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Luzern

Luzerner Regierung lockert Schuldenbremse – Schulden steigen um 460 Millionen Franken

Damit die bis 2024 erwarteten Defizite gesetzeskonform sind, greift die Luzerner Regierung zu Notrecht. Ausnahmsweise, wie sie betont.
Hansjörg Kaufmann, Leiter der Dienststelle Finanzen.
(Bild: Alexandra Wey / KEYSTONE)

Lukas Nussbaumer

Lukas Nussbaumer

Lukas Nussbaumer

«Spare in der Zeit, so hast du in der Not.» Für die Finanzen des Kantons Luzern bedeutet dieses Sprichwort: Dank Riesenüberschüssen 2018 und 2019 von jeweils über 60 Millionen Franken muss die Regierung vorderhand weder Sparpakete schnüren noch die Steuern erhöhen. Sie kann sich bis 2024 gar jährliche Defizite von durchgehend rund 50 Millionen leisten:

Die hohen Fehlbeträge sind vorab auf tiefere Steuereinnahmen wegen der Coronakrise zurückzuführen, vor allem bei den Firmen (Grafik unten). Gleichzeitig steigen die Ausgaben für Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Soziales an. Der Schuldenberg wächst von heute 179 Millionen Franken bis 2024 auf 637 Millionen – eine Steigerung um knapp 460 Millionen.

Die hohen Fehlbeträge in den kommenden Jahren werden aus zwei Gründen möglich: Erstens, weil die Regierung im kommenden Jahr die Schuldenbremse lockert. Um sie einhalten zu können, müsste sie über 20 Millionen sparen. Das sei «unrealistisch und würde die Folgeschäden der Coronapandemie noch verstärken», sagte Regierungspräsident und Finanzdirektor Reto Wyss am Mittwoch vor den Medien.

Die Regierung stützt sich bei der Anpassung der Schuldenbremse auf die Kantonsverfassung, die eine derartige Massnahme bei ausserordentlichen Verhältnissen erlaubt. Eine Ausdehnung dieses in Eigenkompetenz möglichen Vorgehens strebe man keinesfalls an, versichert der CVP-Politiker auf Nachfrage.

«Doch in Zeiten einer Pandemie gibt es keine finanzpolitischen Tabus.»

Regierung stellt weniger Geld für Lohnerhöhungen an Kantonsangestellte bereit

Zweitens muss die Regierung noch einen Weg finden, wie sie das bis 2024 fast geplünderte Ausgleichskonto für magere Jahre wieder auf den vorgeschriebenen Mindestbetrag von 100 Millionen Franken anheben kann. Welche «zwingenden Massnahmen» dazu führen sollen, sei offen, so Wyss. Ein Sparpaket oder eine Erhöhung der Steuern gehörte aber nicht dazu.

Sicher ist: Damit die Ausgaben nicht überborden, stellt die Regierung 2021 und 2022 weniger Geld für Lohnerhöhungen an Kantonsangestellte bereit – der Personalaufwand soll nur um 0,5 statt wie im letzten Jahr vorgesehen um 1 Prozent wachsen. Sie begründet dies mit der geringen Teuerung. Zudem müssten auch Mitarbeiter in der Privatwirtschaft mit keinen oder tieferen Saläranpassungen auskommen. Beim Luzerner Gewerkschaftsbund kommt die Reduktion schlecht an.

Reto Wyss: «Öffentliche Hand soll sich in Krisen antizyklisch verhalten»

Keine Abstriche macht die Regierung hingegen bei den Investitionen. Diese betragen im nächsten Jahr knapp 186 Millionen Franken und erhöhen sich bis 2024 auf rund 240 Millionen. «Die öffentliche Hand soll sich in Krisenzeiten antizyklisch verhalten. So unterstützen und stärken wir die Wirtschaft», begründete Wyss das Festhalten an den geplanten Ausgaben. Er hoffe, dass sich die Gemeinden gleich verhalten würden, sagte der frühere Gemeindepräsident von Rothenburg.

Rund 350 der in den nächsten vier Jahren vorgesehenen Investitionen von 850 Millionen Franken fliessen in Hochbauprojekte wie das zentrale Verwaltungszentrum am Seetalplatz. Etwa 230 Millionen werden in Strassen verbaut, mit weiteren 200 wird der Hochwasserschutz an der Emme und der Reuss verbessert, und etwa 100 Millionen kommen der Informatik und dem öffentlichen Verkehr zugute.

Nachtragskredite im laufenden Jahr nicht einmal halb so hoch wie 2019

Ausgesprochen tief fallen die Nachtragskredite für das laufende Jahr aus, wie Hansjörg Kaufmann darlegte. Laut dem Leiter der Dienststelle Finanzen betragen sie heuer lediglich 7,1 Millionen Franken. Im vergangenen Jahr waren sie mehr als doppelt so hoch.

Mit Mehrkosten von 2,4 Millionen schlägt die Bildung obenaus. Grund sind mehr Studenten als vom Bund prognostiziert, was zu höheren Gebühren führte. 2 Millionen sind auf die rückwirkend eingeführte Erhöhung der Taxgrenze für Ergänzungsleistungen zurückzuführen. Weitere 1,4 Millionen waren nötig für die Behebung von Schäden in Schutzwäldern, entstanden durch einen Föhnsturm Mitte Dezember 2019. Dazu stiegen die Kosten für den Strafvollzug um 1,2 Millionen stärker als vorgesehen.

Nationalbankgelder federn Corona-Schäden zu einem grossen Teil ab

Kaufmann äusserte sich auch zu den Finanzen des laufenden Jahres, die der Öffentlichkeit Ende Juni erstmals anhand einer Hochrechnung präsentiert wurden. Eine zweite Hochrechnung soll Ende September vorgestellt werden. Stand jetzt beträgt das Defizit heuer 25,5 Millionen Franken. Budgetiert war ein Überschuss von 19 Millionen.

Der bei einem Gesamtetat von 3,8 Milliarden Franken vergleichsweise kleine Unterschied hat jedoch eine Ursache, die der Kanton Luzern nicht beeinflussen konnte: Die Nationalbank schüttete statt wie vorgesehen 32 Millionen Franken deren 128 aus.

«Dieses zusätzliche Geld federt die Coronaschäden zu einem grossen Teil ab»

, sagte Kaufmann. Ende Juni wurden diese auf 161 Millionen beziffert.

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