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Zug

«Standpunkt»: Rettet unsere Kulturgüter

Gemeinderat Ignaz Voser über das Verschwinden historischer Bauernhäuser aus dem Kanton Zug.

Acht historische Bauern­häuser sind in den letzten Jahrzehnten in der Stadt Zug verschwunden. Ursache waren Brände oder Abriss, um Raum für Überbauungen zu schaffen. Zwei dieser wertvollen Zeugen, das Haus Fröschenmatt und die obere Roostmatt von 1571, waren im Eigentum der Stadt Zug. Das Haus Schochenmühle von 1799 soll nun folgen. Weiter verschwanden in den letzten Jahren das Haus Grafenau, das Hasenbühl, das Bauernhaus mit Restaurant Bellevue, die Bauernhäuser Spielhof und Artherstrasse 127 in Oberwil. Zudem ist das Bauern­haus Letzi 1 gefährdet. Bei zwei weiteren Bauern­häusern in der Nähe der Stadt wütete ebenfalls der Feuerteufel (Aesch Walchwil und Inkenberg Allenwinden).

Nun soll auch das durch einen Brand teilweise beschädigte Bauernhaus Schochenmühle verschwinden. Dieser Verlust schmerzt, da er zum grossen Teil mit der Unfähigkeit gewisser Exekutivpolitiker zu tun hat. Statt unverzüglich mit der Reparatur der Brandschäden zu beginnen, wird der Ball während Jahren zwischen Kanton und Stadt hin- und hergeschoben.

Weil das historische Haus auf einem möglichen Halb­anschluss zur Autobahn steht, muss es einfach weg. Dies, obwohl ein Richtplaneintrag nichts mit einer definitiven Linienführung zu tun hat. Das Hertiquartier – das ist schon heute klar – will sich auf keinen Fall «sein Grüngebiet» gegen Westen durch einen Autobahnanschluss zerschneiden lassen. Klar ist somit auch, dass dieser Halbanschluss politisch keine Chance hat. Gerade darum kann die Stadt dieses Gebäude erhalten, es bräuchte aber einen klaren politischen Willen.

Unverständlich ist, dass der Zuger Stadtrat nicht Fakten für einen möglichen Erhalt, sondern Lösungen für den Abriss sucht. Er will damit der Öffentlichkeit vorgaukeln, dass es keinen Weg für diesen Zeugen unserer Baukultur gibt.

Das rechtlich klare Argument der Bestandesgarantie wird völlig ausgeklammert. Es wird immer nur von Wiederaufbau und nicht von Reparatur gesprochen. Gegen eine Renovation könnte auch der Kanton, trotz Richtplan­eintrag, nichts einwenden. Der Stadtrat will mit dem Entfernen des Bauernhauses sogar auf einen Teilbeitrag der Gebäudeversicherung verzichten. Auch auf den Besitzstand von drei Wohnungen soll einfach verzichtet werden. Bei der gegenwärtigen Wohnungsnot in Zug darf auf keinen Fall bestehender Wohnraum vernichtet werden. Jede Wohnung zählt!

Der Stadtrat muss sich vermehrt zum Wohl seiner Bürgerinnen und Bürger engagieren. Das Argumentieren mit dem «Mahnfinger der Regierung» heisst für mich Verzicht auf einen Teil der Autonomie der Stadt.

Nochmals: Die Bestandes­garantie der drei Wohnungen muss hier angewendet werden. Die Meinung der Bevölkerung gegen den Halbanschluss in den Mitbestimmungsprozessen der Stadtplanung soll ernst genommen werden.

Unsere typische Baukultur mit ihren Bauernhäusern, die einst wie ein Kranz unsere Stadt umsäumten, soll nicht vollständig aufgegeben werden. Die Stadt muss ihre Verantwortung übernehmen.

In der Kolumne «Standpunkt» äussern sich Mitglieder des Grossen Gemeinderats zu frei gewählten Themen. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

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