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Kanton Luzern

Luzerner Parlamentarier in Bern: Ihr Ausblick auf die Session 

Heute Montag beginnt in Bern die Herbstsession des National- und Ständerates. Sechs Luzerner Parlamentarierinnen und Parlamentarier blicken auf Themen und Geschäfte, die ihnen in den nächsten drei Wochen besonders wichtig sind.

Am Montag beginnt im Bundeshaus in Bern die Herbstsession des National-und Ständerates. 
Bild: Bild: Boris Bürgisser/Luzerner Zeitung

Der Nationalrat behandelt unter anderem den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Auch die Diskussionen um die Biodiversitätsinitiative und den indirekten Gegenvorschlag stehen auf dem Programm. Zudem geht es um Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft.

Der Ständerat befasst sich in der aktuellen Session unter anderem mit der Reform der beruflichen Vorsorge. In beiden Räten ist natürlich die Energieversorgung und die Inflation sowie die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf unser Land ein Thema. Eine heisse Debatte wird es auch über die Gletscher-Initiative geben. (fmü)

Bild: Bild: Philipp Schmidli

Leo Müller, Nationalrat Die Mitte: Staat kann nicht immer als Versicherer dienen

Der Nationalrat wird sich intensiv über das Dossier Eigenmietwert beugen. Ich war und bin immer noch überzeugt, dass der Eigenmietwert auf selbstbewohnten Liegenschaften abgeschafft werden soll. Falsche Anreize – Anreize zur Verschuldung – können damit eliminiert und die Eigenverantwortung gestärkt werden. Was aber aus der Beratung der Kommission hervorgegangen ist, ist nicht mehrheitsfähig. Steuerausfälle von 3,8 Milliarden Franken, die mit dieser Vorlage geschaffen würden, haben keine Chance. Die Mehrheit, die den Systemwechsel will, muss die Einsicht bekommen, dass es Kompromisse braucht, sodass die Vorlage finanziell in den Bereich des Machbaren gelangt.

Eine Folge der aufwühlenden heutigen Situation ist das Thema «Sicherung der Kaufkraft». Zu diesem Thema sprudelt es vor Ideen: Verbilligung von Benzin und Diesel, Verbilligung von Strom, weitere Verbilligung von Krankenkassenprämien etc. Erlauben Sie mir eine persönliche Meinung: Die öffentliche Hand wurde im Rahmen der Coronapandemie stark in Anspruch genommen, was auch richtig war. Daraus resultiert beim Bund eine Verschuldenszunahme von rund 30 Milliarden Franken. Politisch müssen wir schon Acht geben, dass nicht für alles und jedes der Staat als Garant einspringen muss. Allein die vorübergehende Teuerung von etwas über drei Prozent darf nicht zur «Verstaatlichung aller Risiken» führen. Das müssen die Wirtschaft und die Gesellschaft tragen können; so widerstandsfähig müssen sie sein.

Bild: Bild: Luzerner Zeitung

Peter Schilliger, Nationalrat FDP: Steuer für Eigenmietwert muss fallen

Der Eigenmietwert ist für Wohneigentümer ein altbekanntes Ärgernis. Speziell daran ist auch, dass diese Steuer während des 1. Weltkriegs (1915) als einmalige Kriegssteuer eingeführt wurde. Nun kommt die Debatte zur endgültigen Abschaffung in den Nationalrat.

Ungerecht ist, dass Eigenheimbesitzer ihre Liegenschaft mit Geld kaufen, das sie bereits als Einkommen versteuert haben. Danach bezahlen sie darauf jedoch nicht nur Vermögenssteuern, sondern auch einen fiktiven Mietertrag, von dem sie jedoch keinen Franken sehen.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben legt eine Vorlage mit mehreren Varianten vor. Ich werde mich klar für die Aufhebung der Besteuerung des Eigenmietwerts für selbstbewohntes Wohneigentum einsetzen. Gleichzeitig sollen systemtreu jedoch auch die Abzüge für die Gewinnungskosten (Unterhalt, Hypo-Zins, Versicherungsprämien, etc.) sowie Abzüge für Energiesparen oder Umweltschutz aufgehoben werden. Die Förderung dieser wichtigen ökologischen Massnahmen können unabhängig vom Steuerstatus bei der Revision des CO2-Gesetzes geregelt werden.

Diese Steuer ist weltweit einzigartig! Nebst der ungerechten Aufrechnung des fiktiven Ertrags soll mit der Abschaffung auch ein Anreiz für den Abbau der privaten Verschuldung geschaffen werden. Um das Wohneigentum zu fördern, soll jedoch für den «Ersterwerber» eine beschränkte Abzugsfähigkeit von Hypothekarzinsen eingeführt werden.

Bild: Bild: Luzerner Zeitung

Yvette Estermann, Nationalrätin SVP: Bundesrat und Parlament auf Crashkurs

Ein wichtiges Thema der nächsten Session ist die Energieversorgung. Trotz rechtzeitiger Warnungen betreffend die Energiestrategie 2050 aus den Reihen der SVP setzt die Mitte-links-Mehrheit von Bundesrat und Parlament ihren verfehlten Kurs fort. Mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative werden die Fehler aus der Vergangenheit nicht erkannt, sondern weiterhin zementiert. Wer aus fossilen Energien aussteigt, ohne zu wissen, ob genügend alternative Energie, vor allem Strom, verfügbar ist, handelt fahrlässig und schädigt unser Land. Die Leidtragenden sind nicht die Politiker, sondern die Bürger.

Die Situation war schon schlimm genug, auch ohne die Sanktionen gegen Russland. Auch hier wiederholt sich das Schema: Politiker beschliessen über Nacht Sanktionen. Wer davon betroffen ist, sind die Frauen und Männer im eigenen Land. Diesen wird dann empfohlen zu sparen, während die Politiker mit guten Gehältern von der Energiekrise gar nicht betroffen sind.

Was alles muss noch passieren, damit die Wählerschaft merkt, wer für sie da ist und für welche Parteien die Stimmbürger nur ein Mittel zum Zweck sind? Ein weiteres Thema ist die Ernährungssicherheit. Der Selbstversorgungsgrad unseres Landes beträgt aktuell nur knapp über 50 Prozent. Jedes zweite Mitglied unserer Gesellschaft muss hungern, wenn es hart auf hart kommt. Wollen wir das wirklich?

Bild: Bild: Jakob Ineichen/Luzerner Zeitung

Andrea Gmür-Schönenberger, Ständerätin Die Mitte: Energie, BVG-Revision und Schutz der Kaufkraft

Die Session wird wohl von drei Themen dominiert werden: Erstens wird uns die Frage beschäftigen, wie wir die Energieversorgung wieder in den Griff kriegen; zweitens werden wir uns bemühen, die Revision der zweiten Säule in trockene Tücher zu bringen; drittens werden wir uns der Kaufkraft bei steigender Inflation widmen.

Die Strompreise gehen momentan durch die Decke. Der Bund hat bereits einen Rettungsschirm gespannt, um ein grosses Stromunternehmen mit Liquidität zu versorgen. Kurzfristig werden wir darauf achten, dass die Gewinne nicht privatisiert und die Kosten sozialisiert werden. Mittel- und langfristig müssen wir unsere Abhängigkeiten vom Ausland in der Energieversorgung weiter verringern.

Finanzierbare und finanziell gesunde Sozialwerke sind mir wichtig. Bei der Revision der beruflichen Vorsorge (BVG) setze ich mich dafür ein, dass die Renten auch künftig sicher sind. Auch Frauen mit tie- fe(re)n Einkommen soll es möglich sein, für ihre zweite Säule anzusparen. Um den tieferen Umwandlungssatz abzufedern, braucht es individuell faire Kompensationen. Was die Kaufkraft anbelangt, so werden gezielte Massnahmen dazu beitragen, vor allem ältere und armutsgefährdete Menschen finanziell zu entlasten.

Ob Energieversorgung, berufliche Vorsorge oder Inflation: Unser Wohlstand ist weder gottgegeben, noch kann er vom Staat garantiert werden. Jede und jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten, die anstehenden Herausforderungen zu lösen.

Bild: Bild: Patrick Huerlimann/Luzerner Zeitung

Prisca Birrer-Heimo, Nationalrätin SP: Haushalte müssen dringend entlastet werden

Die Kaufkraft vieler Familien und Einzelhaushalte gerät immer stärker unter Druck. Höhere Energiekosten, steigende Preise und die absehbare, teilweise massive Erhöhung der Krankenkassenprämien belasten die Haushalte stark.

In der zweiten Sessionswoche hat es der Nationalrat in der Hand, anlässlich der von der SP und der Mitte-EVP-Fraktion geforderten ausserordentlichen Session zur Kaufkraft, mit zwei Motionen Massnahmen für die dringend notwendige Entlastung der Haushalte zu beschliessen. Mit einer Erhöhung der Prämienverbilligung und einem raschen Teuerungsausgleich auf den Renten können gezielt und wirksam Familien und Einzelpersonen entlastet und die inländische Kaufkraft geschützt werden.

Aufgrund des Krieges in der Ukraine droht der Schweiz im kommenden Winter eine Stromversorgungskrise. Die Verabschiedung des Rettungsschirms zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft ist daher dringlich. Wie gefährlich die Abhängigkeit von Erdöl- und Gasimporten ist, hat dieser Krieg deutlich gezeigt.

Der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, der ebenfalls in dieser Session bereinigt werden soll, liefert die Grundlage, um aus den fossilen Energien auszusteigen. Das Umsteigen auf erneuerbare Energien muss nun mit allen Mitteln rasch vorangetrieben werden. Kombiniert mit sparsamem Energieverbrauch schonen wir nicht nur das Klima, sondern auch das Portemonnaie.

Bild: Bild: Boris Bürgisser / Luzerner Zeitung

Roland Fischer, Nationalrat GLP: Schutzschirm ja, aber auch stärkere Regulierung

Die Nachricht letzten Dienstag war ein Paukenschlag: mit Notrecht aktiviert der Bund den Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmen. Die Finanzdelegation bewilligte dafür 10 Milliarden Franken und sogleich einen Kredit von 4 Milliarden Franken für die Axpo zur Sicherung der Liquidität. Damit ist eine seit Anfang Jahr befürchtete Notlage eingetroffen, noch bevor das Parlament in der Herbstsession die gesetzlichen Grundlagen für den Rettungsschirm fertig beraten hat.

Wir Grünliberale befürworten den Rettungsschirm für systemkritische Schweizer Stromunternehmen. Ein Ausfall eines dieser Unternehmen könnte zu einer Kettenreaktion führen und die Stromversorgung der Schweiz ernsthaft gefährden. Die extremen Preisanstiege auf den Energiemärkten führen dazu, dass die Stromproduzenten für Terminverkäufe auf dem Strommarkt deutlich höhere Sicherheitseinlagen leisten müssen. Die dafür notwendige Liquidität kann selbst ein grosses Stromunternehmen überfordern.

Erstaunlich ist jedoch, dass die Eigentümerkantone der Axpo offenbar nicht selbst in der Lage sind, kurzfristig die Liquidität ihres Unternehmens sicherzustellen. Eine stärkere Regulierung der systemkritischen Stromunternehmen ist deshalb unumgänglich, ähnlich wie wir es nach der Finanzkrise und der staatlichen Rettung der UBS für die Grossbanken umgesetzt haben. Denn ein staatlicher Rettungsschirm darf keine Dauerlösung sein.

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