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Studie

Stadt Luzern fehlt der geeignete Wohnraum – für Reiche

Das Bevölkerungswachstum ist in der Stadt Luzern geringer als in vergleichbaren Städten, zudem werden weniger Wohnungen gebaut als in den Nachbargemeinden. Der Stadtrat wollte wissen, weshalb dies so ist.
Es besteht in der Stadt Luzern eine Knappheit an geeignetem Wohnraum für verschiedene Bevölkerungsgruppen.
Bild: Symbolbild: Pius Amrein (Luzern, 4. 2. 2022)

Die Stadt Luzern vermisst gut betuchte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Anteilsmässig tragen die direkten Steuern der natürlichen Personen immer weniger zu den Gesamtsteuereinnahmen der Stadt bei: Der Anteil ist von 2019 bis 2023 von 73 auf 59 Prozent gesunken, wie die Stadt mitteilt. Zwar liegt das auch daran, dass die Firmensteuereinnahmen stark gestiegen sind. Dennoch liege die Entwicklung bei den natürlichen Personen unter den Erwartungen. Sie verlaufe schwächer als in umliegenden Agglomerationsgemeinden, «namentlich Horw und Meggen», wie die Stadt schreibt.

Finanzdirektorin Franziska Bitzi (Mitte) sagt auf Anfrage, dass es zwar schön sei, dass die Steuereinnahmen von Unternehmen steigen. Jedoch wolle man kein Klumpenrisiko. Die Steuereinnahmen von natürlichen Personen seien nämlich stabiler als jene von Unternehmen, die grösseren Schwankungen unterlägen.

Die Finanzdirektion der Stadt Luzern gab deshalb bei Wüest Partner AG eine Studie für 50’000 Franken in Auftrag, um herauszufinden, wie man das Bevölkerungswachstum ankurbeln könnte und ob man sich mit den städtischen Strategien auf dem richtigen Weg befinde.

Es wird weniger gebaut als in der Agglo

Die Studie liegt nun vor. Sie kommt zum Schluss, dass die Stadt exzellente Standortqualitäten, hohe Lebensqualität, gute Erreichbarkeit und eine attraktive Infrastruktur biete. Es fehle aber an passenden Wohnungen für alle Bevölkerungsgruppen. Es entstünden auch weniger Wohnungen als in den umliegenden Gemeinden. «Im innerstädtischen Bereich zu bauen ist natürlich schwieriger als in den Nachbargemeinden, wo es noch mehr Bauland hat. Vor allem im Vergleich mit Kriens und Emmen, die eine grosse Wohnbautätigkeit haben, hat Luzern nicht die gleichen Möglichkeiten an Land», sagt Bitzi.

Die Knappheit an Wohnraum, so die Studie, gelte nicht nur im preisgünstigen Segment, sondern auch für einkommensstarke Haushalte. Gut situierte Haushalte suchen nach grösseren, hochwertigen Wohnungen an bevorzugten Lagen. Der Wanderungssaldo zeigt auf, dass tendenziell eher Haushalte mit geringerem Einkommen, beispielsweise Studierende, in die Stadt Luzern ziehen. Einkommensstärkere Haushalte, unter anderem Doppelverdienerpaare ohne Kinder oder Familien, ziehen hingegen eher weg. Das führt in der Tendenz zu geringeren Steuererträgen der natürlichen Personen. «Der Luzerner Wohnungsmarkt funktioniert aber insgesamt nicht mehr; in sämtlichen Preissegmenten», so Bitzi.

Kumulierter Wanderungssaldo ab 2018 nach Haushaltstypen Stand 2021. (Dinks=Doppelverdienerpaare ohne Kinder, 1E=Einelternfamilien, 2E=Zweielternfamilien, 1P=Einpersonenhaushalt, 2P=Zweipersonenhaushalt, 25+=25 Jahre alt und älter)
Bild: Quelle: Strukturerhebung BFS, Kaufkraftmodell Wüest Partner AG

Wegen der geringen Bautätigkeit würden die Luzerner und Luzernerinnen oft auch in zu grossen oder zu kleinen Wohnungen verbleiben. Dazu ist eine Grünen-Motion hängig, die die Stadt auffordert, aufzuzeigen, wie sie Umzüge von Eltern, wenn die Kinder ausgezogen sind, fördern könnte. Der Flächenverbrauch ist stetig gestiegen. «Früher hatten die Kinder oft noch kein eigenes Zimmer, zum Beispiel», so Bitzi.

Mehr grössere Wohnungen nötig

Will die Stadt nun ihre Strategie zur Förderung preisgünstiger Wohnungen anpassen? Nein, so Bitzi. Die Politik habe die Aufgabe, dass bis im Jahr 2037 der Anteil gemeinnütziger Wohnungen auf mindestens 16 Prozent steigt. Die Studie sei als Faktengrundlage nutzbar. Diese bestätige, dass die Stadt richtig liege mit den bereits vorliegenden Strategien wie dem Raumentwicklungskonzept , der städtischen Wohnraumpolitik , der Mobilitätsstrategie oder der Zusammenführung der Bau- und Zonenordnung.

Aber es müssten auch grössere Wohnungen produziert werden, jedoch vermehrt von privaten Akteuren, so Bitzi. Wohnbaugenossenschaften machen das teilweise schon, indem sie auch grosszügigere, hochwertige Wohnungen mit höheren Mietpreisen bauen.

Ein vielfältiger Wohnungsmix sei von zentraler Bedeutung, damit die Stadt den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Bevölkerung gerecht werden, eine gute soziale Durchmischung fördern und eine Ausgrenzung vermeiden könne, so die Stadt in der Mitteilung.

Die Studie enthält unter anderem folgende Handlungsempfehlungen:

Erhöhung der Wohnungsproduktion sowie Entwicklung eines vielfältigen Wohnungsmixes, der die Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen berücksichtigt.

Schaffung von Stadtteilen, in denen alle wichtigen Einrichtungen innerhalb von 15 Minuten erreichbar sind, um die Lebensqualität zu erhöhen und den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren.

Verbesserung der Attraktivität von Quartieren durch Verkehrsberuhigung, Ausbau von Grünflächen und soziale sowie kulturelle Angebote.

Aufzonungen und Anpassungen der Bau- und Zonenordnung, um zusätzliches Entwicklungspotenzial durch Verdichtung zu schaffen und Investitionen zu fördern.

Die Handlungsempfehlungen seien grösstenteils bereits in den verschiedenen Strategien der Stadt enthalten, sagt Bitzi. Und weiter: «Wir verfolgen das schon im Raumentwicklungskonzept, dass vielfältiger Wohnraum gefördert wird.» Wichtig sei nun, zeitnah und regelmässig Baurechte auf städtischen Liegenschaften erteilen zu können sowie die Baubewilligungsverfahren zu beschleunigen. Weitere Massnahmen würden vom Stadtrat geprüft.

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