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Vernissage

Sagenhaftes aus Engelberg: «Erzählt!»

Bis Anfang April 2026 ist das Tal Museum Engelberg das Epizentrum der Zentralschweizer Sagen- und Märchenwelt.

Bedrohlich wirkt sie, die pechschwarze Katze auf dem dunkelvioletten Plakat mit dem Titel «Erzählt! - Märchen und Sagen rund um Engelberg». Die Augen sind zwei grell-leuchtende gelbe Punkte, das Maul, ebenfalls stechend gelb, lässt gefährliche Zähne erahnen. Die künstlerische Vorlage zum Plakat wurde vom Engelberger Pater Eugen Bollin gezeichnet und begleitet die Sage «Der Katzenbalm», die sich im Buch «Sagen und Legenden aus Engelberg» von Mike Bacher befindet.

Der Engelberger Talammann Mike Bacher verbindet in seinen spannenden Erläuterungen Engelberger Sagen mit der Geschichte des Klosterdorfs. Links die Stiftungsratspräsidentin Elisabeth Gander-Hofer.
Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 13. 12. 2025)

Der Engelberger Talammann ging bei seiner Eröffnungsansprache an der Vernissage unter anderem auf den Kontext der Sagen und ihrer «Sammler» ein: «Die Sagenforschung zeigt, dass diese Erzählungen nicht selten gezielt vor dem Hintergrund politischer oder gesellschaftlicher Absichten geschaffen wurden.» Er illustrierte dies mit der Erzählung «Die verzauberte Jungfrau im Galtiberg». Heute wird die Geschichte als Volkssage eingeordnet, obwohl sie um 1820 vom damaligen Gemeindeschreiber Melchior Kuster im Kontext der politischen Ereignisse um 1815/16 in Gedichtform geschrieben wurde, was Bacher so kommentierte: «Hier liegt die grosse Stärke der neuen Ausstellung. Sie geht nicht nur auf die Erzählungen an sich ein, sondern stellt auch Fragen dazu – weshalb, wie und durch wen entstanden diese?»

Virtueller Durchgang durch die Ausstellung

Die Museumsleiterin Florence Anliker machte nach den Erläuterungen von Mike Bacher mit den Gästen einen virtuellen Durchgang durch die Ausstellung. Sie begann mit der Tellsage, gefolgt vom Nibelungenlied und dem Weissen Buch aus Sarnen. Der andere Strang, die Welt der Märchen, wird von den Geschichten der Brüder Grimm mithilfe von Kinderspielsachen eingeführt.

Die Museumsleiterin Florence Anliker führt die Gäste virtuell durch die Ausstellung.
Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 13. 12. 2025)

Im 1. Stock erweist die Ausstellung Ida Knobel-Gabriel aus Wolfenschiessen, dem Luzerner Geistlichen und Historiker Alois Lütolf, dem Kernser Pfarrer Karl Imfeld, dem Anwalt Franz Niderberger aus Sarnen und dem Giswiler Lehrer Hanspeter Niederberger die Ehre. Ihr Schaffen liegt in schriftlicher Form vor oder wird via Hörstation neu zum Leben erweckt.

Im 1. Stock können Sagen aus fast allen Zentralschweizer Kantonen per Hörstationen konsumiert werden.
Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 13. 12. 2025)

Den hinteren Teil des Stockwerks erreicht man durch einen schmalen Gang, der auf beiden Seiten von leeren Stellwänden flankiert ist. Dahinter befinden sich Hörstationen mit Sagen aus Unterwalden, Uri, Zug und Luzern. Der Raum wird an der Rückwand mit Zeichnungen von Pater Eugen Bollin abgeschlossen. Und damit auch die Touristen aus aller Welt die Welt der Sagen verstehen, sind sämtliche Texte auf Englisch übersetzt.

Die nächste Generation ist schon bereit

Der Erzähler Robi Kuster trägt seine Kunstsage "Der Silberbär" vor und meint damit die Gerschnialpbahn.
Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 13. 12. 2025)

Dass auch Engelberger Kinder eine blühende Fantasie besitzen, erkennt man an den Zeichnungen aus vier Kindergarten- und den Texten von drei Primarklassen. Die Geschichten wurden nicht nur aufgeschrieben, sondern von den jungen Autorinnen und Autoren auch auf Band aufgenommen. In diesem Raum hängen zudem Zeichnungen von Diego Balli zur Sage «D'Eysjumpfärä vom Schteibärg», die 2021 entstanden, als Robi Kuster bei einem Sagenabend der Jodlergruppe Titlis und Musikgesellschaft Engelberg diese Geschichte vortrug. Dass Kuster immer noch ein begnadeter Erzähler ist, bewies er an der Vernissage mit seiner Kunstsage «Der Silberbär», wobei mit dem Bären die Gerschnialpbahn gemeint ist.

Schulkinder aus Engelberg erfanden neue Sagen und Märchen und schrieben diese auf.
Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 13. 12. 2025)

Das Tal Museum zeigt also alles, was Sagen und Märchen spannend macht: Texte, die schriftlich oder auditiv vorliegen, Zeichnungen und Bilder von Erwachsenen und Kindern, Spielsachen und Kunstgegenstände. Zudem darf sich die Bevölkerung von Engelberg bis zum Ende der Ausstellung beim Erzählen von eigenen oder überlieferten Geschichten mit dem Handy aufnehmen und die Filme ans Museum schicken, wo sie auf einem Bildschirm gezeigt werden.

Ausstellung «Erzählt! - Märchen und Sagen rund um Engelberg» im Tal Museum Engelberg läuft bis zum 6. April 2026. Weitere Informationen zum Rahmenprogramm und zum Einreichen von eigenen Geschichten gibt es unter sekretariat@talmuseum.ch.

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