Anian Heierli und Matthias Piazza
Anian Heierli und Matthias Piazza
Die neuesten Zahlen des Bundesamtes für Statistik lassen aufhorchen. Nur noch 1,5 Prozent der Wohnungen in der Schweiz waren per 1. Juni dieses Jahres leer, im Vorjahr waren es noch 1,7 Prozent gewesen. Damit ist es am Wohnungsmarkt zu einer Trendwende gekommen. Denn seit 2009 stieg der Anteil der Leerwohnungen stetig.
In Uri gehört Schattdorf zu jenen Gemeinden, in denen gemäss Definition eine Wohnungsnot herrscht. Nur gerade 0,8 Prozent der Wohnungen in der 5400-Seelen-Gemeinde sind frei. «Wir spüren ein hohes Bedürfnis an Wohnungen, auch wenn neue entstehen», bestätigt Gemeindepräsident Bruno Gamma. So komme es vor, dass Leute wegziehen, beispielsweise in Nachbargemeinden. «Doch neue Wohnungen können wir auch nicht herzaubern. Unser Einfluss ist begrenzt. Das Raumplanungsgesetz verbietet uns, beliebig Land zu Bauland einzuzonen.» Grund für das knappe Wohnungsangebot ist seiner Meinung nach die schöne Wohnlage in Schattdorf. Komme dazu, dass in der Vergangenheit eher Einfamilien- statt Mehrfamilienhäuser gebaut worden seien.
Wohnungssuchender: «Bislang habe ich keinen Erfolg»
Ein Mann, der in Schattdorf eine 3,5- bis 4,5-Zimmer-Wohnung sucht, aber in den Medien anonym bleiben will, hat deshalb kürzlich eine Anzeige geschaltet. Er sagt auf Anfrage: «Ich habe es schon an mehreren Orten probiert. Bislang erfolglos. Ein Grund ist sicher, dass ich Katzen habe.» Viele würden keine Haustiere erlauben. Freie Wohnungen gibt es zwar immer wieder, doch das sei nicht, was er und wohl viele andere suchen würden. «Zurzeit werden grosse Mehrfamilienhäuser mit Wohnungen gebaut, die top ausgestattet und dementsprechend teuer sind», sagt er. «Das brauche ich nicht. Es darf ruhig ein älteres Objekt sein, das dafür im Grünen liegt.» Er ist sich sicher: «Vermutlich suchen viele etwas in der Natur.» Doch der momentane Bautrend gehe in eine andere Richtung. Dabei sei es doch gerade auch für Kinder wichtig, im Grünen aufzuwachsen.
Doch Schattdorf ist nicht die einzige Urner Gemeinde mit tiefer Leerstandsquote, wie ein Blick in die Statistik zeigt (siehe Grafik). Unter anderem haben auch Andermatt (0,31 Prozent), Wassen (0,59 Prozent) oder Attinghausen (0,61 Prozent) nur wenig freie Wohnungen.
Schriftlich teilt der Andermattner Geschäftsführer Martin Jörg mit, dass ihm die tiefe Leerstandsquote bekannt ist. Zum Grund schreibt er: «Durch die Bautätigkeit in Andermatt und die touristische Entwicklung.» Auch seien Vorabklärungen zu gewissen Projekten am Laufen, die dem entgegenwirken. Nähere Angaben zu diesen macht die Gemeinde aber nicht. Es würden sich auch keine Personen melden, die Hilfe bei der Wohnungssuche wünschen. Freie Wohnungen werden im Dorfkasten und auf der Gemeinde-Website publiziert.
Ins Auge sticht auch die äusserst tiefe Leerstandsquote in Wassen (0,59 Prozent). «Aktuell sind der Gemeinde zwei freie Wohnungen im Dorf bekannt», heisst es seitens Gemeindeschreiber Iwan Stampfli. Die Gründe liegen für ihn auf der Hand: «Die Erreichbarkeit Richtung Andermatt ist hoch und wir spüren den Aufschwung des Tourismusorts.» Hinzu komme der Bau der zweiten Gotthardstrassenröhre. Erste Personen, die beim Bau mitarbeiten würden, seien bereits ins Dorf gezogen. Die Gemeinde Wassen rechnet damit, dass sich die Wohnungssituation zuspitzt, weil in Andermatt weiterhin Arbeitsplätze entstehen. Auch deshalb sagt Stampfli: «Es kommt oft vor, dass Personen die Gemeinde um Hilfe bei der Wohnungssuche bitten. Da sind wir gerne bereit, zu helfen.»
Auch in Attinghausen gibt es seit längerem kaum Leerwohnungen. Gemeindeschreiber Daniel Kempf erklärt: «Erfahrungsgemäss gehen schöne Wohnungen gerne unter der Hand weg.» Im Dorf kenne man einander. «Freie Mietwohnungen gibt es kaum», sagt er. Nun ist Kempf seit 7,5 Jahren im Amt. Er erinnert sich: «Bauprojekte gab es in dieser Zeit. Bei der unteren Postmatte handelt es sich um etwas über 30 Wohneinheiten, im Wehrheim entstanden Doppeleinfamilienhäuser. Vorwiegend handelt es sich dabei aber um Eigentum.» Auch zurzeit gäbe es keine Mietwohnungsbauprojekte.