Ein Schützenfest, wie man es zuletzt im 2015 im Wallis feierte, wird es heuer in Luzern gewiss nicht geben. Trotzdem ist klar: Das Eidgenössisches Schützenfest Luzern findet diesen Sommer definitiv statt – in dezentraler und abgespeckter Form. Der Entscheid fiel gemeinsam mit dem Schweizer Schiesssportverband (SSV) und nach einer landesweiten Konsultation aller kantonalen Schützenorganisationen.
«Das ist in dieser Jahrhunderte alten Tradition noch nicht oft vorgekommen»,
erklärte OK-Präsident und Regierungsrat Paul Winiker und meinte damit die vielen Hürden rund um die Verschiebung und Neukonzeptionierung des ESF Luzern.
Geplant waren Schiesswettbewerbe dezentral an elf Standorten. Parallel dazu hätten ein grosses Public Viewing und weitere Events in Luzern stattfinden sollen. Nach der Verschiebung im März 2020 begann der «Marathon oder Hürdenlauf», wie Vizepräsident Philipp Bühler die letzten zwölf Monate beschreibt. Dank Unterstützung mittels Covid-Fonds und einer nach wie vor positiven Festabrechnung war eine Verschiebung um ein Jahr überhaupt erst möglich. «Uns war schnell klar, dass dies keine ‹Copy-Paste-Aktion› vom 2020 ins 2021 wird».
Im Januar stand das OK dann vor einer zweiten grossen Hürde. Ein Sonderstab des ESF Luzern hat im ersten Quartal dieses Jahres die Coronasituation sehr genau beobachtet und die Planungsdetails immer wieder neu angepasst. Die Hauptpartner waren stets mit an Board. Am 17. März kam dann das Organisationskomitee mit seinen 24 Trägervereinen zusammen, um die Lage neu zu beurteilen.
Alle Hoffnung ruht auf Domo
Die Organisatoren waren sich der komplizierten Situation bewusst. «Eine Absage war und ist aber weder eine Variante noch eine Alternative», gibt Philipp Bühler klar zu verstehen. Die Neukonzeption «Domo» (lateinisch für Zuhause) wird ins Leben gerufen und eröffnet dem eidgenössischen Schiessanlass ganz neue Möglichkeiten.
Domo schliesst in seiner Beurteilung die drei Faktoren Raum, Zeit und Mensch mit ein. Faktor «Raum» besagt, dass die rund 40'000 erwarteten Schützinnen und Schützen ihre Wettkämpfe nicht nur in den elf vorgesehenen Wettkampfstätten, sondern verteilt in der gesamten Schweiz in heimischen Schiessständen absolvieren. Dementsprechend steht viel mehr «Zeit» für Wettkämpfe zur Verfügung.
Gut möglich, dass sich der ein oder andere Schütze ohne Reiseaufwand zu einer Teilnahme motivieren lässt. Faktor «Mensch» bezieht sich auf die heutigen technologischen Möglichkeiten, wonach gewisse Abläufe automatisiert und beispielsweise die Resultate elektronisch an die Auswertungszentrale übermittelt werden können. Punkto Sicherheit sind Schnelltests ein Thema. «Die Sicherheit steht an erster Stelle», so Bühler.
Von Emmen in die gesamte Schweiz
Das ESF 2021 startet am 5. Juni mit dem geplanten Eröffnungsschiessen in Emmen. Es folgt die Dezentralisierung.
«Aus dem Kanton Luzern verlegen wir die Wettkämpfe in die gesamte Schweiz»,
erklärte Bühler weiter. Die Schützinnen und Schützen absolvieren vom 11. Juni bis zum 11. Juli sämtliche Qualifikationswettkämpfe in ihren Schiessständen. Dasselbe gilt für die Auslandschweizer, die mit dabei sind – einfach mit noch mehr Distanz.
Ob der Armeewettkampf stattfindet, wird kommende Woche entschieden. Der Wettkampf um die Schützenkönigin und den Schützenkönig wird schliesslich wieder in Emmen ausgetragen. Das grosse Schützenfest mit dem offiziellen Absenden oder auch Rangverlesen genannt, findet im Oktober in Luzern statt. Dank Domo hat das OK um einiges mehr Handlungsfreiheit. «Das Risiko einer Absage ist sehr klein, da wir sehr dezentral und auf der Zeitachse nicht mehr parallel, sondern seriell arbeiten», so Bühler.
Engere Zusammenarbeit mit den Vereinen
Die neue Durchführungsvariante wurde von der Schützenbasis durchwegs positiv aufgenommen. Das Organisationskomitee ist in engem Austausch mit den Kantonalpräsidenten der Schützenverbände. «Wir wollen eine gute Lösung für die Schützen finden», beteuert Luca Filipini, Präsident des Schweizer Schiesssportverbandes (SSV). Die Detailplanung sieht vor, den Vereinen genaue Anweisungen zu geben, wie die Resultate abgerechnet und schliesslich an die Auswertungszentrale übermittelt werden. «Der Teufel steckt im Detail», wie Filipini betont und diese technischen Aspekte durchaus als Herausforderung erachtet.
Am 19. April ist der sogenannte «Point-of-no-return», an dem definitiv entschieden wird, ob der Anlass stattfindet oder nicht. Der finanzielle Schaden bei einer Absage nach dem 19. April wäre immens, fast doppelt so hoch wie bei einer Absage vor dem Point-of-no-return. Trotz gelungener Neukonzeption zeigt sich OK-Präsident Paul Winiker wehmütig.
«Klar wird uns das Fest am ESF fehlen, aber wir machen das Beste aus der aktuellen Situation».
Klar ist, dass das OK ESF Luzern mit diesem Entscheid ein Zeichen setzt. Ein Zeichen für den Sport, für die Gesellschaft und die langjährige Tradition.