgherr (Horw) und Vizepräsident Alexander Boerlin verkündeten ihren sofortigen Rücktritt aufgrund des Misstrauensvotums der Synode. Burgherr hofft, dass durch diesen Schritt wieder eine spannungsfreie Zusammenarbeit zwischen Synode- und Synodalratspräsidium möglich wird, sagt sie auf Nachfrage dieser Zeitung.

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