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Zug

Unscheinbar und doch historisch: Wieso ein alter Grenzstein ein bedeutender Zeitzeuge ist

Ein Kantonsgrenzstein, der über Jahrzehnte auf Baarer Boden lag, wurde kürzlich neu gesetzt. Es ist ein bedeutender Zeitzeuge.
Walter Rohner (links) freut sich über die Neusetzung des Grenzsteins an seinem Grundstück. Dieser wurde auf dem Land von Adrian, Alex und Silvan Steiner in Baar gefunden. (Bild: Sabine Windlin/PD)
Der historische Grenzstein ist nun neu gesetzt. (Bild: Sabine Windlin/Kanton Zug)

Laura Sibold

Laura Sibold

Ein unscheinbarer, grosser Granitstein mit deutlichen Verwitterungsspuren: Darauf habe er als Zehnjähriger manchmal gesessen, als er mit dem Vater die Kühe gehirtet habe, sagt Landwirt Silvan Steiner. Der Stein hat jahrzehntelang auf dem Land der Familie Steiner am Rand des Baarer Schönbüelwaldes gelegen. «Für mich war das eben nur ein grosser, bequemer Stein. Dass es in Wirklichkeit ein Grenzstein aus dem 17. Jahrhundert ist, hätte ich nicht gedacht», sagt ein gut gelaunter Silvan Steiner am Telefon.

Vergangene Woche hat das Amt für Grundbuch und Geoinformation (AGG) des Kantons Zug den entsprechenden Grenzstein auf der Kantonsgrenze Zug-Zürich neu gesetzt. «Grenzsteine gehören auf Grenzen, darum haben wir das Exemplar wieder da platziert, wo es hingehört», hielt Kantonsgeometer Reto Jörimann anlässlich der Einweihung des Steins fest.

Stein ist aus dem Jahr 1629 trotz anderer Prägung

Dieser wurde vermutlich vor einigen Jahrzehnten beim Ausbau der Kantonsstrasse aus der Grenzlinie entfernt und lag danach über längere Zeit kaum beachtet auf dem Grundstück der Familie Steiner in Baar. Sein Vater habe den Stein irgendwann in den 1970er-Jahren zum Hof Deibüel geschleift und dort aufgestellt, weiss Silvan Steiner. Seinen neuen Standort hat der Granitblock nun rund 1000 Meter weiter nördlich, angrenzend an ein Grundstück von Walter Rohner an der Gemeindestrasse, die von Kappel am Albis nach Notikon führt.
Der Grenzsteinforscher Thomas Specker, der im Auftrag des Kantons Zürich Grenzsteine inventarisiert, geht davon aus, dass der Stein aus dem Jahr 1629 stammt und 1881 frisch gesetzt wurde. Die letztgenannte Jahreszahl ist nebst den beiden Kantonswappen im Grenzstein eingemeisselt und trotz Verwitterungsspuren noch immer gut erkennbar.

Anhand von Quellenbelegen zu Grenzfestlegungen zwischen Zug und Zürich sei nachgewiesen, dass 1629 im Gebiet Baar ein neuer Stein aufgestellt worden sei, so Specker.

«Im Vergleich mit jüngeren und zwei ähnlichen Grenzsteinen konnte ich feststellen, dass dieser Granitblock aus dem 17. Jahrhundert stammen muss.»

Thomas Specker spricht von einem bedeutenden Fund. Der Grenzstein sei ein Zeitzeuge, der die Entwicklungsgeschichte von Zug und Zürich dokumentiere. «An diesem Stein kann man viel ablesen, auch wenn er optisch nicht attraktiv aussieht.» Bedeutend ist der Grenzstein auch, weil heute im Gelände nur noch wenige solch alte Markierungen vorhanden sind.

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit überzog ein Geflecht von Grenzen die Landschaft. Es gab Güter- und Kirchgemeindegrenzen, Zehntbezirks- und Gerichtsherrschaftsgrenzen, die unabhängig voneinander und über Kreuz verlaufen konnten. «Früher waren Grenzsteine wichtige Rechtsdokumente. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts übernahmen Geodaten die massgebende Rolle», erklärt Specker. Viele Grenzsteine wurden dann überflüssig, fielen der Natur zum Opfer oder wurden zerstört.

Der neu gesetzte Grenzstein gilt nach wie vor als Hoheitsgrenzzeichen. «Als solches ist er im Eigentum beider Kantone», so Kantonsgeometer Jörimann.

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