Markus Zwyssig
Markus Zwyssig
Markus Zwyssig
«Ein Stück Himmel» ist ein berührender Film über einen Mann, der an einem Gehirntumor erkrankt. Erzählt wird aber auch eine Liebesgeschichte in schweren Zeiten. Gedreht wurde der Film in Isenthal und auf Gitschenen. Es spielen viele Urnerinnen und Urner mit. Unsere Zeitung sprach mit Regisseur Michael Koch.
Michael Koch, wie kamen Sie auf den Drehort Isenthal?Es gibt mehrere Aspekte, die mich dazu bewogen haben, im Isenthal zu drehen. Auf der kurvenreichen Fahrt durch massives Gestein ins Tal hinein kann man sehr gut filmisch die Abgeschiedenheit des Dorfs zeigen. Das ist ein Aspekt, der in der Geschichte sehr wichtig ist. Zu sehen ist aber auch die Vielfalt der Natur mit dem engen und schattigen Tal und der Hochebene auf Gitschenen mit einem beeindruckenden Panorama. Im Film versuchen wir die Natur in der Urner Bergwelt in ihrer ganzen Vielfalt abzubilden. Ein weiterer und fast der wichtigste Aspekt schliesslich ist, dass wir den Film mit den Menschen vor Ort drehen wollten. Hier in Isenthal und auf Gitschenen habe ich Menschen getroffen, die mich sehr interessierten und die für mich gut zu den Figuren, wie ich sie mir im Drehbuch vorgestellt habe, gepasst haben.Haben Sie Isenthal bereits vor den Dreharbeiten gekannt?Isenthal kannte ich ein bisschen vom Wandern. Ich bin relativ viel in den Bergen unterwegs und habe in der Vorbereitung auf den Film verschiedenste Täler bewandert und Dörfer besucht. Während der Dreharbeiten habe ich dann das Tal noch einmal besser kennen gelernt, und zwar in den verschiedenen Jahreszeiten. Die grosse Vielfalt, die sich auf diesem kleinen Fleck Erde finden lässt, war eine echte Entdeckung.Die Geschichte, die sie in ihrem Film erzählen, ist aber sehr tragisch. Wie passt das zu dieser idyllischen Landschaft?Die Landschaft ist bewusst gewählt für die Geschichte. Marco, die Hauptfigur im Film, erkrankt an einem Tumor. Aufgrund seiner Erkrankung kann er sein Verhalten nicht mehr kontrollieren. Er ist seiner Krankheit ausgeliefert. Auch in der Bergwelt gibt es Kräfte, denen wir Menschen ausgeliefert sind. Sie können sehr mächtig sein, manchmal zerstörerisch. Neben dem idyllischen Charakter der vorgefundenen Landschaft sind für mich diese Kräfte ebenfalls vorhanden. Am Ende glaube ich, ist die Natur stärker als wir. Diese Kraft der Natur kann aber auch etwas Tröstendes haben. Sie ist mächtiger als wir, wird uns überdauern und auch ohne uns weitermachen. Wir spielen am Ende nur eine untergeordnete Rolle, wenn man das grosse Ganze betrachtet.In einem solchen Film mitzuspielen, das ist für Laien sehr anspruchsvoll. Werden die nicht überfordert?Ja, das ist tatsächlich sehr anspruchsvoll. Ich musste anders arbeiten als mit professionellen Schauspielern. Das war aber für dieses Projekt genau richtig. Der Grund, weshalb ich mich für Laien entschieden habe, ist, dass der Film in seiner Wirkung ein hohes Mass an Authentizität ausstrahlen soll. Die Körper und die Gesichter der Darsteller tragen sehr viel dazu bei. Wenn ein Schauspieler einen Bergbauern verkörpern muss, der seit fünfzig Jahren an steilen Urner Berghängen arbeitet, dann wird es immer ein bisschen gespielt aussehen. Wenn man das über Jahrzehnte macht, sind die Handbewegungen eingeschliffen und der Körper ist von der strengen Arbeit geformt. Das ist alles derart verankert, dass man das nicht einfach nachspielen kann. Ausserdem sind im Urnerland Charakterköpfe vorhanden, die in gängigen Schauspielkreisen nicht zu finden sind.Wie schwierig war es für Sie, die richtigen Laien zu finden? Es war ein langer Weg. Über mehrere Jahre hinweg war ich an Schwingfesten, Viehschauen und Dorffesten. Ich habe Menschen angesprochen, bei denen ich fand, sie würden zu einer bestimmten Rolle passen. Die meisten Darsteller im Film sind Urner, viele kommen aus dem Isenthal. Alle haben das sehr gut gemacht. Insbesondere Hauptdarstellerin Michèle Brand war für mich eine Entdeckung. Von auswärts kommt Hauptdarsteller Simon Wisler, weil das auch in der Geschichte so sein muss. Seine Erscheinung ist eine Wucht. Ich bin sehr glücklich mit all meinen Darstellerinnen und Darstellern. Jeder Einzelne trägt mit seiner Eigenheit und seinem Charakter einen wichtigen Teil zum Film bei.Wie haben die Isenthaler auf die langen Dreharbeiten reagiert? Das Klischee vom knorrigen, mürrischen Bergler habe ich nicht angetroffen. Zurückhaltend am Anfang vielleicht, ja. Aber dann wurden wir mit einer Herzlichkeit, Offenheit und Ehrlichkeit empfangen. Das hat mich nachhaltig beeindruckt. Es wurde praktisch alles möglich gemacht, was wir Filmer uns gewünscht haben. Ich wüsste keinen besseren Ort, an dem wir hätten drehen können. Ich habe die Isenthaler ins Herz geschlossen.Brachte die Abgeschiedenheit des Bergtals bei Ihren Dreharbeiten auch Nachteile mit sich?Es war ein sehr spezielles Jahr. Wegen Corona brachte die Abgeschiedenheit eher Vorteile mit sich. Wir konnten in aller Ruhe arbeiten. Jedenfalls konnten wir die Dreharbeiten in diesem Jahr noch beenden. Das sah wohl im Frühling noch ganz anders aus?Der Lockdown hat uns schwer getroffen. Im Frühling mussten wir die Arbeiten vor Ort längere Zeit unterbrechen. Das war mit grossen Ungewissheiten verbunden. Wir wussten damals nicht, ob wir den Film überhaupt noch fertigstellen können. Zum Glück konnten wir dann im Sommer über einen langen Zeitraum den grössten Teil des Films mehr oder weniger ungestört drehen. Jetzt im November und Dezember haben wir noch die verbleibenden letzten Szenen des Films gedreht. Natürlich fand alles mit den notwendigen Schutzmassnahmen und regelmässigen Coronatests statt. Insgesamt brauchten wir für den Film 66 Drehtage. Ein solches Unterfangen wäre in einer Stadt während der Pandemie nur schwer und mit Abstrichen umsetzbar gewesen.Mit «Gekauftes Glück» wurde vor Jahren schon einmal ein Kinofilm im Isental gedreht. Haben Sie den Film vor ihrem Dreh auch angesehen?Ja, den Film habe ich mir in den Vorbereitungen auch angeschaut. Natürlich ist es ein anderer Film, entstanden in einer anderen Zeit. Aber für meinen Geschmack ist er etwas klischiert geraten. Mit Werner Herzog, vor allem bekannt als grosser Regisseur, und mit Mathias Gnädinger waren tolle Darsteller dabei. Mir fehlen aber gelegentlich die Zwischentöne und ein Stück weit eben auch eine authentische Wiedergabe der Menschen vor Ort. Ich glaube, es ist interessant, mit den Menschen vor Ort zusammen zu arbeiten, zuzuhören und ihnen nicht einfach eine Geschichte überzustülpen. Das zumindest war mein Anspruch.Wann und wo wird der Film zu sehen sein? Der Film ist nun fertiggedreht und alles ist im Kasten. Jetzt wird er geschnitten. Im Sommer 2021 soll alles fertig sein. Wir wollen den Film dann auf einem Filmfestival zeigen. In Isenthal oder in Altdorf wird es sicherlich ebenfalls eine Premiere geben. Anschliessend kommt der Film gesamtschweizerisch in die Kinos, bevor er dann auch im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wird.
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