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Luzern

Hochhäuser in der Zentralschweiz: Es geht (langsam) aufwärts

Die Schweiz befindet sich mitten in der dritten Welle ihres Hochausbooms. Der Trend ist auch in der Zentralschweiz unübersehbar. Wolken werden hier allerdings noch lange keine gekratzt.
Illustration: Oliver Marx
Das erste Hochhaus der Schweiz: Der Bel-Air-Turm in Lausanne. Erbaut wurde er 1931 . (Bild: Thomas Delley/Keystone)
Das Aalto-Hochhaus beim Shoppingcenter Schönbühl in Luzern wurde kürzlich saniert. Mit einem Plakat, das den Star-Architekten Alvar Aalto zeigt, wurde auf zu vermietende Wohnungen aufmerksam macht. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 13. März 2019)
Die beiden Hochhäuser bei der Swisspor-Arena in Luzern waren im Vorfeld höchst umstritten. (Bild: Pius Amrein)
Das Uptown-Hochhaus in Zug sorgt seit 2010 für Gesprächsstoff. (Bild: Stefan Kaiser)
Der Parktower in Zug ist mit 81 Metern das höchste Gebäude des Kantons. (Bild: Stefan Kaiser)
Das momentan höchste Gebäude der Schweiz: der 178-Meter hohe Roche-Turm in Basel. (Bild: Georgios Kefalas/Keystone)
Im Vergleich winzig: Zentralschweizer Bauten neben den höchsten Gebäuden der Welt. (Illustration: Oliver Marx)

Ismail Osman

Über Hochhäuser lässt sich hervorragend streiten. Tat es schon immer. Über Sinn, Zweck, Erscheinung, Symbolik, Umwelt, um nur ein paar potenzielle «Kampfzonen» zu nennen.

Aber von Anfang an. Was ist überhaupt ein Hochhaus? Sie ahnen es bereits: Auch das ist umstritten. Insbesondere in der Schweiz. Hier definieren die jeweiligen Bau- und Planungsgesetze was als Hochhaus gilt. In den Zentralschweizer Kantonen ist das zumeist ab einer Höhe von 30 Metern der Fall. Eine Marke die zunehmend mehr Gebäude in der Region erreichen. Begonnen hat jedoch alles in Lausanne.

Das erste Hochhaus der Schweiz ist der Bel-Air-Turm in Lausanne, der 1931 erbaut wurde. Im 55-Meter hohen Gebäude, das noch heute ein prominentes Kernstück des Stadtbildes von Lausanne ist, erkennt man unschwer die amerikanische Inspiration. In den Zwischenkriegsjahren schweifte der Blick der Architekten in Richtung der USA, insbesondere nach New York, wo in dieser Zeit immer neue Rekorde in Sachen vertikalem Bau gebrochen wurden. Zwei Beispiele: Das Chrysler Building wurde 1930 mit 319 Metern Höhe zum damals höchsten Gebäude der Welt. Nur ein Jahr später wurde es vom 381-Meter-hohen Empire State Building übertroffen.

Als erstes Hochhaus der Deutschschweiz gilt das 39-Meter-hohe Kirchgemeindehaus Wipkingen in Zürich aus dem Jahr 1932. Und in der Zentralschweiz? Pläne gab es zwar, realisiert wurde bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht wirklich etwas – nicht dass man hier nicht wüsste, wie man in die Höhe baut. Bereits Ende des 14 Jahrhunderts wurde, als Teil der Stadtmauer Luzern, der Luegislandturm erbaut. Mit seinen 55 Metern versteckt er sich auch über 500 Jahre später nicht. Eine andere beeindruckende Konstruktion in unserer Region wäre der Hammetschwandlift am Bürgenstock, welcher 1905 erbaut wurde und 152 Meter in die Höhe führt. Konzentriert man sich auf Gebäude, so kann das ehemalige Eidgenössisches Getreidesilo in Altdorf genannt werden. 1912 erbaut, weist es eine Höhe von 30 Metern aus – technisch gesehen also durchaus ein Hochhaus.

Die zweite Hochauswelle startete in den in den 60er-Jahren. Plötzlich wurden die Hochhäuser zum Symbol des wirtschaftlichen Fortschritts. Umso mehr wenn ein klingender Name mit dem Gebäude verbunden war. Paradebeispiel hierfür ist Schönbühl-Hochhaus des finnischen Star-Architekten Alvar Aalto (1898-1976) in Luzern. Dieses wurde 1968 als Wohnhochhaus erbaut. Erst vor kurzem wurden umfassende Sanierungsarbeiten am Gebäude abgeschlossen.

Während das Alto-Gebäude heute als Bauwerk der Nachkriegsmoderne geschätzt wird, schlägt anderen Bauten aus dieser Zeit, vor allem den Wohntürmen aus den 70er-Jahren, heute wenig Gegenliebe entgegen. Dies nicht zuletzt wegen ihres typisch kargen Äusseren und der Tatsache, dass sie sich oftmals nicht besonders geschmeidig ins Landschaftsbild einfügen. Dieser übergeordnete Blick wurde gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein zunehmend gewichtiger Faktor in den Diskussionen rund um den Bau von Hochhäusern. In den vergangenen 20 Jahren wurde ein weiteres Argument vermehrt ins Feld geführt: Die Zersiedelung der Landschaft und das verdichtete Bauen als Gegenmassnahme. Was uns zur anhaltenden dritten Hochhaus-Welle führt.

Blickt man auf die regionalen Hochhäuser, so fällt auf, dass gleich mehrere davon um das Jahr 2010 herum entstanden sind. Zwar wurden die Gebäude zeitlich nahe beieinander realisiert, man kann jedoch nicht davon sprechen, dass sie plötzlich aus dem Boden schossen. Bei nicht wenigen davon formierte sich im Vorfeld massiver Widerstand. So auch bei der Hochhäuser auf der Luzerner Allmend. Diese waren Teil des Projekts «Sportarena Allmend». Dazu gehörten unter anderem auch die Swissporarena des FCL, ein Hallenbad, eine Doppelturnhalle, die Leichtathletiktribüne und Tennisplätze. Der Widerstand konzentrierte sich aber grossmehrheitlich auf die beiden Wohntürme. Befürworter und Gegner des Projekts bekämpften sich mit diversen – und entsprechend dem Standpunkt sehr verschieden akzentuierten – Visualisierungen und Illustrationen. Selbst Ballone die installiert wurden, um die Höhe der Gebäude zu veranschaulichen, wurden höchst kontrovers diskutiert.

Bei einer Rekord-Stimmbeteiligung von fast 58 Prozent sagten die Stadtluzerner im November 2008 Ja zum Projekt und somit auch Ja zu den beiden Hochhäusern, die mittlerweile fester Bestandteil der Szenerie sind. Ganz ähnlich verhielt es sich aber auch in Zug in Zusammenhang mit dem markanten Uptown-Hochhaus. Auch dieses war an ein grösseres Projekt gekoppelt, in diesem Fall die Bossard Arena des EV Zug.

Darüber wie – oder ob – sich das Uptown-Gebäude in das umliegende Quartier einfügt, wird auch fast 10 Jahre nach seiner Realisierung noch diskutiert. Städtebaulich sei es ins «Niemandsland» platziert worden, lautet – abseits ästhetischer Befindlichkeiten – die gängigste Kritik am Gebäude. Aber auch am Park Tower, dem derzeit höchsten Gebäude Zugs (81 Meter), scheiden sich die Geister. Wobei es hier von Beginn weg eher um die Nutzung des Gebäudes geht.

Der Bebauungsplan für das Hochhaus sah ein Hotel inklusive öffentlichem Raum vor. Nach einem Eigentümerwechsel sollte doch kein Hotel entstehen, sondern Wohnungen und Büros. Die Stadt Zug verfügt zwar weiterhin über das Nutzungsrecht an einem Raum im obersten Stock – wie oder ob – dieser Raum genutzt wird, fällt mittlerweile in die Kategorie «unendlichen Geschichte».

Trotz solcher Schlagzeilen nimmt die Zahl der Hochhäuser in unserer Region stetig zu. So schreiten derzeit etwa die Pläne für das Pilatus-Arena-Hochhaus, ein über 100 Meter hohes Gebäude in Kriens, voran. Nicht zuletzt hat sich Rotkreuz heimlich zu einem kleinen Hotspot für Hochhausprojekte entwickelt. Davon zeugt etwa der «vertikale Garten» des Aglaya-Hochhauses, dass Ende Jahr bezugsbereit sein soll. Die Inspiration durch das bekannte begrünte Hochhaus «Bosco Verticale» in Mailand ist unverkennbar.

Ebenfalls unverkennbar: Was in unserer Region als hoch gilt, spielt sich auf sehr bescheidenem Niveau ab. Bereits der Vergleich zum (noch) grössten Gebäude der Schweiz dem Roche-Tower in Basel (178 Meter), zeigt das Gefälle deutlich auf.

Vergleicht man «unsere» Hochhäuser mit dem Gigantismus im Nahen Osten, dort wo die Gebäude bald die Kilometermarke knacken, nimmt das ganze geradezu absurde Züge an (siehe Grafik unten). Was natürlich nicht heissen soll, dass sich über Hochhäuser nicht auch künftig wunderbar streiten lässt.

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