Ines Häfliger
Ines Häfliger
Die Zeiten, als nur Punks oder Rocker tätowiert waren, sind längst vorbei. Die Tinte unter der Haut ist salonfähig geworden. Dementsprechend bunt durchmischt ist die Klientel: «Den durchschnittlichen Kunden gab es einmal vor 30 Jahren. Das ist heute vorbei», so Luc Grossenbacher, Präsident vom Verband Schweizerischer Berufstätowierer (VST). Auch die Tattoostudios haben sich gewandelt. Paradebeispiel ist das Zürcher Körperkunstimperium «Giahi». Dessen Filialen ähneln Designausstellungen – die schäbige Hinterhofatmosphäre sucht man hier vergebens.
Das Luxus-Konzept scheint anzukommen: Die Giahi AG besitzt zwei Filialen in Zürich sowie je eine in Winterthur und Basel. Mit rund 530 Quadratmetern ist das Tattoo- und Piercingstudio an der Zürcher Löwenstrasse das grösste seiner Art in Europa. Kommenden Frühling expandiert die Zürcher Tattoo-Kette nach Luzern.
«Mit unserem Konzept zielen wir nicht bloss auf Personen aus der Tattooszene. Wir wollen die Kunstform allen zugänglich machen».
Giada Ilardo
Die neue «Giahi»-Filiale liegt inmitten der Luzerner Altstadt an der Grabenstrasse 1 – vis-à-vis von der Confiserie Heini und dem Schokoladengeschäft Läderach am Falkenplatz. Sie ersetzt die frühere Falken-Apotheke. Diese musste Ende Juni ihre Pforten schliessen, als der neue Liegenschaftseigentümer einen höheren Mietzins einforderte (wir berichteten). In der zweistöckigen «Giahi»-Filiale soll nicht nur gepierct und tätowiert, sondern auch konsumiert werden. Dafür sorgen eine Snackbar und ein Accessoire-Shop. Letzterer wird Piercings, Schmuckstücke und Uhren anbieten – kreiert von Giada Ilardo, der Firmengründerin persönlich.
Firma ist bis zu 10 Millionen wert
Ilardo ist eine bekannte Grösse in der Branche, 2016 schätzte das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» den Unternehmenswert auf 5 bis 10 Millionen. Ihren Erfolg hat sie sich hart erarbeitet: Mit nur gerade 16 Jahren gründete Giada Ilardo in Altstetten ihr erstes Tattoostudio.
Alles was sie damals hatte, waren 1000 Franken Startkapital von ihrer Mutter. Eine Lehre schloss die Tochter italienischer Einwanderer nie ab. Die Kunden kamen trotzdem. Auch prominente: So liessen sich bereits der Sänger Pete Doherty und der US-Rapper Kendrick Lamar bei «Giahi» tätowieren. «Mit unserem Konzept zielen wir nicht bloss auf Personen aus der Tattooszene. Wir wollen die Kunstform allen zugänglich machen», erklärt Giada Ilardo. So hebe man sich von der Konkurrenz ab.
Auch von der Luzerner: Rund 20 offizielle Tattoostudios buhlen heute in der Stadt um potenzielle Kundschaft. Eines davon, das Star Tattoo Luzern, liegt sogar direkt gegenüber am Falkenplatz; zwei weitere befinden sich in der Nähe.
«Dieser frische Wind kann der Stadt nur guttun.»
Josef Williner, Präsident der City-Vereinigung Luzern, sieht die Verdichtung von Tattoostudios in der Altstadt gelassen: «Die Differenzierung von der Konkurrenz ist ein üblicher Mechanismus im Detailhandel.» Schliesslich könnten auch unzählige Kleidungsläden nebeneinander bestehen. Als Vertreter des Luzerner Gewerbes begrüsst Williner die neue Filiale aus zwei Gründen: Einerseits sei es gut, dass keine Räumlichkeiten in der Innenstadt leer stehen würden. Zudem locke das neue Tattoo- und Piercingstudio ein junges Publikum nach Luzern. «Dieser frische Wind kann der Stadt nur guttun.»
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