In letzter Zeit haben sich Fussballspiele zu oft zu Anlässen voller Aggressionen und Provokationen hochgeschaukelt, zuletzt in Winterthur. Solche Gewaltvorfälle wollen wir alle nicht sehen. Pyro-Werfer gehören verfolgt und bestraft. Wie vermindern wir die Gewalt? Für die Politik gilt: Gefragt sind ein kühler Kopf und ein langfristiger Plan.
Am erfolgversprechendsten sind kooperative Modelle, kombiniert mit konsequenter Verfolgung und Bestrafung der gewalttätigen Personen. Das beweisen Erfahrungen aus der Schweiz und dem Ausland. Und das sagen auch die Analysen der kantonalen Polizeidirektionen. Die «Cluballianz» (auch «Stadionallianz») ist ein solches kooperatives Modell: Absprachen zwischen allen Akteuren im Vorfeld des Spiels. Klare Kommunikation, wer macht was und was passiert, wenn Abmachungen brechen und es Vorfälle gibt. Das Modell hat in Deutschland zu drastischen Reduktionen der Gewalt und der Polizei-Aufgebote geführt. Die Cluballianz benötigt Respekt und Vertrauen zwischen den Akteuren. Sie bringt keine schnellen und populären Holzhammer-Massnahmen, aber es ist der langfristig tragfähige Weg.
Repressionen gegen ganze Fan-Gruppen (Kollektivstrafen, personalisierte Tickets) verhärten die Fronten und verschlimmern das Problem. Denn gesperrte Sektoren machen einen Match gefährlicher: Die Gäste-Fans verteilen sich im Stadion und An- und Abreise sind unkontrolliert. Kollektivstrafen erschweren die Einzeltäter-Verfolgung, weil friedliche Fans sich mit Provokateuren gegen die Polizei solidarisieren. Auch personalisierte Tickets nützen nichts für die Strafverfolgung, weder inner- und noch ausserhalb des Stadions. Kollektivstrafen widersprechen zudem unserem Rechtsstaat, denn die Sippenhaft haben wir schon lange abgeschafft und niemand wünscht sie sich zurück.
Die komplexe Ausgangslage verlangt ein kluges Vorgehen statt der Scheinlösungen der Mitte-Volksinitiative. So erreichen wir sichere und friedliche Fussballspiele für alle.
Rahel Estermann ist Luzerner Kantonsrätin und seit Januar 2023 Generalsekretärin der Grünen Schweiz.
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