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«Weisch nu?»

Kantonale Prüfung statt Gespräch in der Gemeinde: Vor zehn Jahren änderte Obwalden seine Einbürgerungspraxis 

Wer den Schweizer Pass will, muss in Obwalden eine Einbürgerungsprüfung bestehen. Das Bundesgericht war mit ein Grund für die damalige Systemänderung. 

Warum hat die Älggialp oberhalb Sachselns eine besondere Bedeutung? Wer ist der oberste Obwaldner? Wie funktioniert das politische System in der Schweiz? Wo liegt Giswil? Was sind Initiative und Referendum? Wer den Schweizer Pass will, muss in einer 90-minütigen schriftlichen Prüfung sein Wissen über Obwalden und der Schweiz unter Beweis stellen.

Für den Schweizer Pass ist in Obwalden unter anderem eine Einbürgerungsprüfung nötig.
Bild: Bild: Philipp Unterschütz (Stans, 9. Dezember 2022)

Es sind Fragen über Geografie und Geschichte des Kantons, über das Wahl- und Abstimmungssystem, über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten. So muss die Person nicht nur wissen, dass sie abstimmen und wählen darf, sondern auch, dass Männer je nach Alter Militärdienst leisten müssen. Dabei gehe es weniger um Detailkenntnisse. «Wenn man über einen Tunnel Giswil–Kaiserstuhl abstimmen will, muss man wissen, wo diese beiden Orte liegen», macht André Blank, Leiter des kantonalen Amts für Justiz, ein Beispiel.

Nicht mehr vereinbar mit dem Bundesgericht

Seit zehn Jahren kennt Obwalden diese Einbürgerungsprüfung. Einer der Auslöser dafür war ein Entscheid des Bundesgerichts 2003, wonach Einbürgerungen nicht auf politische Entscheide, sondern auf Sach- und Fachentscheide abzustützen sind. Zudem bestimmte das Gesetz, dass für die Einbürgerung geeignet ist, wer in die massgebenden Verhältnisse eingegliedert ist und mit den Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist.

«Bis dahin führte die Gemeinde die Einbürgerungsgespräche, auch im Bereich der staatsbürgerlichen Grundkenntnisse, durch. Je nach Gemeinde waren die Fragen völlig unterschiedlich, was eine gewisse Zufälligkeit mit sich brachte. Das liess sich mit dem Entscheid des Bundesgerichts nicht mehr vereinbaren», erinnert sich André Blank.

In Zusammenarbeit mit dem Berufs- und Weiterbildungszentrum (BWZ) Obwalden machte sich der Kanton Gedanken, was sinnvollerweise gefragt werden soll und wie. Im Februar 2013 führte das BWZ die ersten Prüfungen durch. Der Prüfungsperson stand dabei ein Katalog mit rund 90 Fragen zur Verfügung. Von diesen Fragen wählte sie dann etwa 30 aus und stellte sie den Teilnehmenden. Seit 2018 wird die Prüfung schriftlich geführt, damit sie noch standardisierter ist.

Auch ausreichende Sprachkenntnisse sind Voraussetzung

An die staatskundliche Prüfung wird nur zugelassen, wer die mündliche und schriftliche Sprachprüfung bestanden hat. «Das hat sich bewährt, denn ohne ausreichende Deutschkenntnisse ist der Einbürgerungstest auch nicht machbar.» Die Einbürgerungswilligen können sich mit Kursen und mit Lehrmitteln auf die Sprach- und Einbürgerungsprüfung vorbereiten. Von diesen freiwilligen Kursen wird gemäss André Blank rege Gebrauch gemacht.

Sind beide Prüfungen bestanden, gibt's ein Attest. Dann erst gelangt das Dossier in den mehrstufigen Einbürgerungsprozess. Auch die Gemeinde muss noch ihren Segen dazu geben. Je nach Gemeindeordnung befindet der Gemeinderat, eine Einbürgerungskommission oder die Gemeindeversammlung darüber, ob die Person den Schweizer Pass erhalten soll.

André Blank, der auch 2013 schon seine jetzige Funktion innehatte, zieht eine positive Bilanz nach zehn Jahren. «Das Obwaldner Einbürgerungsverfahren hat sich bewährt und konnte mit der Umstellung von der mündlichen auf die schriftliche Prüfung noch optimiert werden.» 515 Personen erlangten seit 2012 auf diesem Weg das Schweizer Bürgerrecht in Obwalden.

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