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Uri

Falsches Spiel mit der Hilfsbereitschaft

Eine Frau soll die Gutmütigkeit anderer ausgenutzt haben, um über eine Viertelmillion Franken zu ergaunern. Sie ist teilweise geständig. Die Forderungen reichen von Freispruch bis 26 Monate Gefängnis.

Eine Frau aus Österreich mit serbischem Pass soll mehrere Personen in der Schweiz um viel Geld betrogen haben. Unter falschem Namen gaukelte sie vor, in Geldnöten zu stecken und ihre Familie habe sie im Krieg verloren. Oftmals sprach sie auch von einer anstehenden Krebs-Operation. Die hilfsbereiten Opfer überliessen ihr deshalb zusammengezählt eine Summe von über 270’000 Franken. Darunter auch ein Urner, der schliesslich Anzeige erstattete. Am Dienstag musste sich deshalb die Frau vor dem Urner Landgericht verantworten. Für die Staatsanwältin ist klar, dass es sich dabei um «gewerbsmässigen Betrug» handelt. Sie forderte deshalb eine unbedingte Freiheitsstrafe von 26 Monaten, sowie eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 30 Franken und eine Busse von 150 Franken.

«Ich habe die Opfer getäuscht»

Vor Gericht gab sich die Frau teilweise geständig. «Ich habe die Opfer getäuscht», gab sie zu. Sie habe sie aber nicht bedroht oder genötigt, wer keinen Kontakt mehr wollte, habe sie in Ruhe gelassen. Sie habe kein besonderes Vertrauensverhältnis aufgebaut oder eine Rolle vorgespielt, wie das in der Anklageschrift suggeriert werde. «Ich entschuldige mich bei den Opfern und wünsche mir, dass ihnen das Geld ausbezahlt wird», sagte die Frau. Die Angeklagte befindet sich zurzeit in Sicherheitshaft. Sie hoffe darauf, entlassen zu werden, um zu ihrer Familie nach Wien zurückzukehren.

«Ich versichere Ihnen, ich werde keinen Menschen mehr täuschen und enttäuschen», beteuerte die Frau vor Gericht. Für die Staatsanwältin kam dies aber nicht besonders glaubwürdig rüber. Sie beschrieb die Frau als «begnadete Schauspielerin mit guten Menschenkenntnissen». Sie habe die Schwachstellen ihrer Opfer schamlos ausgenutzt. In der Anklageschrift heisst es, die Opfer seien gezielt ausgesucht worden: «Es handelt es sich um gutmütige, gutgläubige oder zum Tatzeitpunkt psychisch labile Menschen.»

«Ich wollte nur helfen»

Das bestätigte das einzige anwesende Opfer nicht vollständig. Der Mann, der in einem anderen Kanton wohnt, gab an, er habe sich nicht in einem psychischen Tief befunden. «Ich wollte einfach helfen», so der Geschädigte. «Ich bin selber über mich erstaunt, wie ich so etwas Naives machen konnte.» Die aufgetischten Geschichten hätten plausibel geklungen. Deshalb habe er weder die Identität der Frau überprüft noch sonst irgendwelche Beweise verlangt. «Heute würde ich sagen: ‹Gehen Sie zur Bank.›» Druck habe es aber keinen gegeben. Der Mann besteht darauf, dass er derselben Frau schon vor über zehn Jahren bereits mehrmals Geld gegeben hatte, insgesamt beinahe 100'000 Franken. Dabei müsse es sich um eine Verwechslung handeln, sagte die Angeklagte.

Auch dem Verteidiger ist bewusst, dass die Frau mehrere Menschen getäuscht hat. Aus «formal-juristischen Gründen» plädierte er aber auf einen Freispruch. Denn das Anklageprinzip sei verletzt worden. «Betrug ist ein komplizierter Tatbestand», gab er zu bedenken. Für diesen müssten auch «Vorsatz» und «Arglist» gegeben sein. Dies werde in der Anklageschrift aber nicht für jeden einzelnen Sachverhalt erläutert. Zudem stellte er in Zweifel, dass die Frau zu den Opfern ein «besonderes Vertrauensverhältnis» aufgebaut habe, wie dies in der Anklage dargestellt werde. Denn zwischen einigen Personen habe es nur einen Austausch über einige Tage und nicht etwa über Jahre gegeben.

Entlarvung wäre einfach gewesen

Ausserdem würden auch die Opfer eine Mitverantwortung tragen, was diese auch einsehen würden, wie er in persönlichen Gesprächen festgestellt habe, so der Rechtsanwalt der Frau. «Mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte die Täuschung vermieden werden können.» Die Geschädigten hätten beispielsweise einfach nach einem Beweisstück fragen können, in dem sie etwa einen Pass oder Ausweis verlangt hätten. In den Gesprächen mit den Opfern habe er auch festgestellt, dass diese ihren Fehler einsehen würden. Ausserdem seien alle Opfer intelligent und absolut urteilsfähig gewesen, was in der Anklageschrift bezweifelt wurde. Auch das schliesse eine Arglist aus.

Neben des Vorwurfs des gewerbsmässigen Betrugs musste sich die Frau wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Ausländergesetz verantworten. So soll sie ein Kindermädchen schwarz beschäftigt und bezahlt haben. Vor Gericht argumentierte die Frau aber, sie habe dem vermeintlichen Kindermädchen Geld für eine Operation überwiesen. Bei ihr sei sie Gast gewesen und habe ab und zu auf die Kinder geschaut.

Immerhin soll mit beschlagnahmtem Geld der Schaden der Opfer wieder bereinigt werden. Vorerst bleibt die Frau in Sicherheitshaft. Das Urteil wird am Donnerstag mündlich verkündet.

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