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Zug

Matthias Michel: Seine Kinder hielten ihm den Spiegel vor

Nach 16-jähriger Regierungsratstätigkeit will sich Matthias Michel einer neuen Aufgabe zuwenden. Er hat vor allem bildungspolitisch viel erreicht und interkantonale Vernetzungsarbeit geleistet. Der sportliche Politiker schaut gerne zurück.
Matthias Michel wird nach einer Pause Mandate und Beratungen für Unternehmen übernehmen. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 10. Dezember 2018))

Cornelia Bisch

Wenn Regierungsrat Matthias Michel morgens nicht mit dem Fahrrad von seinem Wohnort Oberwil zur Arbeit radeln kann, fehlt ihm etwas. «Auf dem Velo kommt man körperlich und geistig in Schwung», stellt Michel fest. Dies sei sein tägliches Lebenselixier.

Besonders wichtig war es ihm auch, Zeit für seine Familie zu haben. «Mindestens ein täglicher Familientisch mit meiner Frau und unseren vier Kindern war lange Zeit möglich.» Gespräche mit den Kindern, die bei seinem Amtsantritt noch so jung waren, dass sie ihren Vater bis heute gar nicht anders als in der Position des Regierungsrats kannten, gaben ihm Bodenhaftung. «Sie hielten mir aber auch den Spiegel vor», lacht er und zitiert seinen Ältesten: «‹Was wird besser, wenn du gewählt wirst?›, fragte er mich vor der ersten Wahl zu Recht.» Rührend auch der Zuspruch der sechsjährigen Tochter beim zweiten Wahlkampf: «Ich werde dich wählen, Papa.»

Landammann und Zuger des Jahres

Der Jurist und Mediator Matthias Michel wurde 2002 in die Zuger Regierung gewählt und übernahm die Direktion für Bildung und Kultur. Seit 2007 leitet er die Volkswirtschaftsdirektion. 2011/12 präsidierte er als Landammann den Regierungsrat. 2012 wurde er zum «Zuger des Jahres» gekürt.

In all dieser Zeit hat er die Erkenntnis gewonnen, dass unabhängig vom inhaltlichen Ziel dem Weg dazu, dem Findungsprozess eine hohe Bedeutung zukommt. «Alle Beteiligten einzubeziehen, ihnen Zeit zu geben, ihre Entscheide abzuholen, ist extrem wichtig», betont Michel. «Wenn man das gut macht, hat man schon die halbe Ernte.»

Während seiner Regierungsratstätigkeit habe er seine Fähigkeiten stärken können. «Als Jurist denkt man logisch, konzeptionell, zerlegt komplexe Themen in Teilbereiche. Die mediative Haltung hat mir geholfen, Lösungen im gemeinsamen Interesse zu finden.»

Bildung war zentrales Thema

Die Bildungspolitik ziehe sich als roter Faden durch sein politisches Schaffen, erklärt Michel. «Als Bildungsdirektor habe ich die Einführung des Fachs Englisch in der Primarschule gefördert.» Nach dem Departementswechsel engagierte er sich im Bereich Berufsbildung. «Hier ging es unter anderem darum, diese auf die Bedürfnisse internationaler Unternehmen auszurichten.» Das heisst, beispielsweise Lehren in Englisch für Kaufleute und Informatiker einzuführen. «Einige international ausgerichtete Unternehmen haben erst dadurch Lehrstellen geschaffen.»

Berufsbildung ist für Matthias Michel auch der ideale Weg, um junge Zuwanderer schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. «Perspektiven sind für junge Menschen sehr wichtig. Letztlich wird die Gesellschaft stabiler, wenn die Arbeit, welche die Menschen täglich verrichten, sie wirklich erfüllt.»

Ein weiteres Thema, das dem Volkswirtschaftsdirektor besonders am Herzen liegt, ist der Öffentliche Verkehr. «Zug ist ein Pendlerkanton. Deshalb finde ich eine optimale Anbindung besonders wichtig.» Beim kleinen Kanton Zug seien sämtliche S-Bahn- beziehungsweise Stadtbahnlinien grenzüberschreitend, weshalb man in dieser Frage nicht im eigenen Kanton sitzen bleiben könne, sondern Vernetzung und Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen anstreben müsse.

In seiner vierjährigen Tätigkeit als Präsident der Direktorenkonferenz des öffentlichen Verkehrs habe er diese Zusammenarbeit schweizweit fördern und die Finanzierung des Ausbaus der Bahninfrastruktur mitgestalten können. Ein langfristiges Investment, das schlussendlich zielführend sei. «Man sieht das an der nächsten Ausbauetappe des Zimmerbergtunnels. Sie steht im neuen Programm des Bundes.»

Vernetzung mit dem Nachbarkanton Zürich

Bei seinem Amtsantritt als Volkswirtschaftsdirektor sei der Kanton Zug noch ganz auf die Zentralschweiz fokussiert gewesen. «Mit Zürich bestanden kaum politische Berührungspunkte, obschon Zug schon längst Teil des Lebens- und Wirtschaftsraums Zürich geworden war.»

Also reiste Matthias Michel voller Ideen im Bezug auf eine mögliche Zusammenarbeit in den Nachbarkanton. Aus dieser ersten Begegnung entwickelte sich die aktive Mitwirkung Zugs an der Gründung des Vereins Metropolitanraum Zürich. Gleichzeitig wurde Zug Mitglied der Greater Zurich Area, welche für diesen Gesamtraum das Standortmarketing im Ausland übernimmt. «Die Zeit für diese Zusammenarbeit im Metropolitanraum Zürich war reif. Meine Bemühungen wurden im Kantonsrat sehr gut aufgenommen.»

Nach 16 Jahren Regierungstätigkeit gönnt sich Matthias Michel einen Sprachaufenthalt mit Velotouren in Italien. «Danach starte ich in eine neue Berufsphase», erklärt er. Michel wird sich auf Mandate und Beratungen von öffentlichen oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen und Organisationen konzentrieren und «daneben etwas mehr Zeit für mein Jazzpiano finden.»

Hinweis
Über die Festtage verabschiedet unsere Zeitung Persönlichkeiten, deren politische Karriere dieses Jahr zu Ende geht.

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