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Hingeschaut: Wie ein Kelch aus dem Besitz Karls des Kühnen nach Risch kam

Mit dem «Burgunderkelch» aus dem 13. Jahrhundert birgt der Rischer Kirchenschatz ein besonders kostbares Stück.
Hier befindet sich der Kelch: In der Kirche St. Verena in Risch. (Bild: Patrick Hürlimann (Risch, 24. November 2020))
740 Jahre alt ist der nur knapp 17 Zentimeter hohe «Burgunderkelch». Er wird in der Pfarrei Risch zusammen mit anderem liturgischen Gerät sicher aufbewahrt. (Bild: Patrick Hürlimann (24. November 2020))
(Bild: Patrick Hürlimann (24. November 2020))
So sieht die Kirche St. Verena in Risch von innen aus. (Bild: Patrick Hürlimann (Risch, 24. November 2020) )

Andreas Faessler

Andreas Faessler

Andreas Faessler

Andreas Faessler

Viele Pfarreien mit langer Geschichte hüten wertvolle Kirchenschätze. Da findet sich prächtiges liturgisches Gerät, vieles davon zeugt von feinster Handwerkskunst. Alles zur höchsten Ehre Gottes – da ist nur das Kostbarste gut genug. Manches Kircheninventar birgt Objekte von hohem musealen Wert. Auf ein solches stossen wir in der Pfarrei St. Verena in Risch. Neben barocken Monstranzen, Ziborien, Messkännchen, Vortragekreuzen und weiteren sehenswerten Kleinodien ist der sogenannte Burgunderkelch das «Paradestück».

Seine Bedeutung liegt nicht primär im materiellen Wert, sondern in seiner einzigartigen Geschichte: Er soll anno 1476 bei der Schlacht von Grandson Teil der Burgunderbeute gewesen sein. Eine lateinische Inschrift sowie eine Gewichtsangabe am Kelchfuss verweisen darauf.

Als Stifter ist Kaspar von Hertenstein genannt, dieser kommandierte drei Monate nach Grandson die Nachhut in der Schlacht bei Murten und war Kollator der Rischer Kirche sowie Herr der Rischer Gerichtsherrschaft. Diese Inschrift am Kelch jedoch ist mit grosser Wahrscheinlichkeit erst rund ein Jahrhundert nach den Burgunderkriegen hinzugekommen, wohl um die tradierte Herkunft des Kelches festzuhalten. Somit kann diese zwar nicht als ganz gesichert gelten, die Meinung von Kunsthistorikern der neuen Zeit tendiert jedoch dahin, dass die Provenienz zutrifft – dies nicht zuletzt, weil diverse weitere Indizien dafür sprechen.

Die Herkunft des um 1280 entstandenen Messkelches ist wohl an den Oberrhein zu verorten. Von da aus ist er in den Besitz Karls des Kühnen von Burgund gekommen, welcher ihn – wohl als Bestandteil seiner Feldkapelle – zu den Kriegsschauplätzen mitführte. Die siegreichen Eidgenossen machten bei Grandson bekanntlich reiche Beute, darunter fand sich das liturgische Gerät der Burgunder. Und bei Kollatoren war es Usus, dass sie primär ihre eigenen Kirchen beschenkten, wie es Kaspar von Hertenstein in diesem Fall gemacht hatte. So hütet die Kirche Risch seit knapp fünfeinhalb Jahrhunderten ein kostbares Relikt aus einst herzoglich-burgundischem Besitz.

Ungeheuer und Fabelwesen

Am Fuss des nur knapp 17 Zentimeter hohen, vergoldeten Silber-Kelches sind die Medaillons der vier Evangelisten eingefasst. Feine Gravuren mit Ungeheuer-Motiven füllen die Zwischenräume. Besonders interessant ist die Machart des Nodus, dem knaufartigen Zwischenstück am Übergang vom Fuss zur Kuppa. Aus ihm bilden sich sechs runde Arme mit je einem Emaille-Rundschild. Diese zeigen bewegte Fabelwesen. Die Kuppa, sprich die Schale selbst, ist glatt und ohne jegliches Ornament.

Obschon der Rischer Burgunderkelch im 19. Jahrhundert überarbeitet und Teile von ihm– darunter vermutlich auch der Nodus – erneuert worden sind, erscheint er einheitlich und ist angesichts seines hohen Alters gut erhalten. Als historisch wertvollstes Stück des Rischer Kirchenschatzes ist er zusammen mit der restlichen kostbaren Gerätschaft an einem sicheren Ort verwahrt.

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.

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