Valentin Räber ist von Natur aus eher zurückhaltend. Aber wenn er von seinem Beruf erzählt, leuchten seine Augen. «Ich bin einfach fasziniert davon, jeden Tag etwas handwerklich Neues zu machen», berichtet er. Der 18-Jährige lernt Bekleidungsgestalter im ersten Lehrjahr. Für seinen Beruf nimmt er einen langen Arbeitsweg in Kauf. Jeden Morgen muss er um 6 Uhr in Küssnacht aus dem Haus, um eineinhalb Stunden später im Atelier Schnittpunkt in Stans in seinen Arbeitstag zu starten.
Etliche Ateliers in der Schweiz hat er kennen gelernt. «Ich wollte alles ausprobieren», erklärt Valentin Räber. Nun arbeitet er seit Sommer in Stans. Und ist glücklich dabei. Schon von Kindheit an habe er eine Affinität zur Mode gehabt, betont er. Die Eltern seien sehr kreativ. «Meine Mutter ist Goldschmiedin, in der Familie meines Vaters sind viele Gerber.»
Schon vor der Lehre nähte er für sich selber
Ursprünglich interessierte sich Valentin für Modedesign. Als er die Matura nicht bestand, stiess er im Internet auf seinen jetzigen Beruf. Ihn begeistert, aus etwas Zweidimensionalem ein dreidimensionales Produkt zu fertigen. Schon vor seiner Ausbildung nähte er eigenwillige Kreationen für sich selber.
Dass er unter acht Lernenden im Atelier Schnittpunkt der einzige Mann ist, trägt Valentin mit Fassung. «Klar wäre es lustig, vielleicht noch andere Männer in der Klasse zu haben», findet er. Im dritten Lehrjahr an der Berufsschule seien sogar drei Bekleidungsgestalter.
Am Freitag feiert das Atelier Schnittpunkt sein 25-Jahr-Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür. Insgesamt 66 Bekleidungsgestalter wurden hier ausgebildet, mit Valentin nur vier Männer. «Noch immer gilt unser Beruf als typischer Frauenberuf mit wenig Einkommen», ist sich Martina Gruober bewusst. Sie leitet das Atelier Schnittpunkt. Häufig hielten Eltern ihre Kinder davon ab, ihren Traumberuf zu erlernen. Martina Gruober wehrt sich gegen ein Negativ-Image. «Wichtig ist doch, dass man am Morgen gern aufsteht und Freude hat an dem, was man tut.»
Die 43-Jährige ist ein Vorzeigebeispiel für eine klassische Karriere in ihrem Metier. Nach ihrer Ausbildung im Lehratelier Chur arbeitete sie in kleinen Ateliers, als Leiterin in einem Änderungsatelier und in einer Institution für Menschen mit Beeinträchtigungen, bis sie vor fast fünf Jahren die Leitung des Ateliers Schnittpunkt übernahm.
Ein Trägerverein mit rund 100 Fördermitgliedern steht hinter diesem. Es finanziert sich durch die Unterstützung des jeweiligen Wohnkantons, zu einem kleinen Teil aus Mitgliederbeiträgen des Vereins und zum grössten Teil aus selbst erwirtschafteten Mitteln des Ateliers.
Von Kutten bis zu wertvollen Einzelstücken
Auftraggeber sind unter anderem Kirchen und das Kloster Engelberg sowie Kunden, denen die Qualität und Nachhaltigkeit eines in der Region auf Mass geschneiderten Kleidungsstücks etwas wert ist. Zu den Aufträgen gehören Kommunions- und Ministrantengewänder, Kutten, Fasnachtsgewänder, Änderungen und Einzelanfertigungen. Jedes massgeschneiderte Kleidungsstück erfordert zwei bis drei Anproben. Vor dem Zuschnitt des eigentlichen Stoffs wird eine Moulure, ein Prototyp in roher Baumwolle, angefertigt. Das Schnittmuster wird erst in der perfekten Passform auf den Stoff übertragen.
Drei Jahre dauert die Ausbildung. Lernziele sind im ersten Lehrjahr Jupe und Hose, im zweiten Kleider und Oberteile und im dritten Lehrjahr Blazer, Jacken und Mäntel. Als Abschlussarbeit entwerfen die Auszubildenden zu zweit eine Kollektion, von denen jede und jeder ein Stück näht.
Und danach? Die Schneiderinnen und Schneider des Ateliers arbeiten in Brautmodengeschäften, Änderungsateliers, Theaterschneidereien oder studieren Modedesign. Und auch das gibt es: Eine ehemalige Lernende macht Karriere beim renommierten Pariser Modedesigner Balenciaga.
An sich selber glauben, das ist in der Modebranche wichtig. Auch Valentin hat einen Traum: Als Creative Director bei einem Modelabel in Frankreich oder in Italien zu arbeiten und sich irgendwann einen eigenen Namen zu machen. Für seinen Werdegang hat er ein Fazit gezogen:
«Wenn man etwas machen will, ist es wichtig, nicht auf andere zu hören, sondern dem zu folgen, was einem Freude macht.»
Atelier Schnittpunkt , Freitag, 21. April, 14 bis 20 Uhr, Ennetmooserstrasse 2, Stans
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