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Luzern

Pro/Contra: Sollen reformierte Pfarrer im Kanton Luzern weiterhin vom Volk gewählt werden?

Am 9. Dezember stimmen die Reformierten über das neue Personalgesetz und damit über die Volkswahl der Pfarrer ab. Hier sind die Argumente der Befürworter und Gegner.
Die Synode der reformierten Kirche Kanton Luzern tagt im Kantonsratssaal des Regierungsgebäudes in Luzern. Die Frage, ob Pfarrpersonen künftig nicht mehr vom Volk gewählt werden, spaltet die Landeskirche. (Bild: Pius Amrein)
Daniel Schlup, Mitglied Gruppe Pro Personalgesetz, ehemaliger Kirchenpfleger, Synodale. (Bild: PD)
Christian J. Hochuli, Rechtsanwalt, Komitee Pro Volkswahl – Nein zum Personalgesetz. (Bild: PD)

Die Berechtigten der Evangelisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Luzern stimmen am 9. Dezember über das neue Personalgesetz ab. Dies, weil das Referendum gegen das Gesetz ergriffen wurde. Mit dem Personalgesetz soll die neue Kirchenverfassung umgesetzt werden, welche im Dezember 2015 an der Urne zu 96 Prozent gutgeheissen wurde. Gemäss dieser sollen alle Mitarbeiter in den Kirchgemeinden sowie in den landeskirchlichen Organisationen in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis angestellt werden.

Umstritten ist das Gesetz vor allem wegen einem der 90 Paragrafen, Nummer 73. Gemäss diesem sollen Pfarrpersonen künftig vom demokratisch gewählten Kirchenvorstand angestellt und entlassen werden können – die Volkswahl fällt künftig weg.
Für das neue Personalgesetz sind der Synodalrat sowie Teile der Synode. Letztere hatte das Gesetz in der zweiten Lesung am 30. Mai 2018 mit 35 zu 15 Stimmen gutgeheissen. Daraufhin hatte ein Komitee das Referendum ergriffen, das mit 1095 Stimmen erfolgreich zustande kam. (jon)

Pro: Daniel Schlup, Mitglied der Gruppe Pro Personalgesetz

Neu werden alle Angestellten der Reformierten Kirche arbeitsrechtlich gleichgestellt. Sie erhalten einen Arbeitsvertrag nach öffentlichem Recht. Die Anstellung erfolgt durch den Kirchenvorstand. Bei der Anstellung der Pfarrpersonen verlangt das Personalgesetz aufgrund ihrer wichtigen Rolle ausdrücklich den Einbezug des Kirchenvolkes ins Auswahlverfahren.

Die Weichen werden bei Stellenbesetzungen vor und während des Auswahlverfahrens gestellt, nicht am Schluss! Die Erfahrung zeigt, dass die bisher übliche Volkswahl der Pfarrpersonen ohne jeglichen Einfluss auf das Ergebnis der Auswahlverfahren ist. In den vergangenen 50 Jahren wären im Kanton Luzern auch ohne Volkswahl alle reformierten Pfarrstellen mit genau denselben Personen besetzt worden. Diese Wahl wird deshalb künftig weggelassen.

Die Pfarrpersonen betrachten sich aufgrund der Volkswahl als unabhängig vom Vorstand. In Streitfällen führt diese zweiteilige Machtstruktur immer wieder zu öffentlich ausgetragenen Grabenkämpfen bis hin zu tief gespaltenen Kirchgemeinden. Die Abwahl von Pfarrpersonen ist ein Problem. Der Anspruch der umstrittenen Pfarrperson auf Persönlichkeitsschutz steht im Widerspruch zum Recht der Stimmbürger auf umfassende Information zur Meinungsbildung.

Mit einem Ja zum Personalgesetz schaffen wir faire Arbeitsbedingungen und fördern den Teamgeist. Den Kirchenpflegen und -vorständen und geben wir endlich ihrer Verantwortung entsprechende Kompetenzen. Sie tragen als leitende Behörde laut Kirchenverfassung die geistlich-theologische und die organisatorisch-wirtschaftliche Verantwortung.

Contra: Christian J. Hochuli, Komitee Pro Volkswahl - Nein zum Personalgesetz

Wenn es den Reformatoren vor 500 Jahren gleichgültig gewesen wäre, wer den Pfarrer wählt, wären Sie heute vermutlich nicht reformiert. Wenn es Ihnen auch heute nicht egal ist, wer in Ihrer Kirchgemeinde das Pfarramt führt, dann sagen Sie Nein zum Personalgesetz. Auch das Pfarrkapitel (alle im Kanton Luzern tätigen reformierten Pfarrpersonen) hat einstimmig die Nein-Parole beschlossen.

Paragraf 73 Absatz 1 des Personalgesetzes entzieht Ihnen als Stimmberechtigte in der Kirchgemeindeversammlung die Zuständigkeit bei der Pfarrwahl. Dadurch verlieren Sie Ihr demokratisches Mitspracherecht für immer. Pfarrerinnen und Pfarrer der Volkskirche müssen jedoch vom Kirchenvolk gewählt werden.

Die Volkswahlabschaffer sind von einem derart negativen Pfarrbild beherrscht, dass sie die Pfarrerinnen und Pfarrer als «Priesterkaste» und «Sesselkleber» verunglimpfen und ihnen ein «pfarrherrliches Standesdenken» vorwerfen. Es geht ihnen offensichtlich um Macht- und Herrschaftsansprüche. Die Volkswahlabschaffer ignorieren die Bedeutung des Pfarramtes und arbeiten letztlich auf die Abschaffung der Volkskirche hin.

Weder die neue Kirchenverfassung noch die öffentlich-rechtliche Anstellung der Pfarrpersonen zwingen zu einem Systemwechsel bei der Pfarrwahl. Kein einziger anderer Kanton kennt ein radikales Volkswahlverbot für Pfarrpersonen in allen Kirchgemeinden. Wir fordern die Umsetzung von Paragraf 50 Absatz 3 der Kirchenverfassung. Deshalb sagen wir vom Komitee pro Volkswahl Nein zum Personalgesetz.

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