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Luzern

Nur mit Kompromissen: So erhält die Stadt Luzern im Kantonsrat mehr Gehör

Die Stadt Luzern beklagt mangelnden Einfluss beim Kanton. Auch im Parlament hat sie einen schweren Stand. Dabei zeigen aktuelle Beispiele, dass die Anliegen der Stadt mehrheitsfähig sind, wenn ihre 25 Vertreter gemeinsam dafür einstehen.
Der Luzerner Kantonsrat während einer Debatte. (Bild: Nadia Schärli, 28. Januar 2019)

Robert Knobel

Robert Knobel

Der Ton zwischen der Stadt Luzern, dem Kanton und der Landschaft ist rauer geworden. Eine «Tragödie» nannte etwa die städtische Finanzdirektorin Franziska Bitzi (CVP) kürzlich die kantonale Aufgaben- und Finanzreform (AFR). Doch der erbitterte Widerstand aus der Stadt gegen die drohenden Mehrkosten bleibt bisher erfolglos. Im Kantonsrat schaffte die Reform die erste Hürde problemlos – gegen die klare Mehrheit der städtischen Kantonsräte. Das Heu nicht auf derselben Bühne haben Stadt und Kanton auch beim Thema Spange Nord. So sind die städtischen Kantonsräte wesentlich kritischer eingestellt als diejenigen vom Land.

Am 31. März wird das Kantonsparlament neu gewählt. 24 von 120 Sitzen gehen an Parlamentarier aus dem Wahlkreis Luzern Stadt – damit verliert die Stadt gegenüber heute einen Sitz. Wie gehen die Stadt-Parteien mit der Stadt-Land-Frage um? Gibt es eine städtische Solidarität über die Parteigrenzen hinweg? Oder steht die Haltung der kantonal geprägten Mutterpartei im Vordergrund?

Die Abstimmung über die AFR vom vergangenen 29. Januar liefert Anschauungsunterricht. Zwar hat wie erwähnt eine Mehrheit der linken und bürgerlichen Kantonsräte aus der Stadt gegen die Reform gestimmt. Geschlossen war die Haltung aber bei weitem nicht. «Es ist wohl noch nie vorgekommen, dass alle städtischen Vertreter geschlossen gestimmt haben», sagt Andrea Gmür, Nationalrätin und Präsidentin der CVP Stadt Luzern. Sie sagt sogar:

«Die Solidarität unter den städtischen Parteien fehlt teilweise komplett. So kriegen wir nie Mehrheiten für städtische Anliegen.»

Doch nicht nur parteiübergreifend, sondern auch innerhalb der Kantonalparteien selber ist es nicht immer einfach, Verständnis für die Anliegen der Stadt zu gewinnen. Gut geklappt habe die Zusammenarbeit innerhalb der CVP beim Thema Spange Nord, sagt Andrea Gmür. Ähnliches stellt FDP-Kantonsrat Herbert Widmer für die Freisinnigen fest. So habe die FDP-Fraktion ein sehr offenes Ohr gehabt für die Bedenken zur Spange Nord, welche durch die städtischen Parlamentarier vorgebracht worden waren. Am Ende entschied der Kantonsrat, dass die Regierung die Pläne nochmals mit besonderer Rücksicht auf die Quartiere überarbeiten musste. Die Debatte zur Spange Nord war also ein Erfolg für alle Städter – auch wenn die Linken noch viel weiter gehen wollten und die «Spange» am liebsten definitiv versenkt hätten.

Zuerst müssen sich die Parteien einigen

Doch als Maximalforderungen haben städtische Anliegen selten eine Chance im Kantonsrat. Es klappt meistens nur, wenn sich zuerst die städtischen Parteien auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen. Das hat die jüngste Diskussion um die Ladenöffnungszeiten gezeigt. Der Kantonsrat hat das Anliegen aus der Stadt zwar wohlwollend aufgenommen – allerdings erst, nachdem sich sämtliche Player aus der Stadt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt hatten.

Die städtische Solidarität spiele viel zu selten, findet derweil Simone Brunner, Vizepräsidentin der SP Stadt Luzern:

«Es ist offensichtlich, dass die städtischen Vertreter bei CVP, SVP und FDP entweder die urbanen Interessen hintenan stellen oder aber nicht stark genug sind, um sich innerhalb der Partei durchzusetzen.»

Andere Regionen hätten da einen viel stärkeren Zusammenhalt, glaubt Brunner. Für Andrea Gmür hat dies allerdings auch mit der unterschiedlichen politischen Ausrichtung der Exekutiven zu tun: «Die Stadt ist links, der Kanton bürgerlich.» Das erschwere die Zusammenarbeit und «führt zu Unverständnis auf der Landschaft». Herbert Widmer sieht die Stadt in der Verantwortung. Der Stadtrat könnte viel zum gegenseitigen Verständnis beitragen, wenn er den Dialog zu den städtischen Kantonsräten besser pflegen würde. Zwar gibt es regelmässige Treffen, doch Widmer beklagt eine «einseitige Übermittlung» vonseiten des Stadtrats.

Dass der Stadt-Land-Graben vor allem politischer Natur ist, glaubt Simone Brunner nicht. Vielmehr sei es eine Frage von dicht und weniger dicht besiedelten Gebieten, deren Interessen sich stark unterscheiden.

«Ob das Sursee, Luzern oder Emmen ist, spielt keine Rolle.»

Generell ist der parteiinterne Stadt-Land-Graben in der linken Hälfte des politischen Spektrums weniger ausgeprägt. «Unsere aktuellen Kantonsräte kommen alle aus eher urbanen Zonen», sagt Louis von Mandach, Präsident der GLP Stadt Luzern. Von daher sei das gegenseitige Verständnis gross. Auch Martin Abele, Präsident der Grünen Stadt Luzern, sieht in seiner Partei «kaum inhaltliche Differenzen zwischen Stadt und Land».

Die Agglo-Allianz ist vorläufig eine Utopie

Die Solidarität unter den Stadtluzerner Kantonsräten ist das eine. Noch komplizierter wird es, wenn man nach parteiübergreifenden Gemeinsamkeiten über die ganze Agglomeration Luzern sucht. Hier sind die meisten Parteichefs skeptisch. «Es gibt zuwenig klare Gemeinsamkeiten», sagt Martin Abele. Louis von Mandach erwähnt die beträchtlichen Unterschiede beispielsweise zwischen Meggen und Emmen, welche eine Agglo-Solidarität erschweren. Auch Andrea Gmür findet: «Die Grundpositionen sind zu verschieden.»

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