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Luzern

Politisches Flugblatt sorgt für juristisches Nachspiel: Wikoner wehrt sich gegen den Vorwurf der üblen Nachrede

Der frühere Gemeindepräsident von Wikon hat Anfang 2019 wegen eines politischen Flugblatts eine Strafanzeige eingereicht. Jüngst landete der Fall vor dem Willisauer Bezirksgericht.
Blick auf Wikon, im Zentrum das Gemeindehaus. (Bild: Dominik Wunderli (15. November 2018.))

Evelyne Fischer

«Es kann nicht sein, dass versucht wird, die gemachten Fehler zu vertuschen und alles auf die anderen abzuschieben.» Manchmal reichen wenige Worte, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Der Satz stammt aus einem Flugblatt, das in Wikon Ende 2018 in den Briefkästen aller rund 650 Haushaltungen lag. Die Überschrift: «Uns reicht's». Die Absender: die Vorstände der örtlichen SP und SVP.

Veranlasst dazu hatten sie die Ereignisse der Monate zuvor: Es war im Sommer 2018 unter anderem zu Morddrohungen gegen Verwaltungsangestellte gekommen und wenige Tage vor dem Versand des Flugblattes hatte sich herausgestellt, dass dem Finanzverwalter Wolfgang Kunzelmann (SVP) zu Unrecht das Dossier entzogen worden war.

Für jenes SP-Mitglied, das das Flugblatt seinerzeit verteilte, hat der eine Satz nun weitreichende Folgen: Der Wikoner wurde vom damaligen Gemeindepräsidenten im Januar 2019 wegen übler Nachrede angezeigt. Im letzten Oktober folgte der Strafbefehl: bedingte Geldstrafe über 780 Franken, Verfahrenskosten und eine Busse in der Höhe von 410 Franken. Das akzeptierte der 55-Jährige nicht – und erschien deswegen jüngst am Bezirksgericht Willisau. So viel vorweg: Das Urteil der Einzelrichterin steht noch aus.

Beschuldigter: Kritik richtete sich an Gesamtgemeinderat

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, er habe «nicht bloss die Qualitäten des Politikers und den Wert seiner Handlungen herabgesetzt», sondern ihn zugleich «als Mensch verächtlich erscheinen» lassen. Das SP-Mitglied hingegen betonte in der Befragung: Die Kritik habe sich stets gegen den gesamten Gemeinderat gerichtet, im Fokus sei der Fall Kunzelmann gestanden.

Der Finanzverwalter sei von der Exekutive als Schuldiger vorgeführt worden, bis auskam, dass der Dossierentzug nicht rechtens war. «Als Parteien waren wir der Meinung, es könne so nicht mehr weitergehen.» Dass man ihm nun aufgrund der einen Passage einer strafrechtlich relevanten Ehrverletzung bezichtigt, könne er nicht nachvollziehen.

Verteidiger verlangt einen Freispruch

Der Verteidiger des Beschuldigten verlangte einen vollumfänglichen Freispruch. Von einer «massgeblichen Beteiligung» seines Mandanten, wie es im Strafbefehl heisst, könne mit Blick auf die zwei involvierten Parteivorstände keine Rede sein. Der besagte Satz sei überdies «nicht geeignet», um den Ruf des ehemaligen Gemeindepräsidenten zu schädigen. Zum einen werde dieser nirgends namentlich erwähnt, zum anderen sei die angebliche Ehrverletzung ausschliesslich im politischen Kontext gemacht worden.

«Politiker haben ein grösseres Mass an Kritik zu tolerieren.»

Es habe damals schon länger politische Unruhen gegeben. «Die Stimmung in der Gemeinde war aufgeheizt, das mediale Interesse am Gemeindepräsidenten gross.» Der Durchschnittsleser habe «sehr wohl erkennen können, dass sich das ‹Vertuschen› auf das konkrete Vorgehen im Fall Kunzelmann bezog». In einem solchen Kontext rechne man mit Übertreibungen, es dürfe «nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden».

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