«I’m driving home for Christmas, oh I can’t wait to see those faces.» Kürzlich sang ich im Büro einer Redaktionskollegin den Weihnachtssong von Chris Rea vor, um bei ihr einen Ohrwurm durch eine neue Melodie zu ersetzen. Verdattert sah sie mich an und fragte, was denn das für ein Lied sein soll. Ehmm, wie bitte? Ich muss aber konstatieren, dass mein Gesang wohl nicht der richtigen Tonlage entsprach. Ansonsten hätte sie den Hit, der um die Weihnachtszeit im Radio rauf- und runtergespielt wird, wohl erkannt.
Der Song löst in mir immer eine gewisse Nostalgie und Sehnsucht aus. Man spürt regelrecht, wie Chris Rea in seinem Auto die Strassen entlang tuckert und geduldig den langen Heimweg in Angriff nimmt. Auch ich machte mich heuer wieder auf den Weg an Heiligabend zur Familie. Obwohl sich eine halbstündige Fahrt im neuen Mika-Zug der BLS von Luzern ins Hinterland kaum mit der von Stau und Rotlichtern geprägten Reise des Sängers vergleichen lässt. Und doch: Es ist dieselbe Art des Nachhausekommens. An den Ort, an dem ich meine gesamte Kindheit und Teenie-Zeit verbracht habe.
Zeit ist das höchste Gut. Und diese mit der Familie verbringen zu können, ohne den Stress, nach ein paar Stunden wieder abreisen zu müssen, hat etwas Wohliges und Behütendes. Ebenso das klassische Fondue chinoise mit Wellenpommes, die vertraute Übernachtung im alten Zimmer oder jenen einen Ton, den mein Götti jedes Jahr aufs Neue mit der Flöte bei «Stille Nacht» verfehlt. Womit wir wieder bei der Musik wären.
Meine Redaktionskollegin würde wohl unsere Lieder, die wir an Weihnachten bei unseren Grosseltern trällern, auch nicht kennen. Diesmal nicht nur dem Gesang geschuldet, denn: Sie sind frei erfunden. Da besingen wir einen Stacheldraht (o Stachudroht, o Stachudroht, das esch e Droht, wo Stachu hed) oder ein Federbett (dasselbe Prinzip). Immerhin: Hier schaut niemand verdattert. Nur amüsiert.
Am Freitag äussern sich jeweils Gastkolumnisten und Redaktorinnen unserer Zeitung zu einem frei gewählten Thema.
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