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Bergfotografie

Kurt Baumanns Weg zum Bild beginnt im Dunkeln

Kurt Baumann, Bergfotograf aus Uri, präsentiert in seinem neuen Kalender für 2026 beeindruckende Aufnahmen der Urner Alpen. Seine Bilder entstehen oft unter herausfordernden Bedingungen.
Der Urner Bergfotograf Kurt Baumann unterwegs im Sustengebiet.
Bild: zvg

Seit mehreren Jahrzehnten dokumentiert der Bergfotograf Kurt Baumann die Urner Alpen – leidenschaftlich, zu zweit, zu dritt, mit seiner Frau oder allein unterwegs. Dabei entwickelte er ein feines Gespür für Momente, die kaum wiederholbar sind. Sein Kalender 2026 zeigt einmal mehr, wie er Motive findet, die andere gar nie sehen.

Während die meisten Berg- und Wandertouren bei Tagesanbruch starten, beginnt Baumann oft weit früher. Er studiert Wetterkarten, Schattenwürfe, Mondbahnen, Sonnenaufgänge und Stimmungen – und steht dann manchmal bereits nach Mitternacht vor der Haustür. Wenn er über seine Arbeit spricht, klingt er emotional. Die Wahrheit ist aber: Oft trägt er ein Bild monatelang im Kopf, bis es am Tag X Realität wird.

Zwischen Kameradschaft und absoluter Ruhe

Bei geplanten Fototouren ist er meist allein unterwegs. Für anspruchsvolle Berg- oder Skitouren bricht er zu zweit oder zu dritt auf. Dann zählen Kameradschaft, Erfahrung und gegenseitige Unterstützung. Oft steht man irgendwo auf einem dunklen Parkplatz, bereit zum Aufbruch – mit schwerem Bergrucksack, Kameras, Gletscherpickel, Steigeisen, Seil, Tourenski und allem, was dazugehört.

Seine Entscheidungen trifft Baumann stets selbst. «Ich muss unterwegs beurteilen, ob der eingeschlagene Weg zum fotografischen Ziel führt – das kann dir niemand abnehmen», sagt er. Und nicht jedes Gelände möchte er anderen zumuten. So kommt es vor, dass er stundenlang keiner Menschenseele begegnet. Manchmal den ganzen Tag nicht.

Ein Titelbild mit Vorsatz

Titelmotiv des Kalenders 2026: Die markante Felsformation «Kamel» im Furkagebiet.
Bild: Kurt Baumann

Das Titelmotiv für 2026 entstand aus einer klaren Vision heraus. Planung und Umsetzung erforderten einiges an Aufwand – und Willen. Das «Kamel», ein markanter, rund 100 Meter hoher Granitzacken in der Furkaregion, ist alpinistisch bekannt, aber ansonsten kaum jemandem ein Begriff. Und noch seltener sieht man es so: in einem spektakulären Sonnenaufgang, der aufgrund der geografischen Lage nur mit einer Drohne eingefangen werden konnte.

Baumann startete das Fotoprojekt um Mitternacht: eine längere Autofahrt, ein ausgedehnter Fussmarsch durch das nächtliche Alpingelände und ein steiler Schlussaufstieg über Geröll und gefrorene Firnfelder hinauf zum anvisierten Grat. Das Timing war heikel: Das perfekte Licht dauert nur wenige Minuten. Dann gilt es, die Drohne mit ruhiger Hand in Position zu bringen – starker Wind kann in solchen Momenten alles zunichtemachen. «So etwas machst du entweder ganz – oder besser gar nicht», sagt Baumann. Das Resultat: ein Titelbild, das wirkt wie aus einem anderen Gebirge und gleichzeitig unverkennbar Urner Fels bleibt.

Mond und Zeitdruck

Niederbauen mit Mond.
Bild: Kurt Baumann

Für das Novemberbild stand Baumann frühmorgens auf den Eggbergen – lange bevor andere den ersten Kaffee trinken. Die seltene Kombination aus Monduntergang, blauer Stunde und dem massigen Niederbauen gelingt nur an wenigen Tagen im Jahr. Und nur, wenn man exakt am richtigen Ort steht.

Dazu kam Zeitdruck: Fotoprojekt und geschäftliche Termine liessen sich dank Gleitzeit knapp vereinbaren. Kurz nach Arbeitsbeginn musste Baumann wieder im Büro von Victorinox sein, wo er als Graphic Designer arbeitet. Also eine dieser Touren, bei denen jede Minute zählt: Der Mond leuchtete gelblich am Horizont, der Himmel färbte sich zur blauen Stunde in Magenta- und Cyantöne. Dann heisst es, die Kamera optimal zu positionieren – und im entscheidenden Moment mehrfach auszulösen. Keine Effekte, keine digitale Zauberei – nur Perspektive, Technik, Geduld und körperlicher wie geistiger Einsatz.

Handarbeit statt Effekthascherei

Dass Baumanns Aufnahmen wirken, liegt nicht nur an den Touren, sondern auch an seinem Perfektionismus in der Bildbearbeitung. Auch dort geht der Bergfotograf die Extrameter: Jeder Druckbogen, jede Nuance wird von ihm persönlich abgenommen. Kein Klick-Profil, kein Standard Look. Der Kalender ist von A bis Z Swissmade. Die Bilder sind hochwertig fotografiert, professionell verarbeitet und kommen im Panoramaformat besonders gut zur Geltung.

Gerade in Zeiten, in denen Instagram-Bergbilder inflationär wirken, ist dieser Kalender fast eine Gegenbewegung: langsam, sorgfältig, echt. Baumann zeigt Uri jenseits von Postkartenklischees – hochalpin, rau, im besten Licht, aber nie übersättigt. Er fotografiert, was die Region wirklich ausmacht: das Spannungsfeld zwischen Natur und Lebensraum, zwischen zugänglicher Landschaft und abseitiger Wildnis.

Wie jedes Jahr gelingt ihm auch 2026 dieser Spagat: Bilder, die Lust auf die Berge machen – und gleichzeitig Respekt einfordern. Denn wer dort unterwegs ist, weiss, was hinter jedem dieser Motive steckt: Schweiss, Geduld, Warten, Gefahren, Umkehren, Weitergehen. Und oft ein Start mitten in der Nacht. (zvg)

Kurt Baumanns Fotokalender im Grossformat 68 × 49 cm ist für Fr. 45.– an folgenden Orten erhältlich: Montanara Bergerlebnisse (info@montanara.ch, www.montanara.ch, Telefon 041 878 12 59), Bido AG in Altdorf, Herger Sport in Schattdorf, Imholz Sport in Bürglen sowie in den Stocker Buchhandlungen der Zentralschweiz.

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