Rahel Hug
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Rahel Hug
Der Baarer Malermeister Arno Matter hat die Coronapandemie zum Anlass genommen, gemeinsam mit seinem Team ein kreatives Projekt in die Tat umzusetzen. Er ist überzeugt: «Mehr denn je muss ein Unternehmer Ressourcen erkennen und trotz der aktuell schwierigen Zeit etwas Positives bewirken.» Am Firmensitz der Maler Matter AG an der Altgasse 63 ist in den letzten Monaten ein Co-Working-Space der besonderen Art entstanden. Wer sich hier einen Arbeitsplatz mietet, blickt nicht auf weisse und sterile Bürowände oder auf das Chaos im Homeoffice, sondern auf Bergpanoramen und spektakuläre Sonnenuntergänge.
«Helvetic Work» heisst dieses kleine Universum, das 35 Arbeitsplätze und ein Sitzungszimmer bietet und voll auf die Karte «Swissness» setzt. Der Raum ist aufgeteilt nach Regionen – unter anderem sind das Berner Oberland, das Tessin oder das Engadin vertreten. Neben den grossformatigen Bildern gibt es kleinere «Kabäuschen» zum Telefonieren, beispielsweise in einer ausgemusterten Rothorn-Gondel oder im Inneren eines Baumstammes.
Für diskrete Videocalls steht das «Munggenloch» bereit. Die Bürotische, die in coronasicheren Abständen angeordnet sind, können tage-, wochen- oder monatsweise gebucht werden. Für Sicherheit in Sachen Pandemie sorgt zusätzlich eine Hygienelüftung – und die Räume werden täglich gereinigt und desinfiziert.
Von null auf etwas Neues aufgebaut
Als Präsident des Gewerbevereins Baar hat Arno Matter viel mit anderen Menschen zu tun. «Viele haben mir berichtet, dass sie sich im Homeoffice nicht richtig auf ihre Arbeit konzentrieren können, weil der häusliche Alltag immer irgendwie präsent ist», sagt der findige Unternehmer. Die 400 Quadratmeter grosse Gewerbefläche, die Matter zuvor einer Informatikfirma vermietet hatte, wurde im Juni 2020 frei.
Anstatt die Räumlichkeiten leer stehen zu lassen – laut Matter ist die Nachfrage aktuell tief – hat er sich entschieden, hier «von null auf» etwas Neues aufzubauen. Das sei für sein Team und seine Lernenden – die Maler Matter AG bildet aktuell fünf Personen aus – ein «spannendes Abenteuer» gewesen. So konnten sich die Malerinnen und Maler für einmal noch stärker mit gestalterischen Aspekten, Akustik- oder Einrichtungsfragen beschäftigen. Der Inhaber und Geschäftsführer sagt:
«Malen ist zwar unser Kerngeschäft, zusätzlich planen und organisieren wir auch immer mehr komplette Projekte in Innenräumen oder Fassaden.»
Auf das Ergebnis ist er stolz. «Wir konnten uns verwirklichen und sind nun gespannt, wie es ankommt.»
Dabei geht es auch um die Frage, ob sich die Investitionen auszahlen werden. Inklusive Marketing rechnet Matter mit einem Betrag von 200'000 Franken. «Schön wäre es, wenn das Projekt zum Selbstläufer würde», sagt der Malermeister.
«Doch wir müssen auch mit einem Verlust rechnen. Wir waren uns dieses Risikos stets bewusst.»
Für Matter steht nämlich nicht nur der finanzielle Aspekt im Vordergrund: «Ich möchte auch einen Beitrag gegen die Vereinsamung, welche die Pandemie mit sich bringt, leisten. Das Co-Working-Space soll Leute zusammenbringen.»
Plätze lassen sich online buchen
Um alles Grafische, den Webauftritt sowie um die Buchungen kümmert sich Thomas «Thü» Hürlimann mit seiner Agentur «Zugergrafik». «Helvetic Work» sei eines der ersten Co-Working-Spaces in der Schweiz, das vollautomatisch funktioniere und kein ständiges Personal vor Ort benötige, erklärt er. «Die Plätze lassen sich bequem online buchen, und um die Tür zu öffnen, braucht es lediglich eine App, auf die dann der Zugangscode übermittelt wird.» Das «Bergwelt-Büro» hat am 1. März seine Türen geöffnet. «Bis jetzt wurden die Plätze von vier Leuten unregelmässig gebucht», sagt Hürlimann.
«Noch ist die Auslastung gering, doch das Sitzungszimmer scheint begehrt zu sein.»
Man starte demnächst eine Werbeoffensive. «Davon erhoffen wir uns eine zusätzliche Nachfrage.» Es brauche nun etwas Zeit, um das Projekt bekannt zu machen.
Als weiteres Projekt hat Arno Matter gemeinsam mit dem befreundeten Ennetsee-Schreiner aus Cham zwei praktische Möbel entwickelt, die im Homeoffice eingesetzt werden können. Es handelt sich um ein mobiles Modul, das sich von einem Wohnaccessoire in ein Büro umwandeln lässt. Das frontseitige Sujet – ein grossflächiges Foto, beispielsweise vom Zuger Zytturm – wird auf individuellen Wunsch produziert. Die Möbel stehen im «Helvetic Work» zum Ausprobieren bereit. Für Matter steht fest: Corona bietet auch eine Chance, Neues auszuprobieren, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken. «Und vielleicht kann ich ja damit andere animieren, ihre Ideen ebenfalls umzusetzen.»
Weitere Infos und Anmeldung: www.helveticwork.ch