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Luzern

Luzerner Uhrengeschäft schliesst nach 55 Jahren

Der Uhren-Discounter an der Kramgasse, der 1964 eröffnet wurde, schliesst Ende März. Das Geschäft und seine Inhaber haben den Wandel im Uhrenmarkt miterlebt – und einst prominente Kunden empfangen.
(Bild: Boris Bürgisser, Luzern, 14. Februar 2019)

Beatrice Vogel

«Nach 55 Jahren müssen wir gehen! Ein Luzerner Original schliesst bald seine Türen», steht da mit dem Hinweis «Total Ausverkauf» auf einem Plakat im Schaufenster. Die Rede ist vom Geschäft Watches Discount an der Kramgasse 3 in der Luzerner Altstadt. Das kleine Uhrengeschäft wird seit sechs Jahren von Jan Krzysztof Myszkowski geführt. «Der Mietvertrag war die letzten Jahre immer befristet und wurde nun nicht mehr verlängert, also muss ich Ende März raus», sagt er. Das Erdgeschoss des Hauses soll umgebaut werden, aus drei kleinen Läden wird eine grosse Ladenfläche.

Bei unserem Besuch am Donnerstagvormittag herrscht viel Betrieb im Laden. Vor allem asiatische Kunden lassen sich Uhren zeigen. Immer wieder muss Jan Myszkowski das Gespräch unterbrechen, um Kunden zu bedienen. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen – «einer nach dem anderen», sagt er schmunzelnd. Zufälligerweise ist die ehemalige Geschäftsinhaberin Eva Gloor zu Besuch und greift ihm unter die Arme. Obwohl sie dem gebürtigen Polen das Geschäft übergeben hat, kommt sie ab und zu vorbei. «Wir sind Freunde geblieben», sagt sie.

Das Geschäft laufe nicht mehr so gut, sagt Myszkowski, die Konkurrenz sei grösser geworden, «mittlerweile kann man sogar am Kiosk Uhren kaufen». Er selbst ist ein Sammler und bietet in seinem Laden neben günstigen Uhren, Taschenmessern und Schmuck auch einige rare – natürlich mechanische – Stücke an. Doch auch die verkaufen sich seltener: «Vor zehn Jahren war das Interesse an Sammlerstücken noch grösser.»

Einrichtung aus den 60er-Jahren

Als das Ehepaar Gloor das Geschäft 1964 eröffnete, war es schweizweit einer der ersten Uhren-Discounter. «Wir waren später auch die ersten, die Digitaluhren verkauften», erzählt Eva Gloor. Sie setzten auf Uhren von kleinen Marken, deren Name nicht den Preis in die Höhe trieb. 2001 stellten sie Myszkowski als Mitarbeiter ein, 2013 übernahm er das Geschäft ganz. Verändert hat er kaum etwas am Laden, sogar die alte Kasse benutzt er noch:

So taucht man beim Betreten des Geschäfts nicht nur in die Welt der Uhren, sondern auch in die 1960er-Jahre ein. Inhaber und Laden haben einiges gesehen und erlebt, der einstige UNO-Generalsekretär Kofi Annan sei schon hier gewesen, erzählt Myszkowski:

«Und Karlheinz Böhm gehörte zu unseren Stammkunden.»

Der österreichische Schauspieler sei meist während der Musikfestwochen in Luzern gewesen. Zu den Stammkunden zählen auch viele ältere Luzerner, die den Laden noch aus ihrer Kindheit kennen.

Und dann sind da eben die Touristen. Gerade die Asiaten versuchen, einen guten Preis auszuhandeln – jetzt erst recht, da alles heruntergeschrieben ist. «Je nach Uhr tut es auch ein wenig weh, wenn man sie unter Wert verkaufen muss», sagt Myszkowski. Aber nun gehe es halt darum, noch möglichst viel loszuwerden. «Manche Leute lassen sich auch im Laden beraten und kaufen die Uhr dann im Internet.» Ein weiterer Grund, warum das Geschäft nicht mehr gut läuft.

Inhaber war einst Pferdepfleger

Seinen Humor hat Jan Myszkowski dabei aber nicht verloren. Sein Lebenslauf ist übrigens nicht minder interessant als der seines Geschäfts. 1981 kam der gelernte Betriebsökonom in die Schweiz. Hier machte er jede erdenkliche Arbeit: «Ich war Pferdepfleger und habe bei Coop den Kundendienst geführt.»

Schliesslich landete er, der mittlerweile Schweizer ist, bei «Watches Discount» und machte sein Hobby zum Beruf. Nun geht auch diese Ära zu Ende. Ab April will der 70-Jährige «ein wenig faulenzen». Gleichwohl hat er schon ein Projekt mit seinem Sohn in petto – eine mechanische Uhr, die nur auf Bestellung erhältlich sein soll.

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