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Zug

Roger Elsener – der Medienmann, der heimgekommen ist

Roger Elsener ist der Chef der Radio- und TV-Sparte von CH Media. Der gebürtige Zuger hat eine Herkulesaufgabe zu meistern.
Roger Elsener, Geschäftsleiter des TV-/Radio-Bereichs von CH Media, ist mit Zug stark verwurzelt. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 9. Dezember 2019))

Haymo Empl

Die Weihnachtsstimmung könnte kaum opulenter sein als im Globus Zürich-Bellevue. Zwischen Christbaumkugeln, Luxusparfüms und falschen Christbäumen befindet sich versteckt in der ersten Etage das Bistro/Café Tatar. Freundliches Personal, ausgewählte Häppchen und verschiedene Kuchen in einem von einem italienischen Designer erdachten Ambiente ganz aus Gold.

Roger Elsener betritt die Szenerie zum vereinbarten Gespräch auf die Minute pünktlich. Das Dekor im Lokal wäre ideal für den Auftritt eines Sonnenkönigs. Das ist Roger Elsener nicht: Er wirkt bodenständig, sein Begrüssungslachen ist echt, seine Attitüde authentisch. Er hetzt von einem Termin zum anderen, die Auswahl der Lokalität war daher eine praktische Wahl, sie liegt für den Medienmann ideal zwischen verschiedenen Geschäftsterminen. Dennoch passt das Bild eines Königs irgendwie, denn das ist Roger Elsener seit ein paar Monaten in der Medienwelt.

Der gebürtige Zuger deponiert seinen Rucksack, stellt das Smartphone auf lautlos und schaut sich dann interessiert um. «Hier war ich noch nie», sagt er und bestellt einen Cappuccino. Ob er extra stark sein soll, fragt die Bedienung. Roger Elsener verneint. Die Frage wäre angebracht, wenn man weiss, was der gebürtige Edlibacher derzeit durchmacht. 15-Stundentage, zehn Weihnachtsessen, Medienanfragen und viele Mitarbeitergespräche. Dennoch wirkt Roger Elsener unglaublich frisch – am Aussehen kann die Frage nach dem starken Cappuccino also nicht liegen.

Ein Zuger in der weiten Welt

Elsener hat keine leichte Aufgabe: Er leitet die grösste private Radio-Sendergruppe und seit der Übernahme der 3+ Sendergruppe im Oktober auch die grösste private TV-Sendergruppe der Schweiz, und er wird die zum Konzern gehörenden Sender TeleZüri, Radio 24 und die nationalen TV- und Radio-Sender unter ein Dach bringen. Das Projekt Leonardo, unter welchem ab 2021 in Zürich Oerlikon Mediengeschichte geschrieben werden soll, ist gigantisch. Eine menschliche und organisatorische Herausforderung.

Der Mann, der einst Menzingen verliess, um in die Welt zu ziehen und dort das TV-Business umkrempelte, um hernach wieder zurückzukommen – dieser Mann sprüht vor Tatendrang, Ideen und ganz offensichtlich weiss er auch, wie er all das umzusetzen hat. Kein Sonnenkönig also, sondern einfach einer, der gerne anpackt. Diese «Chrampfer-Mentalität» hatte Roger Elsener unter anderem auch von seinem Vater. Die Mutter starb zu früh, die beiden Buben Roger und Christian lebten mit dem Vater in Edlibach. Gearbeitet wurde zu Hause immer, nach dem Verlust der Mutter noch mehr. Seine Eltern haben Elsener mit ihren Werten geprägt.

Klare Wertvorstellungen mitbekommen

Spricht Roger Elsener vom Zugerland, von seinem Vater und dem Elternhaus, spürt man, dass hinter dem studierten Medienökonom kein reiner Zahlenmensch steckt, sondern jemand, der hochemotional ist. «Fernsehen ist letztendlich meistens auch sehr emotional», erklärt Elsener und betrachtet gedankenverloren die sich drehenden goldenen Girlanden. Die Reflexion spiegelt sich in seinen Augen.

Roger Elsener erzählt von der Kanti Zug, als 13-Jähriger weg vom kleinen Edlibach in ein anderes Umfeld; das sei für ihn damals schon wahnsinnig gewesen, unten in Zug wo plötzlich nicht mehr nur Zugerdeutsch gesprochen wurde. Den Dialekt hat der 41-Jährige mittlerweile abgeschliffen, zu hören ist er aber immer noch. Vielleicht auch, weil Roger Elsener wieder zurückgekehrt ist.

Viel Bodenständigkeit und Enthusiasmus

Diese helvetische Bodenständigkeit mit den entsprechend vom Vater vermittelten und gelebten Werten war in seiner Laufbahn meistens ein Vorteil, aber nicht immer. «In Berlin beispielsweise tönt jeder im Medienbusiness erstmal gross», erklärt Roger Elsener seine Zeit als Chef der Viacom International Networks zu welchem auch MTV/Viva gehörten. Dieses Auftreten der Berliner habe ihn zuerst eingeschüchtert.

«Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, dass die auch nur mit Wasser kochen».

Roger Elsener weiss, wie schwierig die Situation in den Medien ist. Im TV kann Werbung überspult werden, tagsüber läuft Teleshopping und die Familie versammelt sich schon lange nicht mehr vor dem Fernseher für eine grosse Samstagabend-Unterhaltungsshow. Netflix hat auf den heimischen Set-Top-Boxen Einzug gehalten, die Kids schauen sich Schmink-Tutorials auf Youtube an. Es scheint ganz so, als ob niemand mehr fernsieht. Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache: 3+ beispielsweise ist mit Formaten wie «Der Bachelor» oder «Bauer, ledig, sucht…» auf Erfolgskurs, weitere zur Gruppe gehörenden Sender wie TV24 ziehen mit «Die Höhle der Löwen Schweiz» oder «Ninja Warrior Switzerland» nach.

Streaming, verändertes Nutzerverhalten: Angst hat Roger Elsener davor nicht. Und man glaubt ihm, wenn er sagt, dass er mit seinem Team den Schweizer Medien- und vor allem den TV- und Radio-Markt in die Zukunft führen wird. Der Cappuccino ist ausgetrunken, die Bedienung fragt, ob Roger Elsener noch einen möchte. Dieses Mal ohne die Frage «extra stark»?

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