Parkplätze. Fast niemand will sie, viele brauchen sie, alle reden darüber. In der Stadt Luzern ist das Phänomen derzeit wieder vermehrt zu beobachten. Initianten reden einem Parkhaus im Ibach mit Seilbahnanschluss das Wort, gleichzeitig fallen an der Winkelriedstrasse für mindestens ein Jahr über 40 Parkplätze in der Neustadt weg. Um den Strassenraum sicherer zu machen, nutzt die Stadt die Parkplätze um.
Tatsache ist: Luzern hat ein Verkehrsproblem. Um dies festzustellen, braucht es keine Studien. Ein Blick auf die Fahrplananzeigen der VBL morgens und abends reicht dazu völlig aus. Die fein austarierten Fahrpläne sind jeweils über mehrere Stunden Makulatur. Grund: «Verkehrsüberlastung». Tatsache ist auch: Für diese Überlastung sorgen weder Velofahrer noch Fussgänger. Es sind die Autos, die den Verkehr zum Erliegen bringen.
Die Lösung erscheint einfach: Weniger Autos, weniger Verkehr. In diesem Sinne handelt auch der Stadtrat. Gestützt auf die Energie- und Klimastrategie will er unter anderem die Zahl der Parkplätze auf öffentlichem Grund massiv reduzieren (um wie viel, ist angesichts eines gewissen Zahlenchaos derzeit aber nicht so ganz klar). Die Stadtluzernerinnen und -luzerner haben der Strategie im Herbst 2022 mit über 62 Prozent äusserst klar zugestimmt.
Eine schweizweit durchgeführte Umfrage im Auftrag der Städtekonferenz Mobilität bekräftigte letzten Monat die Haltung der Luzerner Bevölkerung: 77 Prozent ärgern sich in Luzern über den Verkehr in den Stosszeiten, 51 Prozent wollen mehr städtisches Geld in Velowege investieren, nur 23 sähen es lieber in neuen Parkplätzen verbaut.
Das Problem: Menschen von ausserhalb kommen trotzdem weiterhin mit dem Auto in die Stadt – zum Arbeiten, zum Einkaufen oder für die Freizeit. Weniger Parkplätze führen so zu mehr Suchverkehr in den Quartieren der Innenstadt. Hier zeigt sich die Lücke im städtischen Mobilitätskonzept: Es gibt Gebiete, wo die weggefallenen Parkplätze zumindest teilweise in der Nähe ersetzt werden müssten. Zum Beispiel in der Neustadt, dem Gebiet mit der höchsten Besiedlungsdichte und zahlreichen Geschäften und Lokalen. Der Gewinn an Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität im Quartier durch weniger Parkplätze auf der Strasse wird hier durch den Suchverkehr zumindest teilweise wieder geschmälert.
Zugegeben, es ist ein Teufelskreis: Solange der Verkehr in der Stadt durch Autos ständig überlastet ist, verlockt auch der ÖV nicht zum Umsteigen. Alle stehen im selben Stau. Ein Ausbau des Bus-Angebotes ist in der aktuellen Situation illusorisch. Und die Lage wird sich mit dem Wegfall der rund 380 Plätze im Bahnhofparking P1 wegen des Baus des Durchgangsbahnhofs in absehbarer Zeit noch verschärfen. Mit dem Wegfall der provisorischen Carparkplätze auf der Krienser Rösslimatt vis-à-vis vom Südpol in einigen Jahren droht weiteres Ungemach. Eine definitive Lösung des Carproblems steht noch immer aus.
Das realistische Ziel muss sein, dass die Autos und Cars, die nach wie vor in der Stadt unterwegs sind, auf möglichst schnellem und direktem Weg vom Fahr- zum Stehzeug werden. Die Lösung der Wahl wären gut erreichbare Parkhäuser rund um die Innenstadt, idealerweise für Besucher wie Bewohner der Quartiere. Damit liesse sich auch das Problem von Lademöglichkeiten für E-Autos lindern. Auch das Carproblem könnte mit neuen Parkhäusern entschärft werden. Doch dazu mangelt es der Stadt Luzern massiv an Infrastruktur, insbesondere im Gebiet der Neustadt. Die bestehenden öffentlichen Parkhäuser sind zu den kritischen Zeiten fast ausnahmslos besetzt, ein gemieteter Dauerparkplatz bedeutet in den wenigsten Fällen einen garantierten Platz.
So verlockend es scheint: Das Verkehrs- und Parkplatzproblem der Stadt Luzern wird nicht ideologisch gelöst werden können. Der Stadtrat sollte über seinen Schatten springen und den Bau von neuen Parkhäusern in seine Mobilitätsstrategie aufnehmen und mögliche Initianten nicht von vornherein vor den Kopf stossen. Eine entsprechende Motion von Mitte-rechts wurde im Herbst bereits teilweise überwiesen. Ein schon weit fortgeschrittenes, privates Projekt, das Parking Musegg , forcieren aber auch diese Parteien nicht mit letzter Konsequenz. Man setzt lieber auf spektakuläre Projekte wie die – vom Stadtrat wegen zu hoher Kosten mittlerweile beerdigte – «Stadtpassage» zu setzen. Die Taube auf dem Dach ist attraktiver als der Spatz in der Hand.
Politisch chancenlos sind vernünftige, finanzierbare Parkhausprojekte auch in der autokritischen Stadt Luzern nicht. Dass es so nicht weitergehen kann, merken schliesslich auch ÖV-Nutzer und Velofahrerinnen tagtäglich. Auch sie profitierten massiv von weniger Autoverkehr, was eigentlich auch Teile des links-grünen Lagers überzeugen müsste. Vom Ziel, den motorisierten Verkehr zu reduzieren, in gewissen Strassen auch zu verbannen, muss der Stadtrat deshalb nicht abweichen. Verkehrsfreie Gebiete in der Stadt sind ein Gewinn für alle – wohl niemand wünscht sich die Zeiten zurück, als der Mühlenplatz und der Weinmarkt Parkplätze waren und der Rathausquai von Autos befahren wurde.
Aber wenn es schon Autos in der Stadt braucht, dann sollen sie so wenig wie möglich auf der Strasse stehen.
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