Ein Anruf eines Freundes ist eine gefreute Sache. Das Telefon hat in Coronazeiten zum Pflegen von Kontakten an Bedeutung gewonnen. Wenn aber «dein Freund und Helfer» anruft, ist Vorsicht geboten. Es könnte nämlich eine Betrügerin oder ein Betrüger sein. So wie neulich, an einem nasskalten Abend im Grossraum Sursee.
Ein pensionierter Handwerker* wurde von einem freundlichen Herrn angerufen, der sich als Luzerner Polizist vorstellte. Dieser warnte den Rentner vor einer Verbrecherbande, die derzeit in der Region aktiv sei. Die Polizei hätte ermittelt, dass diese ihn ins Visier genommen habe. Quasi als Beweis fordert ihn der Anrufer auf, die Nummer der Polizei zu wählen, um sich den Verdacht bestätigen zu lassen. Zudem versuchte der angebliche Polizist, dem 70-Jährigen verschiedene persönliche Informationen zu entlocken. Vergebens, der roch die Lunte und beendete den Anruf. Später meldete er den Vorfall der Luzerner Polizei.
Gespräch beenden und Polizei informieren
Diese Telefonate seien bekannt, sagte Erwin Gräni, Chef Prävention der Luzerner Polizei, als wir ihm den Fall schilderten. «Das Opfer erhält den Telefonanruf eines vermeintlichen Polizisten. Es wird dabei aufgefordert, die Polizei zu unterstützen und bei der Aufklärung der Straftat mitzuwirken», erklärt Gräni das Vorgehen. Wäre der Rentner in diesem Fall nicht so aufmerksam gewesen, hätte sich Folgendes abspielen können: «Hat die angerufene Person in die Mitwirkung eingewilligt, wird sie aufgefordert, ihre Vermögenswerte bereitzustellen. Dann wird sie zur Übergabe des Geldes am Wohnort aufgefordert, oder aber der Deponierung an einem angewiesenen Ort.»
Aktuell werden der Luzerner Polizei täglich mehrere Telefonbetrugsversuche gemeldet. Die meisten Betroffenen reagieren richtig, beenden das Gespräch sofort und melden den Vorfall unverzüglich der Polizei. Seit Jahresbeginn 2022 wurden schweizweit bereits 12 vollendete Telefonbetrugsfälle gemeldet. Im letzten Jahr waren es insgesamt deren 59. Dies ist eine klare Tendenz nach oben.
Im Vorjahr wurden 2,4 Millionen Franken erschwindelt
Die versuchten Betrugsfälle waren um ein Vielfaches höher. Laut der Website telefonbetrug.ch wurden im Vorjahr 2507 versuchte Telefonbetrugsfälle gemeldet, wobei die Dunkelziffer laut Gräni sehr viel höher liegen dürfte. Die Gesamtdeliktsumme betrug im Jahr 2021 satte 2’377’153 Franken.
«Die Telefonbetrüger versuchen, mit komplizierten und verängstigenden Geschichten das Vertrauen ausgesuchter Leute zu gewinnen – und damit deren Geld», weiss Gräni. Die organisierten Betrüger zeichnen sich durch hohe kriminelle Energie aus, da bei vollendeten Versuchen meistens viel Geld verloren geht und nicht selten ältere Leute um ihre Altersvorsorge gebracht werden.
Notsituation eines Verwandten
Die Lügen der Betrüger würden zunehmend dreister. «Nach wie vor aktuell sind die Maschen mit dem Enkeltrick, dem falschen Polizisten oder dem Computerspezialisten. Im Januar wurde vermehrt die Betrugsmasche vom Verwandten in Not gemeldet. Es wird den Opfern vorgelogen, dass dieser eine grössere Menge Geld benötigt, um aus einer Notsituation herauszukommen», zählt der Polizist auf.
Bei Anrufen von fremden Leuten gelte es, aufmerksam zu sein. Im Grundsatz gelte es, sich am Telefon nicht einschüchtern zu lassen. «Sobald es um Ihre Finanzen geht und je geheimer eine Sache scheint, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit einer Falle.» Man solle sich trauen, das Gespräch zu beenden. Zudem rät der Experte, bei den geringsten Zweifeln eine Vertrauensperson beizuziehen. «Der grösste Fehler ist zu glauben, man sei vor Telefonbetrügern gefeit.»
*Name der Redaktion bekannt